Velvet Revolver live
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Two Days A Week 2004
Festivalgelände Wiesen, 24. August 2004
Die Supergroup lieferte in Wiesen eine Rockshow der Superlative. Der Hardrock-Thron scheint in greifbarer Nähe. Aber kann man die Schatten der Vergangenheit abwerfen? 30.08.2004
Einem richtig schweren Sommergewitter eilen bekanntlich gewisse Vorzeichen voraus. Chaotische Windböen, aufgewirbelte Sandpartikel und nicht zuletzt leicht einsetzender Regen. Und kälter wird´s - wie neulich beim "Two Days A Week-Festival" in Wiesen - auch. Das größte Phänomen eines Sommergewitters ist aber die stoische Ruhe vor dem Sturm. In der Erdbeermetropole beim Festival-Ausklang (zumindest aus kommerzieller Sicht, das "Alpha" kommt noch) nahmen den Platz dieses Naturwunders die Spaßmacher von der Bloodhound Gang ein. Die "Rage Against Parental Advisory"-Fraktion (Teenie-Pop-Rock meets viele, viele böse Worte!) kann musikalisch gesehen gerade noch ein warmes Lüfterl erzeugen, bevor auch das in einem Meer von gestreckten Mittelfingern versiegt. Denn Blitz und Donner warten schon auf ihr Kommen:
"Here´s for your kids from Hollywood: Guns N´... ah, Velvet Revolver!" Ein Intro, das einem gewissen manisch-depressiven Herrn Rose bei Konzerten lange, lange Zeit dazu diente, auf die Bühne zu gelangen und den Hardrock-Thron zu besteigen. Nach der leicht abgeänderten Schlußformel marschieren in Wiesen fünf zerwuschelte, mit Lack und Leder bekleidete Jungs auf, die einen längst vergangenen Geist mit auf die Bühne schleppen, der wiederum eine Explosion ausöst. Kein Wunder, stehen doch mit Ex-Stone-Temple-Pilots Frontman Scott Weiland, den vormaligen Guns N´Roses-Cracks Slash (Gitarre), Duff Mc Kagan (Baß) und Drummer Matt Sorum sowie Dave Kushner, der schon bei Wasted Youth und Dave Navarros Band die Saiten malträtierte, fünf Individuen auf der kleinen Wiesener Bühne, die mit jeder ihrer früheren Bands Musikgeschichte geschrieben haben. Und Velvet Revolver beweisen, daß sie dem mit Vorschußlorbeeren behafteten Titel einer "Supergroup" vollauf gerecht werden. Im Mittelpunkt des einstündigen Sets stehen fast durchwegs Songs ihres Debütalbums "Contraband", das live umgesetzt beweist, nicht umsonst von Null auf Platz ein in den US-"Billboard"-Charts geschossen zu sein.
Gitarrero Slash wirbelt konsequent seit dem Opener "Sucker Train Blues" wie ein wildgewordener Derwisch über die Bühne, saugt aus seinem Werkzeug die unglaublichsten Riffs heraus, mit weit gespreizten Beinen, die E-Gitarre natürlich dort, wo sie hingehört - nämlich dazwischen! Der Wuschelkopf liefert wie in besten Gunners-Zeiten markerschütternde, beinbrechende Soli, steht im Mittelpunkt, strahlt eine geheimnisvolle Aura aus. Ein Glimmstengel, der aus seiner Lockenpracht herausragt, sorgt für eine Standortbestimmung: dort ungefähr könnte das Gesicht sein. Bei den Blues-getränkten Hardrock-Hadern schenkt Frontman Scott Weiland sich und seiner Stimme nichts: Der abgehalfterte Exzentriker und von Narben gezeichnete (Ex-?)Junkie, der nur unter strengsten Antidrogenauflagen an der Tour teilnehmen durfte, schreit sozialkritische Songs wie "Big Machine" genauso impulsiv heraus, wie er in sich gekehrt Balladen intonieren kann. Der bewegende Track "Fall To Pieces" wäre nicht nur stimmungsmäßig der absolute Höhepunkt des Konzertes gewesen, wenn, ja wenn es da nicht eine Band gegeben hätte, die ihre Schatten selbst fast zehn Jahre nach der offiziellen Trennung noch so weit werfen kann, daß alles neben ihr noch keine wirkliche Existenzberechtigung bekommen hat.
Obwohl die in Wiesen gespielten Gunners-Klassiker "It´s So Easy" und "Mr. Brownstone" keineswegs zur Hit-Fraktion zählen, auf dem Gunners-Debüt von 1987 (!) enthalten waren und sich nie im Lichte von Radio- oder MTV-Airplays suhlen konnten, werden die Velvet-Revolver-Songs dagegen degradiert, stumpfen ab. Da kann Scott Weiland im Transvestiten-Look und einer Village-People-Polizeikappe auf dem Kopf, die Beverly Hills Cop Axel Foley niemals aufsetzen würde, noch so sehr ins Megaphon schreien. Da kann Bassist und Blondschopf Duff Mc Kagan, der alkohol- und drogenabstinent so fit, ästhetisch und muskelbepackt wirkt, daß er Bäume ausreißen könnte, noch so sehr Rock´n´Roll-Flair versprühen. Und da kann Matt Sorum noch so motiviert und dynamisch sein Drum-Set bearbeiten. An die Klasse der alten Hadern reichen die "Contraband"-Songs - noch - nicht heran. Es ist fast symptomatisch und authentisch zugleich, daß die Klänge der Zwei-Song-Zugabe nicht auf dem Debütalbum enthalten waren, sondern vor vielen Jahren auf GnR- und STP-Platten veröffentlicht wurden. Wenn man, was durchaus fair ist, den Background der Band zu streichen versucht, muß man dennoch auf ein Ergebnis kommen: Velvet Revolver rockten im besten Konzert dieser langen Festival-Saison wie Sau und sandten Sternschnuppen in eine Richtung, wo bald wieder der Hardrock-Thron in hellstem Licht erstrahlen könnte.
Die amerikanischen Punk-Rocker von The Offspring durften den Abend mit einer eher soliden Headliner-Show beenden. Und der Schreiber dieser Zeilen mußte sich fragen: Wird das Feuerwerk nicht meistens am Ende eines langen Abends abgefeuert?
Velvet Revolver live
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Two Days A Week 2004
Festivalgelände Wiesen, 24. August 2004
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