Akzente_Pierre Boulez - El Retablo...
Das Tryptichon des Dirigenten
Nach der hervorragenden Aufführung zweier Boulez-Werke im Museumsquartier waren im Theater an der Wien Stücke von de Falla, Strawinsky und Schönberg zu sehen.
19.05.2004
Das Wiener Publikum konnte dank der Festwochen und Pierre Boulez einen der interessantesten Opernabende seit langem erleben. Der Maestro führte die drei Einakter "El Retablo de Maese Pedro" von Manuel de Falla, "Renard" von Igor Strawinsky und "Pierrot Lunaire" von Arnold Schönberg auf. Dem deutschen Regisseur Klaus Michael Grüber gelang es, die drei recht unterschiedlichen Werke mit einfachen szenischen Mitteln zu einem ebenso homogenen wie eindrucksvollen Gesamtkunstwerk zu verschmelzen.
De Fallas Werk erzählt eine Episode aus Miguel de Cervantes´ "Don Quijote". Die Haupthandlung wird mittels Puppenspiel dargestellt: Don Quijote erinnert sich plötzlich an Dulcinea und dreht durch, was zu einer völligen Zerstörung der Puppenbühne eskaliert.
"Renard" ist die Geschichte des Fuchses, der mit allen Mitteln und Verkleidungen versucht, den Hahn als Mahlzeit von der Sitzstange herunterzuholen. Doch die tierischen Freunde (Katze, Ziege) des Vogels spielen dem Fuchs üble Streiche, sodaß er mit leerem Maul davonziehen muß.
Schönbergs "Pierrot Lunaire" letztlich ist eine traumverworrene Episode über eine einsame ältere Frau, die in Versform den Mond anbetet. Begleitet wurde das Zwölftonstück von fünf Instrumentalisten (Geige/Bratsche, Cello, Klavier, Flöte, Klarinette) mit Boulez himself auf der Bühne. Die grandiose Anja Silja machte aus den drei mal sieben Gedichten von Albert Giraud einen beklemmenden Seelen-Strip.
Die szenische Vereinheitlichung wurde vor allem durch die Comedia-dell´Arte-Tradition erreicht, indem der hervorragende Klarinettist Alain Damieins Solostücke von Strawinsky und Boulez zwischen den Akten und am Anfang spielte. Damiens ist Mitglied des grandiosen Ensembles Intercontemporain, das endlich einmal auch in Wien seine Qualitäten beweisen konnte. Schade, daß diese Aufführung nur dreimal zu sehen war. Wenigstens hielt der Fernsehsender "Arte" das Kunstwerk fest - also hat man vielleicht Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen...
Herbert Hiess
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