Kolumnen_Kolumnen, die die Welt nicht braucht #55

Aussterben, Toxoplasma gondii & Coronuminatus!

Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.    04.12.2020

Ich reiche hiermit, wie irgendwann vage angekündigt und kaum nachgefragt, meine Corona-Tagebuch-Kolumne nach, allerdings nur in zensierten Fragmenten, ohne die wirklich bösartigen Stellen, dafür aber einschließlich aller allzu erwartbaren Gags wie diesem hier:

 

"Tag 23. Meine Prepper-Vorräte gehen zur Neige, und mir ist schlecht von all der Büchsenbohnensuppe. Gottseidank habe ich noch Klopapier."


Apropos: Ich habe mir schon überlegt, ob ich mich damit einfach selbst einwickeln und ein Mumien-Selfie-Movie drehen soll. Hashtag #MyCoronaMovie. (Ich erfinde das ja nur, denn uns Kolumnisten ist Recherche bekanntlich fremd, aber: Gibt´s bestimmt schon.)

Ich verstehe übrigens all die Leute nicht, die unsere globale Pandemie (endlich ein gemeinsames Projekt!) bejammern und nur die Krise sehen, statt zum Beispiel die Chance - etwa jene, genau solche Phrasen zu dreschen und in Form von Instagram-Spruchbildern zu veröffentlichen, ohne daß, und das muß ich aus Ihnen kurz danach sicher einleuchtenden Gründen ausnahmsweise einmal gendern, eine*m  eine*r eine*n runterhauen kann, was ja nur ein Segen des Social Distancing ist. (Anm. d. Textchefs.: Installieren Sie sich das hervorragende Browser-Add-on "Binnen-I be gone"! Wie ich gerade bemerkt habe, beseitigt die auch Gender-Deppensterne - wodurch der vorangegangene Gag aber ziemlich in die Hose geht. Harhar. )

Aber zurück zur Corona-Tagebuch-Kolumne, die ich nicht veröffentlicht habe, weil ich mir schon irgendwie ein wenig Sorgen machte, ob ich damit jemanden vor den Kopf stoßen könnte. Es gibt ja heute immer irgendwen, der sich ungenügend bejubelt fühlt und einen dann wegmobbt.

 

"Draußen gellen unregelmäßig Feuerstöße durch die Nacht. Ich hoffe, es ist das Militär, das endlich eingreift und vergrippt wirkende Hipster niederschießt. Wenn Sie mich fragen: So eine Apokalypse hätten wir schon viel früher haben sollen ... Takatakatak!, wieder einer, hoffentlich ein Aluhut. Jaja, anders als ein Helm schützt der nämlich nicht wirklich, haha!"


Ja, ja, so schrieb ich das damals - und Schlimmeres. Denn viele glauben ja, die globale Pandemie wäre gemacht worden.

 

Die Coronuminaten

Ich zum Beispiel stelle mir das so vor: In irgendeinem Labor (Wuhan, Fort Detrick ...) haben gewiefte Weißkittel, nennen wir sie mal Coronuminaten, sich an einen Tisch gesetzt und gesagt: "So geht das nicht weiter, mit ... wasauchimmer, dieser Weltordnung halt, ob alt oder neu! Also weg damit!" Und bis hierher bin ich auch dabei: Das war so, und weg damit. Aber was tun? Und da entschieden sie sich - weise, wie Weißkittel mit einer ungenügenden Menge von Fledermäusen im Dachstuhl nun mal sind - ein neues Virus zusammenzupanschen.

Quarantänose: 14 Tage, check, nur auf diese Weise tut es besonders weh.

Dingsbumsfaktor: 23, das zieht klare Denker an.

Tödlichkeitität: Wie Grippe, check, dann halten das alle für Schnupfen, ergo harmlos, und der Zweifel daran ist leicht zu säen. Denn der einfache Mann von der Straße (übrigens ein brutalsprachlicher Sexismus, der suggeriert, es gäbe keine einfachen Frauen von der Straße) ist ja Outbreak-Filme mit Ebola & Co gewohnt. Klar, an Ebola sind zwar weniger Leute gestorben als an Grippe, aber Ebola sieht wenigstens spektakulär aus, mit all dem Blut & Beuschel überall, das klickt auf Insta einfach besser.

Auch würden sich gegen Ebola, Lepra oder Pest nur schwer Demos organisieren lassen. Und um die geht´s ja. Mit denen sollen die jeweiligen Regierungen gestürzt werden, um ... um ... sie zu stürzen eben. Das ist ja, und ab hier bin ich dann auch wieder dabei, ein Wert an sich, doch zurück zur krass gekürzten Kolumne.

 

Toxoplasma gondii

"Unlängst kam mir folgender Gedanke. Es gibt da in der Natur das Beispiel eines Erregers, der sich lieber über Katzen als über Mäuse verbreitet. Um aber an die Katze ranzukommen, nutzt der Erreger die Maus: Vom Erreger befallen, verliert sie ihre Angst vor Katzen und läßt sich daher von diesen fressen, wonach diese dann ihrerseits den Erreger weiterverbreiten.

'Toxoplasma gondii’ sollten Sie jetzt mal lieber faktencheckerisch googeln, ehe sie diesen halb verstandenen, stark vereinfacht und verfälscht wiedergegebenen Verschwörungsunfug gleich wieder brühwarm weitererzählen, aber sowas wirft ja schon Fragen auf: Was, wenn wir einen Erreger haben, der Infizierte in einen gewissen Wahn treibt? Einen Wahn, der sie an flache Erden und reptiloide Regenten glauben läßt und anstiftet, Masken und Autoritäten (und Impfungen) abzulehnen (und so den Erreger weiterzuverbreiten)?

