Norah Jones - Chasing Pirates
EMI
(Photos © Autumn de Wilde)
Mal was Nettes für zwischendurch? Norah Jones hat auf jeden Fall genug Qualität, um gepflegt zu unterhalten. Und im Vergleich zu Michael Bublé swingt die Lady, statt zu quieken. Das ist ja auch was wert - findet Manfred Prescher. 23.11.2009
Man kennt das ja: Langsam quält man sich aus dem Bett - und noch ehe man sich damit beschäftigen kann, mit Schwung und Elan in den Tag einzugreifen, wird man schon überrollt. Unter der Dusche, beim Rasieren, beim Frühstücken, im Auto: Immer hat man dieses eine Lied auf den Lippen, summt es vor sich hin, nervt damit die Umgebung. Dabei weiß man nicht mal, wie es dieses Miststück von Song überhaupt geschafft hat, die Geschmackskontrollen zu überwinden. In dieser Kolumne geht es um solch perfide Lieder.
Das Lied "Chasing Pirates" würde dem roten Korsaren gefallen, besonders, wenn er sich YouTube in den Viermaster holt und das Video dazu anschaut. Die New Yorkerin Norah Jones ist ja sehr reizvoll; kein blasses Hunger-Model, sondern eine echte Frau. Eine mit soviel Talent, daß mancher sie für die Urenkelin einer lesbischen Beziehung von Aretha Franklin und Ella Fitzgerald hält. Was natürlich wieder zuviel des Guten ist. Mit Jazz und Soul hat das Ganze zwar zu tun, aber es ist doch eigentlich Pop für Erwachsene. Freund Guralnick würde jetzt wohl sagen, daß Soul- und Jazz-Diven noch nie etwas anderes gemacht haben als Pop für Menschen, denen das Einheitsgeträllere von Teenie-Bands suspekt geworden ist. Jede Ära hat ihre Boy- und Girlgroups fürs juvenile Schmachten, aber eben auch Menschen, die dem Clearasil-Wattebausch entwachsen zu sein glauben. Er hätte natürlich recht - aber Norah Jones wäre eine Ewiggestrige, wenn sie sich rein auf das musikalische Erbe konzentrierte.
"Chasing Pirates" ist auf jeden Fall recht modern groovig. Aber wie heißt noch mal die Mischung aus Jazz, Funk und Soul? Richtig, sie heißt Prince. Und wie ein okayer Song des kleinen Riesen aus Minneapolis wirkt die erste Single-Auskopplung aus Norah Jones´ viertem Studioalbum "The Fall" auf jeden Fall. Dazu läßt sich im nächsten Funk-Schuppen das Tanzbein fast schon eine Nummer zu gepflegt schwingen, was an der etwas zu glatten Produktion liegt.
Die Künstlerin will halt einfach ihr "Adult"-Publikum erreichen - was ihr zuletzt immer weniger gelang: Während sich ihr Debüt "Come Away With Me" weltweit mehr als 20 Millionen Mal verkaufte und der Nachfolger "Feels Like Home" immerhin 14 Millionen Mal über die Ladentische ging, wurde von Album Numero drei ("Not Too Late") nicht mal ein Drittel abgesetzt. Über die Qualität der Platte sagt das natürlich nichts, die war nicht besser, aber auch nicht schlechter als die beiden Mega-Erfolge. Wahrscheinlich fragten sich anno 2007 halt selbst die vergeßlichsten Fans, wo sie die Stücke von "Not Too Late" schon mal gehört hatten - und kamen nach längerem Drehen und Wenden der Denkmurmel zum Schluß, daß dies in den Jahren ´02 und ´04 eben bei Norah Jones war. Folglich brauchten sie den Aufguß nicht nochmal, egal, wie charmant er sich präsentierte.
"Chasing Pirates" hätte natürlich ebenfalls einen Platz auf einem der anderen Alben der Lady finden können - oder auf dem "Batman"-Werk von Prince. Genau das zeigt die Crux des Liedes, denn der Held der 80er Jahre war vor der Flattermann-Platte viel besser. Allerdings hinterher auch schlechter. Folglich regiert bei Norah Jones das Mittelmaß, und da das Mediokre grad eh überall das Sagen hat, finden die Westerwelles dieser Welt wieder was, womit sie sich vom Bohlen-Zirkus abheben können, ohne sich schmutzig zu machen. Dazu muß man die Originale von Prince bis Ella nicht kennen und darf genauso blöd sein wie der Bierzelt-Depp, der "Do Wah Diddy" für eine Komposition von DJ Ötzi hält. Dafür kann Norah nur bedingt; man kauft ihr ja auch ab, daß sie die Musik macht, die sie liebt. Und nicht nur der rote Korsar findet das Lied ganz nett, weil die Sängerin im Video einfach recht schnuckelig rüberkommt. Kein Vergleich zu Ötzi, Bohlen oder Michael Bublé, dem Mann, der gerade dem Swing endgültig den Garaus macht.
Nächste Woche gibt´s übrigens kein "Miststück", dafür geht´s in 14 Tagen mit Falco weiter. Irgendwer hat doch tatsächlich ein fast komplettes, unveröffentlichtes Album von ihm im Keller gefunden. Ob das den Amadeus rocken würde, erfahrt Ihr demnächst, justament an dieser Stelle. Bis dahin hört von mir aus Norah Jones oder das neue Album von Richard Hawley - das paßt eh viel, viel besser in den dunklen Herbst.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
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(Photos © Autumn de Wilde)
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Kommentare_
so ein quatsch,michael buble`s stimme ist alles andere als quäkend. sie ist sehr warm und er singt mit absolutem gefühl.