Kino_Film-Tips November 2019

Du riechst so gut!

Peter Hiess und Hans Langsteiner waren für Sie im November-Kino, um ein paar Fragen zu beantworten: Kann Jessica Hausner Science Fiction? Schlafen uns beim "The Shining"-Sequel die Füße ein? Braucht die Welt ein zweites "Zombieland"? Und ist "Marianne & Leonard" auch für Nicht-Cohen-Jünger von Interesse?    09.11.2019

EVOLVER-Redaktion

Little Joe

1. 11. 2019

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Schon wieder eine Blume des Bösen. In einem britischen Gen-Labor wird eine Wunderpflanze gezüchtet, die Glücksgefühle auslösen soll, aber die Menschen seltsam entseelt. OK, die Traditionslinie, in der diese Story steht, können wir Genrefans alle im Schlaf aufsagen: die Triffids, die diversen Filmversionen der Body Snatchers, auch der Little Shop of Horrors fällt da noch hinein. Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner, im stilisierten Horrorfach nicht unerfahren (Hotel), gewinnt der etwas abgelutschten Vorlage immerhin ästhetisch neue Reize ab. In sterilen, bis in den letzten Winkel hinein kontrollierten Tableaus prallen eiskalt grelle Grün- und Türkis-Töne (no political allusion intended) aufeinander, dazu zirpt ein retro-futuristischer Soundtrack, und die Darsteller agieren sämtlich wie unter mittelstarken Drogen. Ganz hübsch, zweifellos, doch der Film hat ein Problem. Lange Zeit bleibt offen, ob für die seltsamen Veränderungen in der Umgebung der Heldin wirklich die rote Joe-Pflanze verantwortlich ist oder ob sich nicht alles nur im Kopf der von der Pubertät ihres Sohnes überforderten Mutter abspielt. Der Schluß entscheidet sich eindeutig für eine dieser Varianten. Da war Regisseurin Hausner, etwa in ihrem in wunderbarer Schwebe gehaltenen Lourdes-Film, schon weiter. Trotzdem sehenswert.  (HL) 

 

 

Zombieland: Doppelt hält besser

8. 11. 2019

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Irgendwie war "Zombieland" ja nicht schlecht, auf jene postmoderne Art, an die man sich leider in den Jahrzehnten seit Tarantino, den Coen-Gebrüdern & Co. schon fast gewöhnt hat. Nur das gewisse Etwas fehlte der Horrorkomödie (ein unglückliches Genre, das wenig Sehenswertes und viel Müll hervorbrachte) halt. Hätte sich Regisseur Ruben Fleischer an den Running-Gag mit den Regeln gehalten, der den Streifen in seinen ersten Minuten so flott machte, dann wäre das Endergebnis vielleicht bemerkenswerter ausgefallen. Leider ließ man sich aber dazu hinreißen, den Rest der besagten Regeln für Promo- und Internet-Material zu vergeuden; damit blieb von "Zombieland" nicht viel mehr als Charaktere, die nach amerikanischen Bundesstaaten oder Städten benannt sind (haha, wie wahnsinnig witzig!), ein Gastauftritt vom bereits altersweisen Bill Murray - und ... ja, ähem, das war´s dann auch schon. Eventuell noch Woody Harrelson in seiner Rolle als Tallahassee, die sich für seinen späteren Karrierepfad als prägend erweisen sollte.

Nun denn, zehn Jahre später: Harrelson ist immer noch dabei, der Rest des Zombiekiller-Teams (Emma Stone, Jesse Eisenberg, Abigail Breslin) auch, Fleischer führt wieder Regie, und sogar Murray taucht als gar nicht so überraschender Überraschungsgast neuerlich auf. In der Zwischenzeit haben sich die vier Helden an die von Untoten überlaufene Welt gewöhnt, doch dann löst sich die Truppe auf, neue Charaktere (Luke Wilson, Rosario Dawson) mit den - siehe oben - "originellen" Filmnamen stoßen dazu, und man entdeckt eine neue Bedrohung, die viel gefährlicher ist als die menschenfleischgierigen Monster.

