Kolumnen_Archetyp #1
Heldentrophäe, weiblich
Eine Frau wie eine Atombombe: die schöne Helena. Könige und Helden führten wegen ihr einen Krieg, der große Teile der damaligen Weltbevölkerung ausrottete. Und sie lächelte nur unschuldig ... Grund genug für Dr. Trash, dieser faszinierenden Frauengestalt spät, aber doch zu huldigen.
10.04.2009
Sie kann einen heute noch verrückt machen: Helena von Troja, angeblich die schönste Frau der Antike und auf jeden Fall eine der faszinierendsten Gestalten der griechischen Mythologie. Wie sie wirklich aussah, das weiß keiner mehr so recht, aber sie muß attraktiv genug gewesen sein, um Dichter von Homer über Euripides und Theokrit bis zur langweiligen deutschen Schriftstellerin Christa Wolf zu literarischen Lobeshymnen zu bewegen. Und sie sorgte dafür, daß eine Menge Macho-Typen ihrer Zeit nichts Gescheiteres zu tun hatten, als sie unentwegt zu entführen, um sie zu werben, sie zu schwängern, Schwüre für sie abzulegen und schließlich im Krieg für sie zu fallen. Andererseits - gibt´s einen vernünftigeren Grund, in den Kampf zu ziehen, als eine schöne Frau? Erdöl vielleicht? Na, sehen Sie.
Wer je in den Genuß einer humanistischen Schulbildung kam, der lernte bald, welche Damen es wert waren, daß man sich ernsthaft um sie bemühte: Halbgöttinnen. Dieses etwas unrealistische Bild des "schwachen" Geschlechts wurde durch den Mythos zementiert, daß die schöne Helena Sproß der außerehelichen Verbindung von Leda, Gemahlin des Herrschers von Sparta, und dem notorischen Fremdgeher Zeus war. Selbst wenn König Tyndareos von dem Seitensprung gewußt haben sollte, hielt er den Mund - es kann ja nicht schaden, die Tochter des obersten Gottes in der Familie zu haben.
Der Ruf des bezaubernden Wesens eilte so schnell durch die antike Welt, daß Helena bereits in jungen Jahren zum ersten Mal gekidnappt wurde. Theseus, der alternde Heroe und König von Athen, wollte unbedingt Sex mit einer Tochter des Zeus haben. Gut, er versprach ihr die Ehe, aber tun wir das nicht alle? Jedenfalls waren Helenas Brüder Kastor und Polydeukes schneller: Sie zogen gen Athen und schafften ihr Schwesterlein nach Sparta zurück.
Dort warteten bereits Dutzende heldenhafte Freier (damals war ja praktisch jeder ein Held), die dem armen Tyndareos jahrelang die Haare vom Kopf fraßen, um wenigstens einen Blick auf die hübsche Kleine werfen zu können. Daß sich der Herr Papa dann für Menelaos, den Bruder des Agamemnon entschied, hatte politische Gründe, hielt aber die enttäuschten Bewerber nicht davon ab, einen Eid zu leisten: Im Notfall würden sie alles für Helena tun, selbst ihr Leben geben. Solche Männer braucht die Welt.
Besagter Notfall trat auch bald ein, da ein gewisser Paris - der von Aphrodite den goldenen Apfel bekommen hatte, aber das ist eine andere Geschichte - auftauchte und Helena erst ver- und dann entführte. Schon wieder. Diesmal nach Troja, wo die Arme angeblich zehn Jahre lang am Webstuhl saß und ihr trauriges Schicksal als Häkelarbeit festhielt. Wer´s glaubt ... Währenddessen tobte vor den Toren der Stadt ein Krieg, der zahllose Menschenleben (die Helden mit ihrem hormongesteuerten Schwur, aber auch einfaches Volk) forderte. Als Helena sich den Endkampf ansah und merkte, daß ihr jugendlicher Geliebter zu verlieren drohte, holte sie ihn noch schnell in ihr Schlafgemach, um ihn zu trösten. Und dann ging´s mit dem gehörnten Ehemann zurück nach Sparta, wo die beiden glücklich waren bis an ihr Lebensende. Ende.
Was wir daraus lernen? Daß sich überhaupt nichts geändert hat: Frauen wie Helena bringen noch heute Männer dazu, sich um sie zu prügeln und ihr gesamtes Vermögen zu verjubeln - nur für ein unschuldiges Lächeln. Und genau dafür lieben wir sie. Wir armen Trottel.
Dr. Trash
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