Kolumnen_Depeschen an die Provinz/Episode 42

Du darfst ...

Gute Nachricht für alle Desorientierten und von Relikten der Vergangenheit Geplagten: Unser beliebter Motivationstrainer Peter Hiess zeigt Euch einen Ausweg. Und die erste Beratungseinheit ist noch dazu gratis!    26.10.2020

Hast Du manchmal das Gefühl, daß dein Lebensweg strikt vorgezeichnet ist? Daß du keine Chance hast, aus den engen Mauern der Tradition auszubrechen und Dein Glück zu finden?

Du bist nicht der einzige, dem es so geht. Nur ein Beispiel: Eine meiner Klientinnen, eine attraktive Frau aus dem hintersten Hinterindien, war über ihre Lebenssituation verzweifelt. Sie wohnt seit Jahrzehnten in Wien und ist durch die Beziehung mit einem Arzt hierhergelangt, mittlerweile aber auch schon einige Zeit geschieden. Und obwohl sie ihrer Familie monatlich Unsummen Geld nach Hause schickt, traut sie sich daheim nicht zu erzählen, daß sie einen neuen Freund hat. "Bei uns läßt sich eine Frau nicht scheiden", sagt sie. "Das würde meiner Verwandtschaft das Herz brechen."

Primitive Sitten aus der Dritten Welt, wirst Du jetzt wahrscheinlich abschätzig sagen. Aber das wäre unfair. Dazu möchte ich Dir noch ein Beispiel bringen, das uns viel näher ist: Eine Dame um die vierzig. Fesch. Aus Oberösterreich. Zum Studium nach Wien gegangen und seither dageblieben. Im Gespräch stellt sich heraus, daß sie aus verschiedenen Gründen keine Pfarrer mag, die christliche Messe und die katholischen Rituale ablehnt. „Bist Du denn auch schon aus der Kirche ausgetreten?“ frage ich sie. „Nein“, sagt sie. „Ich kann nicht. Das würde sich im ganzen Dorf herumsprechen, und meine Oma wäre verzweifelt.“

Ja, um Gottes willen - um im Jargon zu bleiben -, wozu bist Du denn in die Stadt gezogen?! Noch dazu nach Wien, wo die rote Regierung einem den Kirchenaustritt so leicht macht wie sonst keinen Amtsweg und sogar noch ein Sackl Zuckerln herschenkt, wenn man dem Glauben abschwört? Was kümmert Dich denn, was draußen in der Provinz passiert und was die Leute dort über Dich denken? Abgesehen von der Erbtante vielleicht, doch zu diesem Thema sollten wir uns wahrscheinlich eine Extrasitzung ausmachen.

Was ich damit aber sagen will: Die Großstadt bietet jedem von uns - auch Dir - die Chance, mit langweiligen Gewohnheiten und Kindheitstraumata zu brechen, sie ein für allemal abzulegen, statt sich ewig und drei Tage davon quälen zu lassen. Hier kannst Du sein, was und wer Du willst, den ganzen Jammer aus Deinem Dorf oder der Kleinstadt abwerfen und Dich neu erfinden. Hier bespitzelt man Dich nicht auf Schritt und Tritt, beredet nicht jede Deiner Äußerungen oder Deine Frisur, hier mußt Du kein armseliger Drogensüchtiger werden, um Dein Außenseiterdasein durchzustehen!

In Wahrheit ist das alles ganz einfach. Nur weil Du aus einem abgelegenen Tal in den Bergen kommst, mußt du in Wien nicht im breitesten Dialekt daherreden wie ein Gscherder und brauchst auch nicht täglich Schweinsbraten zu essen, sondern kannst Dich ganz neu erfinden (und Deine Bradlpappen gegen was Schöneres eintauschen). Wenn wiederum in Deiner Heimat Andersdenkende geköpft oder aufgegessen werden, heißt das noch lange nicht, daß Du auch in Wien diese üblen Traditionen pflegen oder Deine Angetraute in Sack und Asche hüllen sollst.

Gehörst Du aber zu jenen, die alltäglich ihre Zeit mit der Lektüre sogenannter Qualitätszeitungen vergeuden ("Lügenpresse" ist übrigens ein wunderbares und wahres Wort), dann brich endlich aus dieser irren kollektiven Halluzination aus, daß an jeder Ecke Nazis lauern und wir in einem schrecklichen Patriarchat voller Rassisten und Sexisten leben. Oder daß jeder Zweite sich unbedingt geschlechtsumwandeln lassen und sich nur über seine Intimausrüstung definieren will. Schau Dich um – is jo alles ned woa (und es underhoit ned amoi)!

Das alles kannst Du hinter Dir lassen, so wie Dein unnützes Ego. Such dir ein neues oder gleich ein paar, ist doch viel spannender. Sogar wenn Du aus unserem Nachbarland kommst, kannst du davon absehen, in Deinem schrecklichen Akzent daherzuplärren oder alles besser zu wissen als die Einheimischen ...

