The Mission in der Arena in Wien
(Photo © Johan Ahlberg)
Die Ableger der Barmherzigen Schwestern missionierten zum letzten Mal in Wien. Ihre Botschaft: gute Musik und schöne Posen. Stephan Skrobar hat den Herrschaften zugehört und zugesehen. 21.02.2008
"Ich." - "Nein, ich!" - "Aber sicher nicht, Hussinger, der Chef bin immer noch ich!" - "Brauch dich eh nicht!" - "Gut, schleich dich!" - "Bin schon nimmer da." - "Tschüß, baba und foi net!"
So oder so ähnlich (und natürlich auf ausländisch) muß der letzte Dialog zwischen zwei sensiblen Rotzpipen im schönen Leeds der achtziger Jahre abgelaufen sein, der zum Ende einer bis dahin sehr fruchtbaren musikalischen Zusammenarbeit geführt hat. Der eine begann danach mit dem Aufbau seiner Karriere als Fürst der Düsternis, was seiner Psyche und der seiner Anhängerschaft (der Sisterhood) nicht immer gut bekommen ist. Der andere hat eine etwas zugänglichere Weltklasse-Liveband gegründet. Heute geht es um den anderen - Wayne Hussey und seine Partie, The Mission.
Mehr als 20 Jahre nach ihrer Gründung gibt man jetzt also wieder einmal das Ende von The Mission bekannt und tourt ein letztes Mal. Dabei gaben The Mission Wien regelmäßig die Ehre, zuletzt vor etwas mehr als zwei Jahren in der bummvollen Szene. Dieses Mal führte es die missionierenden Veteranen in die Wiener Arena, und man freute sich erneut auf gute Musik und einen pfiffigen Auftritt.
Mit Bier und anlaßbezogener Gewandung gab man sich dort also eine gute Dosis "Deliverance". Die Zielgruppe hat den Ruf des Wayne gehört und ist gekommen, allerdings nicht in den Massen, die notwendig gewesen wären, um den Saal zu füllen. Und wie´s so ist, drückt das die Stimmung leider beträchtlich - besonders, wenn hinten das Licht grell blendet, ein kalter Wind den Nacken krault und auch der Sound den Scheitel nicht wirklich nachzieht.
Dennoch: Das ist die letzte Tour von The Mission, also Konzentration bitte: Enter verspielte Fanfaren ("Dambusters"). Enter Mission Band. Enter Wayne Hussey. Enter Posing vom Feinsten. Und das Publikum, erstaunlich unstoisch, freute sich sichtlich über Waynes Idee, einen Haufen bekannter und ebenso beliebter Lieder gleich am Anfang zu spielen. Band-Meeting vorher: "Weißt du was, wir spielen gleich einmal alle 'Carved In Sand' (für den Autor dieser Zeilen das beste Mission-Album)-Nummern am Anfang" - "Gute Idee, und dann?" "Schauen wir weiter ..."
Die Idee war jedoch leider nicht sooo der Reißer. Nach dem zündenden Beginn mit wirklich guten Liedern wie "Amelia", "Paradise Will Shine Like the Moon" und ähnlichem war die Spannung draußen. Das Publikum holte sich Plastikbecherbier, steckte sich noch eine Smart an und grinste durch die Gegend.
Und dennoch: Wayne Hussey ist ein großer Entertainer (und wird es vermutlich auch bleiben). Deswegen geht man auf Konzerte. Er war - und Umfragen bestätigen den Eindruck - stark von motivierenden Mittelchen beeinflußt und hat den Rockstar in Feinstform dargestellt. Es wurde links und rechts ins Publikum gescherzt, demonstrativ an der Weinflasche genuckelt und nicht nur einmal der Zeigefinger mit der international gültigen "You know who you are!"-Geste in den Zuschauerraum gestreckt. Und wer Lieder wie "Deliverance" schreibt, bei denen erwachsene Menschen ihre Arme trotz drohender Gefahr einer Schulterluxation in Fußballstadionmanier Richtung Bühne strecken, kann nur ein Guter sein. (Gibt es irgendwo einen schöneren Imperativ im Refrain? "Gib mir! Gib mir! Gib mir!! Erlösung!!! Bruder! Schwester!!")
Deswegen war Herr Hussey irgendwie auch immer der sympathischere der zwei sensiblen Rockstar-Rotzpipen - einer, der sich Anfang der emotionslosen Nineties für das Cover einer inzwischen längst verblichenen deutschen Musikpublikation im Micky-Maus-Shirt ablichten hat lassen und auf der Bühne ein wenig an Alex Antonitsch erinnert. Beides ist in der Szene des dunklen Rock´n´Roll an und für sich ein absolutes No-No.
Entlassen haben The Mission die Zuhörerschaft schließlich mit ihrem Lieblingslied "Tower of Strength" und dem beeindruckend dramatisch dargebrachten Liebkosen von Mikroständer, Gitarre, Bühnenanwesenden und dergleichen.
Cheers, Wayne, und mach´s gut!
PS: Das allerletzte Konzert der Herren gibt es am 1. März in London.
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