Akzente_Osterklang 2009
Göttliche Einheit
Star-Dirigent Riccardo Muti feierte heuer seinen Einstand beim "Osterklang" und eröffnete das Fest mit der Orchesterfassung der "Sieben letzten Worte" des Jahresregenten Joseph Haydn und der E-Dur-Messe von Luigi Cherubini. Obwohl Muti sich für den italienischen Komponisten unendlich ereifern kann - Cherubini hat in Haydn wohl seinen Meister gefunden.
10.04.2009
Der Wiener "Osterklang" stand heuer zum 13. Mal auf dem Programm und ist mittlerweile ein unverzichtbarer Bestandteil der Wiener Kulturszene geworden. Traditionell spielt das Fest an verschiedenen Orten und wird im Wiener Musikverein mit den Wiener Philharmonikern eröffnet. Heuer war Riccardo Muti mit der Eröffnung an der Reihe - und prompt wurde man mit den speziellen Vorlieben des neapolitanischen Star-Dirigenten (zwangs-)beglückt. Da Herr Muti mittlerweile ein enormes Faible für seinen Landsmann Luigi Cherubini entwickelt hat, entkommt man dem Komponisten bei seinen Aufführungen nur schwer. So durften also die Wiener Musikfreunde diesmal Cherubinis Messe in E-Dur lauschen.
Obwohl Muti die Messe sicher als "Hauptwerk" des Konzerts konzipiert hat, kam diese Rolle doch eher der Orchesterfassung der "Sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze" des österreichischen Meisterkomponisten Joseph Haydn zu. Das Werk hat eine sehr bewegte Geschichte: Haydn erhielt aus Spanien den Auftrag, eine Instrumentalfassung der letzten Worte zu komponieren - quasi als Intermezzi zum Vortrag des Bischofs. Obwohl er ein Instrumentalwerk schuf, hatte Haydn beim Komponieren immer wieder Kantilenen vor sich (also mit Gesang "gefüllte" Musik). Das Werk sollte sieben Sätze haben (für jedes Wort einen); und diese vor allem in Sonatensatzform. Später setzte Haydn es sowohl für Streichquartett als auch für ein Oratorium um.
Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker bildeten bei der Aufführung geradezu eine göttliche Einheit. In feinster Kammermusikmanier spielte das Meisterorchester in kleiner Besetzung; die Musiker zauberten mit ihren Instrumenten gedankliche Gesangsstimmen hervor. Ganz hervorragend waren die Holzbläser, die Streicher fast ebenbürtig - nur minimale Unreinheiten bei den ersten Geigen störten zeitweise die Perfektion.
Die darauffolgende E-Dur-Messe von Cherubini war eher reißerischer Aufputz als musikalische Offenbarung. Das Werk, das in Richtung der "Missa Solemnis" von Beethoven gehen sollte, reicht fast nie an die großen Meisterwerke heran. Mit einem Riesenchor von etwa 80 Personen und einem mittelgroßen Orchester hörte man zwar eine gewisse Bombastik, aber niemals eine wirklich feierliche Stimmung - was aber nur am Werk selbst liegt. Cherubini fehlte die kompositorische Perfektion, um aus sechs liturgischen Teilen eine musikalische Einheit zu bilden.
Muti hatte Chor und Orchester bestens im Griff, und das Solistenquartett war ebenfalls großartig (vor allem der glockenhelle Sopran von Ruth Ziesak und der schöne lyrische Tenor von Rainer Trost). Im Gegensatz dazu hat der Arnold Schoenberg Chor schon bessere Zeiten erlebt. Neben der gewohnten Kälte schlichen sich hier auch erheblich technische Mängel ein. Besonders auffallend (und störend): falsche Einsätze und Intonation von Sopran und Baß im Kyrie. Dafür hielt sich der Chor tapfer im fünften Satz ("O salutaris hostia"), der auch der schönste in der ganzen Messe ist.
So hat der "Osterklang" mit diesem Konzert schon allein wegen des Haydn-Werkes voll gepunktet; schade, daß es so ein Jubiläumsjahr braucht, um dieses Stück wieder einmal zu hören.
Herbert Hiess
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