Lana del Rey: "Young And Beautiful"
(Foto: Nicole Noodland)
Enthalten auf dem Soundtrack zu "The Great Gatsby" (Interscope/Universal)
Nein, die gute Lana covert keinen klassischen Song des Königs - aber die beiden Lieder haben trotzdem mehr miteinander gemein als nur den Titel. Hier zeigt sich die Jugend von ihrer wohlklingenden, aber energiearmen Seite - findet Manfred Prescher. 06.05.2013
Manche Dinge ändern sich einfach nie: Du wachst morgens auf - und noch bevor sich das Hirn einschaltet, singst du, daß du nur noch die Welt retten mußt oder daß Geld guat brenna tuat. Widerstand ist absolut zwecklos, das Miststück setzt sich in dir fest. Begleitet dich ins Bad, zum Frühstück und in den Job. Manchmal freust du dich, weil dir zufällig ein alter Bekannter durch die Denkmurmel stromert, manchmal ist es dir schlicht peinlich. Wer will schon gern über sieben Brücken gehen oder von Jürgen Drews in den Tag geleitet werden?
In dieser Kolumne geht es um hinterhältige und fiese Lieder, die sich in dir festsetzen.
Vergangene Woche habe ich versprochen, daß ich euch verraten werde, wer aktuell mehr in Würde altert - die Hardrock-Künstler von Deep Purple oder der Barde Reinhard Mey. Beide veröffentlichen gerade eine neue CD, und mir fällt ein, daß es in Nürnberg in den 70er Jahren mal eine Gruppe gab, die sich so nannte, wie der gemeine Franke "Deep Purple" ausspricht, also "Die Bärbel".
Das Fazit nach zweimaligem Hören der neuen, eher altmodisch klingenden Platten ist eindeutig: Herr Mey ist besser gealtert, was wahrscheinlich auch daran liegt, daß er noch nie besonders jugendlich daherkam. Sein "Dann mach´s gut" ist wirklich hübsch, das Cover zeigt ihn mit einem Margeritenbäumchen; auf jeden Fall scheint er sich nun endlich wieder dem Gärtnern zuwenden zu können. Viel Spaß beim Grubbern wünsche ich schon mal. Und hoffentlich finden Sie, Herr Mey, dieses Mal kein Erdöl beim Buddeln auf der eigenen Scholle. Denn wie sang er vor Jahrzehnt und Tag anno 1975? "Ich entschloß mich zur Züchtung der Riesenblaubeere/Zur Wiederherstellung der Gärtnerehre/Und, um mir endlich selbst die Angst vor Pflanzen zu nehmen/Auch begann ich mich bereits vor den Klempnern zu schämen/Um zu zeigen, daß ich wirklich wie ein Profi klempnern kann/Legt´ ich selbst die Rohrleitung zur Riesenblaubeerstaude an/Ich war gerade dabei, den letzten Meter zu bohren/Da schoß eine schwarze Fontäne aus den Wasserrohren/So schmutz´ges, fettes schwarzes Wasser kann kein Wasser sein/Das riecht wie Erdöl, schmeckt wie Erdöl, das muß Erdöl sein!"
Doch jetzt genug vom Alter geredet, der Rollator steht vor der Bürotür, mein Krankenpfleger hat mir bereits die Suppe in den Mund gelöffelt, die ich mir in langen Lebensjahren vorher eingebrockt habe. Darum wende ich mich jetzt der Jugend zu: Als Elvis 1957 für den Film "Jailhouse Rock" das Lied "Young And Beautiful" aufnahm, war er gerade mal 22 Jahre alt. Lana del Rey, die soeben für die mittlerweile vierte Hollywood-Variante von F. Scott Fitzgeralds genialem Sittenroman "Der große Gatsby" ihr "Young And Beautiful" einspielte, wird im Sommer 27. Da das, soweit ich weiß, genau das Alter ist, in dem man noch per Interrail preiswert durch den Kontinent driften kann bzw. bei den Kreisjugendringen tatsächlich noch als Jugendlicher gilt, können wir davon ausgehen, daß die Herrschaften Presley und del Rey nah beim Thema ihrer Songs waren oder sind.
