Manfred Prescher - Es war nicht alles schlecht: Best of Miststück
Kolumnen 2005 bis 2020
Fotos c: Helge Schneider
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die dritte Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Helge Schneider und "Heute hab ich gute Laune" 23.09.2020
Ich denke an den großen, weisen, leider längst schon über die Regenbogenbrücke gegangenen Douglas Adams, der folgende Sätze zu Papier brachte: "‚Wissen Sie, mein ganzes Leben hatte ich das komische Gefühl, daß etwas Gewaltiges und Böses in der Welt vorgeht‘ – ‚Nein, das ist nur völlig normale Paranoia, die kriegt jeder im Universum.‘" Erst recht natürlich, wenn die Jetzt-Ex tatsächlich in irgendeinen Spiralarm einer weitentfernten Galaxie abgebogen ist. Das kann frau schon machen, schließlich steht nirgends geschrieben, daß es geboten ist, standzuhalten, statt zu flüchten. Dasgeht also absolut in Ordnung. Ab und zu strahlt sie hoffentlich auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Allen voran natürlich ich. Das hat Klasse, gar keine Frage, und ich würde ihr wirklich gern Orchideen schicken, aber mir fehlt die Postleitzahl oder was es da oben so geben mag. Eine Nachfrage bei der Föderation der Vereinigten Paketdienste wird sich wohl auch erübrigen.
"‚Was tun?‘, spricht Zeus, ‚die Welt ist weggegeben. Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. So oft du kommst, er soll dir offen sein‘". Schiller am Morgen und ein Tag ohne Sorgen. Sie darf von mir aus auch aus der Ferne schillern. Was mache ich in der allernächsten Zukunft? Erst mal duschen – ich steh‘ im Regen und warte auf nichts. Das ist doch mal schön! Wunderschön, sogar. Freunde, das Leben ist lebenswert. Während die wilde Fa so auf meiner Haut herumperlt, erinnere ich mich zu den von Alexa ins Bad gestreamten Klängen von Helge Schneiders in wahrstem Sinn quietschvergnügten Lied "Heute hab ich gute Laune" an den allerersten Telefondialog, den die nun ehemals beste Liebespartnerin von allen und ich in den unbeschwerten Zeitenhatten. Dann denke ich, daß ich über die Zeit mit diesem Wesen mal ein Buch schreiben sollte – und habe plötzlich wirklich gute Laune. Helge, Du anbetungswürdiger, unbeugsamer, nun auch schon 65-jähriger Lebenskünstler, Lebensretter und Lebenskenner, ich danke Dir. Der Dialog ging seinerzeit auf positive Art in die Hose:
Ich: "Weißt Du, was ich glaube?"
Sie: "Vermutlich nicht viel, wie alle praktizierenden Agnostiker…"
Ich: "Ich glaube, daß Du leicht rumzukriegen bist!"
Sie: "Du täuscht Dich, Sweetheart. Alle tollen Frauen sind ziemlich schwierig. Manche von uns sehen nur leicht aus."
Genau das hatte ich damals befürchtet. Und als wir später an diesem still vor sich hin ruhenden See herumspazierten, sagte ich ihr das auch. Lang ist es her. Nun, thetimestheyare a-changing, oder so. Auf diese Erkenntnis bauen alle klugen Menschen ihre Forschung auf – von Kopernikus über Edith Sitwell und Oscar Wilde bis hin zu Helge Schneider. Erst recht die am lebenden Objekt. Weil man bei Planeten eine Bahn errechnen kann, bei Männlein oder Weiblein aber nicht, ist der Umgang mit Saturn oder Venus vergleichbar einfach. Aber versucht mal, vorauszuberechnen, was Euer Partner oder Eure Partnerin als nächstes so machen wird. Das ist in aller Regel so schwer, daß man es besser sein lässt, bevor es einem/einer auf den eigenen Ur-Anus geht. Fragt mal Papageno, falls Ihr ihn in der Nähe irgendeiner Seebühne trefft. Diese Verschiedenartigkeit macht sich, speziell im zwischenmenschlichen Bereich und dann noch mal gesteigert, beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Geschlechter besonders bemerkbar. Darüber hinaus macht sie auch noch scharf und Schärfe soll ja nicht nur gesund sein, sondern eben auch der Libido förderlich. Ich zitiere zu diesem Behufe aus dem Fachblatt "Brigitte": "Wie kriegen Sie Ihren Traummann ins Bett? Kochen Sie ein scharfes Essen." Dabei ist aber maximale Vorsicht geboten. Aus eigener Erfahrung mit einer Currywurst, beziehungsweise mit einer Soße aus Piri-Piri-Schoten, kann ich berichten, daß der Weg ins Bett über einen längeren Umweg aufs dann nicht mehr so stille Örtchen führt. Und daß auch nach der individuellen Müllabfuhr nichts mehr läuft. Weil man nämlich bei einem Schärfegrad von rund 100.000 Scoville-Einheitendas eigene Würstchen oder die eigene Mumu rein faktisch gar nicht mehr spüren kann. Es wurde in meinem Beisein ausprobiert, selbst die heißesten Strümpfe nützen nichts, wenn man sich eigentlich wünscht, daß einem ein Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr von Obereinherz durch den Magen- und Darmtrakt fährt und seine Arbeit verrichtet. Also "Brigitte", auf Deinen Tipp sollten die Leserinnen eher nicht setzen. Zu viel ist nun mal zu viel. Oder um mal Konstantin Wecker abzuwandeln: Was man nicht genießen kann, ist ungenießbar.