Was, wenn der Erreger mutiert und die Maskenverweigerer alsbald auf die Maskengutfinder und Maskenversteher losgehen und ihnen die Masken vom Gesicht reißen? Ich will wirklich nicht die längst nötige gewalttätige Zwietracht säen, ich bin schließlich Humorist - und irgendwas ernst zu nehmen, liegt mir schon rein körperlich fern, es sei denn, jemand bezahlt dafür.

Aber es wäre schon wichtig, finde ich jetzt mal, präventiv alle Verhaltensverdächtigen irgendwie kenntlich zu machen (chippen?), sie zu isolieren, in, äh ... Genesungszentren ... zu verbringen - und sich in ihrer Abwesenheit um, nun ... um ihre Besitztümer zu kümmern."

 

Natürlich übertrieb diese nie geschriebene Kolumne, die ich gottlob in die Schublade schob. Wollte ich wirklich schuld sein daran, daß mit dem Toxoplasma-gondii-"Narrativ" eine weitere virale Theorie ins Universum der Wirrköpfe sickert? Sich pandemisch ausbreitet, angesaugt von deren Leichtmetallkopfbedeckungen, die im extoplasmatischen Superstringgesang der 5G-Gedankenkontrolltürme unisono vibrieren? Natürlich nicht. (Wikipedia-Eintrag hier, schnell lesen, ehe er zensiert wird!)

Warum also denkt man sich sowas nur aus, während man sehnsüchtig nach draußen starrt und denkt "Ich will mein Leben zurück, vor allem die Pizzeria am Eck da vorne"?

 

Aussterben

Nun, das Ende der Welt macht einen eben nachdenklich. Man beginnt zu sinnieren, reflektiert Veränderungen, zieht Schlüsse ...

Angenommen, wir als Menschheit (ich zähle mich mal mit, obschon sie mir als Ganzes eher gleichgültig, in Einzelfällen gar zuwider ist) stürben aus, und zukünftig müßte die Erde ohne uns auskommen, nach einigen Anstandsmonaten selbstverständlich, in denen die Kadaver der Virologen und Nichtvirologen, der Aluhüte und der Dieechtewahrheitstetsbesserwisser verwesen würden.

Was würde sich ändern? Würden Nachrichtensendungen und Talkshows unsere Extinktion beweinen? Gäbe es Top-10-Listen wie "33 Dinge, von denen wir nicht geglaubt hätten, daß wir sie nach der Apokalypse vermissen würden" oder "23 Dinge, von denen die Menschen vor ihrem Aussterben glaubten, nicht auf sie verzichten zu können"?

Ich wüßte da einiges. Pizza Hawaii. Toast Hawaii. Hawaiihemden. Hawaii Fünf-Null (vor dem Remake!). Musik von Martin Denny. Solche Listen, sofern sie mit Hawaii zu tun haben. Etc.

 

Auszusterben ist ja keine Schande, viele haben diesen Schritt einfach mal gewagt, etwa der Dodo, von dem uns nur das wohlklingende Wort geblieben ist - das man jetzt btw. für irgendwas anderes verwenden könnte, etwa für Corona. Die Dodo-Krise klänge gleich viel netter, aber auf mich hört ja keiner.

Doch zurück zum Aussterben: Da las ich unlängst in Ermangelung von spannenderen Büchern, sozialen Kontakten und verbrecherischen Kaffeehausbesuchen ein wissenschaftliches Buch über Erdgeschichte. Prickelnd! Und ich war dann doch überrascht, wieviele Massenaussterben es bereits gegeben hat. Ich gewann die Einsicht: Eines mehr oder weniger macht den Kohl nicht fett.

Also, wir reden hier ja nicht von Grippe. Sondern von globalen Krisen, bei denen 95+ Prozent alles Lebenden beschlossen, der Idee des Existierens nicht weiter nachzugehen. Nun darf man zu recht fragen, ob wir die Gemeine Schließmundschnecke wirklich brauchen, aber schwieriger wird das eben schon bei Martin Denny - das wäre kosmisch gesehen ein Verlust.

Aber, ich sag´s ihnen ganz ehrlich: All das würde auf einer menschenleeren Erde doch auch keiner vermissen (außer Hawaii ... und Elvis). Die menschenleere Erde wäre ganz im Gegenteil ein beneidenswert friedfertiger Ort.

Steine wären, ohne daß einer ein Buch über ihre Strategien schriebe.

Wetter würde wechseln, ohne daß Apps dies immerzu falsch vorhersagten.

Bäche flössen, ohne daß Müllergesellenversager sich darin ertränkten, nur weil die scharfe Müllerin sich verständlicherweise stets für den toughen Jäger entscheidet, denn das tut sie immer, das ist einfach Evolutionsbiologie (auch prickelnd!).

Und die Wanderwege in den Bergen würden wieder zuwachsen, ohne daß auch nur ein einziges E-Bike-Arschloch ihre Ruhe störte.

 

Am Ende können Sie gottfroh sein, daß ich das nicht zu entscheiden hatte und den anderen Gentechnik-Wissenschaftlern unseres Coronuminaten-Workshops gesagt habe: Macht doch, was ihr wollt, Hauptsache, die Leute drehen irgendwie durch.

 

--

Zum diesmaligen Bilderrätsel:

"In welchem Hotel befindet sich dieses charmante Badezimmer?"

Andreas Winterer

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