Akzente_SpringSeven-Festival Graz

Don´t shit in my Disco

Das für viele wichtigste Elektronikfestival Österreichs hat seinen guten Ruf nicht umsonst. Auch heuer ist Graz wieder für ein Wochenende der Nabel der (computerisierten) Musikwelt. Der EVOLVER besuchte den Eröffnungsabend.    21.05.2007

Noch vor wenigen Monaten versetzten die Veranstalter des "SpringSeven" heimische Elektronik-Fans in Ekstase, als sie den New Young Pony Club - neben den Klaxons und CSS der heute wohl angesagteste New-Rave-Act - für das Eröffnungskonzert des Festivals verpflichten konnten. Ein paar Tage vor Beginn der Veranstaltungsreihe kam dann die kalte Dusche: Auf der MySpace-Seite der Band mußte man lesen, daß ihr Graz-Auftritt ohne Angabe von Gründen aus dem Terminplan gestrichen wurde.

Also disponierte man kurzerhand um: Die bisher als Support vorgesehenen Shitdisco (die ihren Namen zu Recht tragen, Anm. d. Herausgebers) wurden zum neuen Haupt-Act erkoren, dem man wiederum mit Steed Lord eine neue Anheizerkapelle zur Seite stellte. Steed Lord bestehen aus zwei Beat-Makern, einem MC und einer Sängerin - allesamt isländischer Herkunft - und sagten kurzfristig zu, was ihnen schon vor dem Gig den Titel "Helden der Stunde" einbrachte.

 

Mittwoch, kurz nach 20 Uhr: Sämtliche Soundchecks sind beendet, jetzt heißt es warten - an diesem kühlen Abend in den Kasematten, direkt am Schloßberg (dem Wahrzeichen von Graz) gelegen. Eine Stunde später beginnt endlich die Show: Im betont extravaganten Outfit - Trainingsanzüge à la Beastie Boys und Goldketten der Marke Run DMC - betreten Steed Lord die Bühne. Musikalisch haben sie leider wenig bis gar nichts Neues zu bieten. Die meisten Songs des knapp einstündigen Gigs sind zwar nett arrangiert und lupenrein performt, doch akustisch leider kaum voneinander zu unterscheiden. Wie dem auch sei: Die Menge wird dennoch rechtschaffen für Shitdisco angeheizt.

Die jungen Schotten stürmen dann auch mit einem Feuerwerk die Bühne und geben unter anderem "I Know Kung Fu" und "Disco Blood" zum Besten - Songs, die in vielen Pseudo-Sleazy-Clubs bereits Kultstatus erreicht haben. Besonders beeindruckend wirkt die Darbietung von Drummer Darren Cullen, der zur Zeit neben Matt Helders von den Arctic Monkeys wohl zu den besten und schlagkräftigsten seines Fachs zu zählen ist. Keyboarder Jan Lee wiederum spielt zwischen dem Bassisten Joel Stone und dem Gitarristen Joe Reeves; den Gesang teilen sich die drei untereinander auf. Gegen Ende läßt die Spannung allerdings etwas nach, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, daß die Band noch nicht allzuviele Scheißdisco-Songs auf Lager hat. Die Fans verzeihen großzügig.

Trotz der Turbulenzen vor Festivalbeginn muß man den Veranstaltern konstatieren, eine mehr als appetitanregende Eröffnung auf die Beine gestellt zu haben. Der Großteil der Konzertbesucher macht sich danach noch in Richtung Innenstadt auf, um dort in Locations wie ppc oder Dom im Berg zur Musik von Künstlern wie Turntablerocker oder Digitalism die Nacht durchzutanzen.

Und so ist alles, wie es sein soll im netten, kleinen Elektroland ...

Benjamin Berghofer

SpringSeven


Graz, diverse Locations, 16. bis 20. Mai 2007

Links:

Kommentare_

thomo sapiens - 21.05.2007 : 16.01
shitdisco :) wer is denn der herausgeber?
muss jetzt aufs klo, da hab ich meine eigene disko (sogar mit radio)
thomo sapiens - 21.05.2007 : 16.02
aja und bevor ichs vergess.... dieses junge schreiberlingsspund scheint sehr talentiert zu sein
Dr. Trash - 21.05.2007 : 17.21
Wer der Herausgeber ist? Da müssen Sie im Teamverzeichnis des EVOLVER nachschauen ... Ein Tip: Es war der ältere der beiden, der sich noch genau an die Scheißdiscozeit erinnert.
Gruß, Dr. Trash
dracula's schlampe - 22.05.2007 : 09.42
wow, respekt! muss sagen ihr habt endlich mal ein paar talentierte schreiber an board geholt! seit langem das beste was ich bei euch gelesen habe!
der ewige Zweifler - 22.05.2007 : 09.50
Mir gefällt das ja, wenn sich jemand gleich seine eigenen Claqueure mitbringt. Das zeugt von Selbstsicherheit und verspricht eine große Zukunft ... beim ORF.
Johnny Digitalis - 22.05.2007 : 13.22
Verehrte Schlampe, hatten Sie leicht jahrelang keinen Onlinezugang oder aufgrund schwerer Netzhautprobleme Leseschwierigkeiten?

Herr Sapiens, selbst - rein hypothetisch - bei einem exzellenten Text könnte man das noch nicht sagen, da vielleicht nur ein glücklicher Ausrutscher.

Lassen wir uns also lieber überraschen, ob der Mann sich in den heiligen Hallen behaupten kann. Denn im Laufe der Jahre hat man hier ja schon viele kommen und gehen sehen ...

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