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist zu viel oft wirklich nur eines – nämlich zu viel. Für einen kurzen Moment kann zu viel Alk, ein Zuviel an zu wenig Kleidung, zu viel Poppers oder Ähnliches dumme Leute interessant machen. Oder umgekehrt. Eigentlich interessante Leute werden so vorübergehend – und im Vorübergehen dann oft für immer, weil vertane Chance –dümmer als sie in echt sind. Ist man selbst grad mitten in einer Rosskur und gibt sich mit Alk oder Poppers die Kante, kann es schwer sein, zu differenzieren oder das Ganze so auszutarieren, daß man nicht nur mit dem/der Anderen in der Kiste landet, sondern auch noch Spaß dabei hat. Ich lasse das daher sowohl mit den Drogen als auch mit dem allzu scharfen Gewürzteufelszeug mittlerweile. Denn erst, wenn man seine Gallenblase verloren hat, weiß man, wie es ist, wenn die marschierenden Einheiten von General Scoville, von hinten auf die hinterbliebene Blase und auf das andere Gedöns drücken. "Muss nicht sein", denke ich und trockne mich ab.
Im Spiegel erkenne ich, daß mir ein Pickel auf der Nase gewachsen ist – fast wie bei Hicksi, der lieben Hexe aus dem Donald-Duck-Kurzfilm "Trick OrTreat". Sieht doof aus, das Teil. Aber "furunkuli, furunkula", heute werde ich nicht paranoid deswegen. Es gab schon Schlimmeres. Zum Beispiel meinenAknerücken, den ich als Teenager so lange mit "Clearasil" behandelte, bis ich merkte, daß zu viel von dem Zeug auch nicht gut für die Haut ist. Merke: Siehe oben.
Ich ziehe mein Lieblings-Ramones-Shirt mit dem Aufdruck "GabbaGabba Hey" an – und in diesenlebensbejahenden Sinnspruch gewandet, gehe ich auf die Terrasse. Ach, die Sonne scheint, die "Berg san so nah" (Wecker) und, Freunde, Franz Lehár beziehungsweise seine Libidonisten, sorry, das musste jetzt sein, seine Librettisten Paul Knepler und Fritz Löhner-Beda hatten recht: "Das Leben ist lebenswert!". So isses. Die Sonne lacht mich an und scheint mir dermaßen auf die Ramones, daß es eine wahre Pracht ist. Ja, das Leben ist schön und Helge Scheider hat, wie so oft, die richtigen Worte für dieses wunderbare, spätmorgendliche Gefühl, das mich unter der Dusche schon umgarnt hat, und daß mich jetzt via Strahlentherapie sanfter umhüllt als es der weiche Schaum der wilden Fa je könnte: "Wir fuhren spazieren und haben uns geküsst. Und anschließend haben wir uns Pommes gekauft. Ich hab heute gut geschlafen, und jetzt esse ich ein Ei. Denn ich hab ja gute Laune, und die geht auch nicht vorbei." Nein, das tut sie nicht. Noch nicht mal, wenn von drüben, von irgendwo hinter dem Pferdekopfnebel herkommend, der Weltuntergang oder eine zu scharfe Currywurst drohen sollten. Es droht Ungemach vor Kap Horn, aber dahab ich sowieso rein gar nix verlor‘n. Droht Ungemach in Obereinherz mir alsbald, dann bleibt die Küche eben kalt und ich fahr‘ in den Wienerwald. Oder wie Donald Duck nach Timbuktu.So jauchze und frohlocke ich in den Tag hinein. Was doof ist, darf von mir aus doof bleiben. Ich werde niemanden eines Besseren belehren.
Ich denke an sie. Sie wissen schon, wen ich meine. Und dann kommen mir die Worte von Hannes, dem Barmann des "A Thousand Miles to Dublin" in den Sinn: Als ich sagte, daß sie weg und für mich leider gestorben sei, antwortete er "Nein, sie ist nicht weg, sie arbeitet nur gerade an einem anderen, einem wichtigeren Projekt." Selbst schuld, wenn man solche Präferenzen setzt. Ich werde später jedenfalls, ganz, wie Helge es vorschlägt, mein Herz bei eBay reinstellen oder doch nachTimbuktu/Walachei fahren. Getreu Schneiders aktuellem Motto: "Ich glaub‘, ich geh‘ in die Mongolei. Was soll ich denn bei Spotify?" Aber das tue ich nur, wenn ich mich bis dahin aufraffen kann. Neue Projekte können, ja müssen, auf jeden Fall warten bis die Sonne weg ist und ich auch keine Lust mehr habe, im Regen zu singen wie eine moderne Ausgabe von Gene Kelly. Gut Ding darf Weile haben. Das gilt auch für die Suche danach. Denn nicht zur zu viel ist mir grad zu viel. Mir reicht schon wenig. "Froh zu sein, bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König!" Ihr müsst mich aber jetzt nicht mit "Eure Majestät!" anreden oder anschreiben – Ihr dürft mich einfach für einen Moment in Ruhe lassen. Huldigen könnt Ihr mir später auch noch. Oder wieder. Oder auch nicht.
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Kolumnen 2005 bis 2020
Fotos c: Helge Schneider
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