Ach so, jössas, ich verganz gaß, Du bist ja ein Piefke. Und Piefke sind bekanntlich unbelehrbar. Also gib doch einfach den Versuch auf, Österreich schon wieder anzuschließen, und geh zurück in Deine Heimat, um dort "Leistungsträger" zu werden. Oder für Deine merkelwürdige Bundeskanzlerin in den Krieg zu ziehen; damit kennt Ihr Deutschen Euch doch aus. Wir überlegen uns einstweilen sowas ähnliches wie Hartz IV, damit Ihr uns nicht noch mehr Besserwisser schickt. Weil von denen haben wir selber mehr als genug. Q.e.d.

Peter Hiess

Depeschen aus der Provinz


Peter Hiess lebte mehrere Jahrzehnte in Wien und zwischendurch eine Zeitlang in der Provinz. Jetzt ist er in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Endlich.

Kommentare_

Günther Krausser - 30.10.2020 : 11.16
Die Kolumne beginnt großartig und verliert sich in ziemlich-schräger Unlogik: Wo kommt denn plötzlich der Piefke her? Und aus welchem abgelegenen Tal soll der sein? Als Wiener, der seit über 20 Jahren in Bayern lebt, weiß ich erstens, dass es in Deutschland keine abgelegenen Täler gibt und ich kenne zweitens auch keinen Piefke, der Österreich annektieren will. Das will (bislang zumindest) nicht mal die AfD. Und was die Merkel angeht: Ich weiß jetzt nicht ob das Windfahnderl Kurz eine bessere Lösung ist. Der nächste deutsche Reichskanzler wird ja eh der Söder werden - mit Schwarzgrün, wie in Österreich. Und mir fällt noch ein, was Kreisky anno 81 sagte: "Lernen's ein bissl Geschichte..." Es waren nämlich wir Österreicher, die den Piefkes den Schicklgruber vermacht haben. Spaß beiseite: Meine Erkenntnisse sind, dass München fast genauso lebenswert ist wie Wien, dass die katholischen Landmenschen vom Städter - zumindest in Bayern und Österreich - arg unterschiedlich sind (was in der Kolumne ja prima rauskommt), und dass sich die Vollkofferdichte in A und D kaum unterscheidet. Gruß aus München, Günther
Dr. Trash - 31.10.2020 : 08.05
Lieber Günther!
Ja, das fragen wir uns auch, wo plötzlich die vielen Piefkes herkommen ... Es gibt gewisse Bezirke in Wien, die sind von ihnen annektiert. Sie sitzen in allen Museen, Uni-Instituten, Medienredaktionen und "Kreativbüros". Sie stehen Schlange vor Berliner Kebab-Standln (und ja, die nennen sie wirklich so). Sie führen in Lokalen das große Wort. Sie sind die schärfsten Vertreter von Maskenpflicht, Antikolonialismus, Antifa, Anti-Trump, Anti-Alles. Sie sind immer die zweite oder dritte Garnitur aus Deutschland, die hier in Wien (und darin sind unsere Leute schuld, das gebe ich zu) noch studieren darf oder einen halbwegs besser bezahlten Job kriegt. Sie sind die größte Einwanderergruppe Österreichs. Sie sind Vollkoffer, wie es sie in Österreich überhaupt nicht geben KANN. Und sie wollen einem dauernd erklären, wie die Welt geht.
Wie sehr haben wir zu Beginn der sogenannten (und sowieso erfundenen) Corona-Krise gehofft, die deutsche Regierung würde ihre Bürger endlich in ihr Land zurückholen, wo sie sicher und gut aufgehoben sind. Aber nein: Unser Möchtegern-Reichskanzler Bubi Kurz ruft die Oberzerstörerin Europas, DDR-Mama Merkel, regelmäßig an, um sich von den Piefke (und ehrlich: von wem sonst?) Ezzes zu holen, wie eine Diktatur geht.
Der Schicklgruber ist damals nach Deutschland gegangen, weil er in Österreich nix gerissen hätte. Wie man heutzutage wieder sieht, warten die Piefke nur auf sowas ...
Übrigens: In der Kolumne wird schon klar, wie die Piefke darin Platz haben. Das beginnt mit dem Satz: "Gehörst Du aber zu jenen, die alltäglich ihre Zeit mit der Lektüre sogenannter Qualitätszeitungen vergeuden ("Lügenpresse" ist übrigens ein wunderbares und wahres Wort), dann brich endlich aus dieser irren kollektiven Halluzination aus, daß an jeder Ecke Nazis lauern und wir in einem schrecklichen Patriarchat voller Rassisten und Sexisten leben." Für all diese Fehlleistungen sind eindeutig Piefke - und die von ihnen manipulierten heimischen Journalistendarsteller und ähnlichen Deppen - zuständig.
Ich hoffe, zur Aufklärung beigetragen zu haben.
Es grüßt:
Trash (Dr.)

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