Kolumnen_Unten ohne

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder ...

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Die lieben Kleinen werden gern als erstrebenswertes Vorbild herangezogen, wenn es um Dinge wie Lebensfreude, Entdeckerdrang, Offenheit und Ehrlichkeit geht. Man soll das unschuldige Seelchen in sich wiedererwecken und das innere Kind um Rat fragen, wenn man nicht mehr weiterweiß. Als ob die (Schuh-)Sozialisation sich so leicht umkehren ließe ...

 

Daß Kinder es in vielen Fällen tatsächlich besser wissen als Erwachsene, kann man erkennen, wenn man versucht, sie an Schuhwerk zu gewöhnen. Da wird geweint und gestrampelt, und der Nachwuchs nutzt jede Gelegenheit, die unpraktischen Dinger von sich zu schleudern. So treiben die Kleinen ihren Eltern manche Schweißperle auf die Stirn, wenn das Anziehen der hübschen Schühchen ein Dutzend Mal wiederholt werden muß - oder ein Loch in den Geldbeutel, wenn Schuhe auf Spazierfahrten im Buggy oder beim Spielen unbemerkt entsorgt werden.

Der Grund dafür ist einfach: Schuhe sind unbequem. Drei Vierteln aller Kinder werden unbemerkt, da sie noch weiche und verformbare Knochen haben, zu kleine und zu enge Schuhe angezogen. So haben in Deutschland zwölf Prozent der Kinder im Grundschulalter Schäden an den Füßen; mit zunehmendem Alter steigt diese Zahl noch. Bei den Erwachsenen beträgt sie sechzig Prozent.

Außerdem behindern Schuhe den natürlichen Gang, den Kinder mit Beginn des Laufalters automatisch anwenden. Beim Gehen setzen sie mit dem ganzen Fuß, beim schnellen Laufen mit dem Vorderfuß auf. Schuhe jedoch provozieren den anatomisch eher ungünstigen Fersengang.

Und so werden die Zweijährigen bald zu kleinen Erwachsenen und machen es uns nach. Dauernd gescholten, geben sie den Widerstand schließlich auf und behalten die Schuhe an.

Später akzeptieren wir es dann als unumgänglich und ganz normal, einen großen Teil des Tages heiße, schwitzende und schmerzende Füße zu haben. Ob es das innere Kind ist, das uns beim Heimkommen die Schuhe mit einem wohligen Seufzen wegschleudern läßt? Wenn ja, so wird es oft gleich wieder zurückgedrängt, da sich viele von uns ja auch das Tragen von Hausschuhen angewöhnt haben. Wir meinen, ohne gar nicht mehr auskommen zu können. Die Füße könnten kalt werden und ihr Träger krank - eines der vielen Vorurteile, die wir nicht mehr hinterfragen.

Und natürlich ist es auch nicht so, daß wir wenigstens nach den bequemsten Schuhen suchen, die uns am wenigsten plagen. Nein, die Mode muß ebenfalls berücksichtigt werden. Plateausohlen, hohe Absätze, zu spitze und viel zu enge Schuhe verändern unseren Gang und stören die Körperstatik, verursachen Druckstellen, Blasen und schließlich Fußfehlstellungen, behindern die Durchblutung. All das kann zudem Folgen haben, die wir auf den ersten Blick niemals dem Schuhwerk zuordnen würden, denn nicht nur Schmerzen und Veränderungen in den unteren Extremitäten resultieren daraus. Auch Verspannungen, Rückenschmerzen und sogar Kopfweh können durch das Malträtieren des Fußes entstehen.

Wir sollten also tatsächlich wieder werden wie die Kinder - und das tun, was Orthopäden, Physiotherapeuten und Sportmediziner uns sowieso raten: so oft wie möglich barfußgehen. Es muß ja keine Passion werden; nicht jeder kann oder will seine Schuhe komplett entsorgen und 24 Stunden des Tages auf baren Sohlen verbringen. Die Füße werden uns schon eine halbe Stunde auf abwechslungsreichem Boden in der Natur oder zehn Minuten Fußgymnastik danken.

Eine eventuelle Scheu läßt sich auf speziellen Barfußpfaden oder in Barfußparks, die es in Deutschland, Österreich und anderen Ländern vielerorts gibt, leicht überwinden. Unter lauter Gleichgesinnten und auf den verschiedensten Untergründen bis hin zu Matschwegen und Kneippstrecken wird sich das innere Kind nicht lange bitten lassen. Wer es einmal ausprobiert, der wird merken, daß das Ausziehen der Schuhe nicht nur aus orthopädischen Gründen ratsam ist, sondern schlicht und einfach ein sinnliches Erlebnis ist, das große Freude bringt und zudem unendlich entstreßt.

Warum das so ist, das erfährt der geneigte Leser im nächsten Teil von "Unten ohne".

Katja Kulin

Barfuß zu mehr Gesundheit und Lebensfreude

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Kommentare_

Steirer - 29.03.2013 : 00.40
Das sollten sich die Eltern zu Herzen nehmen, denen es Sorgen macht, wenn sie keine Schuhe an den Füßen ihrer Kinder halten können. "Oh weh, denen ist es sicher zu kalt"? Sicher? Die gewöhnen sich in ihrem jungen Alter an Dinge, die Erwachsenen viel schwerer fallen, seien es Temperaturen oder rauhe Untergründe!
Also liebe Eltern, traut euren Kindern etwas zu und ermutigt sie, wenn sie sich was trauen. Gilt nicht nur fürs Barfußgehen in ungewöhnlichen Situationen. Übervorsichtige Eltern führen nur zu ängstlichen Kindern, die ihre Ängste oft ein Leben lang nicht loswerden.

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