Übrigens basiert die aktuelle Verfilmung des "Gatsby" nicht auf dem genialen Drehbuch von Francis Ford Coppola, ihr wißt schon, der schrieb es für die 1974er-Leinwandadaption mit Robert Redford und Mia Farrow. Aber zurück zu Elvis und Lana: Auffällig ist, daß beide Songs mehr gemeinsam haben als nur den Titel. Ich habe mir gestern mal die Mühe gemacht, quatsch, eigentlich war es ein Versehen, und ließ via DuTube und iTunes beide Stücke gleichzeitig laufen. Und siehe da, das Ergebnis klang überraschend zusammenpassend. Was nicht nur an den harmonisierenden, warmen Stimmen der Altistin del Rey und des Beinahe-Tenors Presley lag. Nein, Melodien, Instrumentierung und vor allem Tempo machen die Songs zum perfekten Pärchen.
Wunderlicherweise geht beiden Liedern der Schwung der Jugend dermaßen ab, daß man unweigerlich denkt, die zwei Trauerklöße verarbeiten grad die schwere Kindheit oder mindestens eine durchzechte, durchtanzte, durchgeknutschte Nacht, die letztlich nicht so toll verlief. Während Lana und Elvis ihren Kater auf mollige Art streicheln, schau´ ich mir mal den Ausschnitt aus "Jailhouse Rock" an, in dem der König des Rock´n´Roll sein Liedlein zum Allerbesten gibt. Er blickt so leidend in die Kamera, daß ich ihm gern zurufen würde, daß er seine Jugend bittschön genießen möge. Alt wird man schließlich von alleine - oder auch nicht.
Und ich merke schon, wie mich mein Gedächtnis im Stich läßt. Eben wollte ich euch noch was sagen, ach herrje, was war das denn nur? Ein, zwei Stücke von der - Achtung, Werbung! - guten "Plantagenwelt"-Schokolade von Rausch, schon geht´s wieder: ach, Elvis. Genau, um den ging´s. Für mich ist er nicht der King of Rock´n´Roll, das sind eher der frühe Johnny Cash oder Jerry Lee Lewis, aber Presley ist der König der Popmusik. Einer, der praktisch jedes Lied mit seiner unglaublichen Magie verzaubern konnte - auch "Young And Beautiful".
Lana del Rey muß zwar noch ein wenig an ihrer Karriere arbeiten, um wirklich auf Elvis´ Spuren zu wandeln, aber ihr "Young And Beautiful" ist eines der bezauberndsten Lieder des Jahres. Nicht mehr und nicht weniger. In der orchestrierten Version ist es schillernd und gerade so kitschig, daß es tief berührt. Sinnlich und zärtlich. Oder, um es mit F. Scott Fitzgerald zu sagen: "Geschmack ist die weibliche Form des Genius." Bei Lana könnt ihr hören, daß Fitzgerald richtig liegt.
Nächste Woche wird es hier um ein ziemlich anderes Lied gehen - und zwar um "Let Love Stand A Chance" vom spät zum Erfolg berufenen Soulmann Charles Bradley.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
Lana del Rey: "Young And Beautiful"
(Foto: Nicole Noodland)
Enthalten auf dem Soundtrack zu "The Great Gatsby" (Interscope/Universal)
Elvis Presley: "Young And Beautiful"
Enthalten auf dem Soundtrack zu "Jailhouse Rock" (BMG/Sony)
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Kommentare_
Wie immer, versteht Manfred Prescher es hervorwagend,gute gute, alte ,Musik mit den richtigen Kommentaren für,die heutigen Zeit interessant zu machen. Dich,persönlich als.guten.Freund,zu kennen,,macht,mich,stolz und ist für meinen Horizont ne Bereicherung. Weiter so, freu mich schon auf die nächsten Folge
Hallo Verena,
mit Lob wird ja normalerweise eher gegeizt - darum herzlichen Dank. Wir hier bei Evolver geben uns Mühe, unseren hohen Standard zu halten. Drum keine Sorge.. Das nächste Miststück kommt bestimmt.