Depeschen aus der Provinz
Peter Hiess lebte mehrere Jahrzehnte in Wien. Dann entschloß er sich, in die Provinz zu übersiedeln. Wie sich das anfühlte, erfahren Sie hier.
Wenn nicht gerade die Ermordung eines Bin-Laden-Darstellers medial abgefeiert wird, präsentieren sich ORF-Mitarbeiter auf dem Lande von ihrer besten Seite. Also immer noch schlecht. 20.05.2019
Unweit von dort, wo ich jetzt wohne, liegt eine Stadt, die nicht mehr Provinz sein will. Sie hat größere Ambitionen - kein Wunder, wo doch heute schon jeder Misthaufen zum Weltkulturerbe ernannt wird. Doch auch in besagter Stadt denken Beamte nicht gern selber nach, also bewerfen sie lieber Akademiker und Marketing-Kreaturen mit Geld, damit die das für sie erledigen. Zum Beispiel über die Frage, wie man die Menschen "da draußen" wieder zum Lesen bringt.
Kein Problem, werden Sie jetzt sagen. Man schafft einfach Fußball, Gratiszeitungen und romantische Komödien ab. Aber nein, so einfach dürfen es sich die Gscheiterln nicht machen, also grübeln sie ein Jahr lang, um schließlich zu einem tragischen Ergebnis zu gelangen: Die Stadt soll bei Literaturveranstaltungen Buchstabensuppe ausschenken.
In einer gerechten Welt würde man Leute, die mit solchen Einfällen daherkommen, in entlegene Gebiete wie Nordsibirien schicken, wo sie sich das alles noch einmal in Ruhe überlegen können. In der Provinz-die-nicht-mehr-Provinz-sein-will ist alles anders, da darf das Publikum die um Steuergelder zusammengekochte Suppe unter dem genderdiskursiven Titel "Wort- und Wärmespender" tatsächlich selber auslöffeln. Und warum das alles? Weil´s im Fernsehen gut ausschaut …
Die bloße Chance, ins "Österreich-Bild" zu kommen, führt Kulturschaffende auf dem Lande dazu, noch ideenloser und politisch gefälliger zu agieren als die Kollegen in Wien. Da tauchen "Ö3-Wecker-Comedians" (der beste Grund, nie vor neun aufzustehen) auf den schier allgegenwärtigen Sommerfestspielen auf; da tingeln abgehalfterte Austropopper durch Mehrzweckhallen irgendwo in Tripstrü; und in einsamen Berggegenden, wo noch nie zuvor ein Anatolier seinen Fuß hingesetzt hat (wozu auch?), führt das Laientheater "Leckminoasch" ein besinnliches Integrationsdrama auf.
Die durch Zwangsgebühren finanzierte Bundesgehirnwäscheanstalt ORF hat mit ihrem Kulturimperialismus den Verstand eines ganzen Volkes in Geiselhaft genommen. Und die überbezahlten Angestellten dieser geschützten Werkstätte wissen genau, daß man sie braucht, wenn man auf den Bildschirm oder ins Radio kommen will. Nur: Das will nicht mehr jeder. Gott sei Dank.
Und so kam es, daß hierorts eine schlechtgelaunte Dame in ein Gasthaus stolzierte und sich prompt an einen reservierten Tisch setzte. Auf Anfrage des freundlichen Wirten, wie sie sich das vorstelle, antwortete sie triumphierend: "Ich bin bei Ö1!" Vögel fielen tot vom Himmel, am Nebentisch schliefen ein paar Leute ein - nur der Wirt blieb wach und gab zurück: "Macht nix. Sie dürfen sich trotzdem da drüben hinsetzen."
Für diesen Schlag in die Fratze des Imperialismus gebührt dem Mann ein Orden. Auch wenn die Verleihung garantiert nicht im Fernsehen übertragen wird.
Depeschen aus der Provinz
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Gute Nachricht für alle Desorientierten und von Relikten der Vergangenheit Geplagten: Unser beliebter Motivationstrainer Peter Hiess zeigt Euch einen Ausweg. Und die erste Beratungseinheit ist noch dazu gratis!
Will man sich in den Vororten verorten, dann braucht man auch die praktische Verkehrsverbindung. Der EVOLVER-Stadtkolumnist begrüßt den Herbst mit einer Fahrt ins Grüne - und stimmt dabei ein Lob der Vorortelinie an.
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