In der wirklichen Welt ist die Zombie-Welle in der Zwischenzeit ziemlich abgeebbt; sogar Jim Jarmusch durfte seine (noch postmodernere und naturgemäß völlig mißlungenene) Zombie-Horrorkomödie drehen, die "Walking Dead"-Serien schleppen sich mühsam durchs Digitalfernsehen. Kaum ein aktuelles Werk hat dem Genre noch irgendwas Neues hinzuzufügen - und auch "Zombieland: Doppelt hält besser" (im Original vielsagender: "Double Tap") verläßt sich auf die Qualitäten des ersten Teils und ist damit nicht viel mehr als bloße Bedürfnisbefriedigung für dessen Fans, die alles gleich für einen "Kultfilm" halten oder sich das von den üblichen Unbegabten einreden lassen. Die bisherigen Rezensionen fallen demnach auch eher mittelmäßig aus, auffallend sind darunter nur jene Kritiken, die "Double Tap" ein misogynes Frauenbild attestieren. An denen zeigt sich nämlich die wahre Bedrohung, die noch gefährlicher ist als die anderen 68er-Seuchen: die virale Untoten-Epidemie namens Feminismus.  (ph)

 

 

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Marianne & Leonard: Words of Love

8. 11. 2019

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Man hat sich eigentlich immer schon gefragt, wieso es über Leonard Cohen, dem neben Bob Dylan wohl charismatischsten und einflußreichsten Singer/Songwriter der vergangenen Jahrzehnte, zwar etliche Konzertfilme, aber keine biographische Filmdoku gibt. Marianne & Leonard schließt diese Lücke einigermaßen, obwohl es laut Titel eigentlich primär um die (via Cohen-Song weltbekannte) Love Story zwischen der Norwegerin Marianne Ihlen und dem Sänger gehen soll. Die Beziehung der beiden, die in den sechziger Jahren auf der griechischen Insel Hydra begann und sich in loser Freundschaft immerhin bis zu ihrer beider Ende fortsetzen sollte, steht denn auch im Zentrum des Films, doch wird unter der Hand letztlich eine ziemlich umfassende Cohen-Doku daraus. Feministinnen mögen das bedauern, doch Regisseur Nick Broomfield, mit Marianne einst selbst in kurzer Affäre verbunden, konzentriert sich immer ausschließlicher auf Cohens Karriere, die er von Kindheitstagen bis ins hohe Alter nachzeichnet. Tolles und rares Filmmaterial und ein schonungsloser Blick auch auf die Sex- und Drogensucht des Stars fügen sich zum spannenden Porträt einer ganzen Epoche. Konzertmitschnitte gibt es hier fast keine (auch der legendäre Auftritt Cohens in der besetzten Wiener Arena fehlt), doch die sind anderswo ohnehin verfügbar. Nicht nur für Cohen-Fans von Interesse.  (HL) 

 

 

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Doctor Sleep

22. 11. 2019

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Früher konnte man noch guten Gewissens behaupten, daß jedes zweite Stephen-King-Buch gut war - also spannend, lesenswert und womöglich sogar noch gruslig. In den vergangenen paar Jahren ist die Trefferquote des ewigen Bestsellerlistenanführers um einiges geringer geworden. Das mag an seinem zunehmenden Alter liegen oder daran, daß er Experimente in für ihn neuen Genres unternimmt bzw. seinem Nachwuchs (Stichwort: der andere Sohn) eine Chance geben will. Oder er hält sich einfach zuviel damit auf, in den Chor der bemühten US-Gutmenschen einzustimmen und eine Absetzung des Präsidenten zu fordern. Kurz und gut: "Doctor Sleep", einer seiner jüngeren Romane und blöderweise die Fortsetzung des genialen "Shining", war ein ziemlicher Schas.

Vielleicht war das auch der Grund dafür, daß der deutsche Verleih die Verfilmung des Werks durch Mike Flanagan, der mit "Das Spiel" bereits ein eher halbherziges King-Buch für einen Streaming-Dienst abdrehte, im letzten Moment auf "Dr. Sleeps Erwachen" umtaufte - damit das Publikum nicht fürchtet, während der Vorstellung einzuschlafen. (Der Titel ist jedenfalls so deppert, daß wir ihn hier ignorieren wollen ...) Möglicherweise fühlte sich Regisseur Flanagan auch wegen der mangelnden Qualität der literarischen Vorlage bemüßigt, schon in den Trailer zu seinem Film zahlreiche direkte "Shining"-Zitate einzubauen. Die - und Hauptdarsteller Ewan McGregor, der ewige Sympathieträger - sind es nämlich, die den Streifen retten. Der Plot selbst ist dazu nicht imstande: Danny, der überlebende Bub aus "Shining", ist längst erwachsen und unterdrückte sein Talent lange durch Alkoholkonsum, bis er sich in einer kleinen Gemeinde irgendwo in Amerika niederließ und in einem Hospiz zu arbeiten begann, wo er nun - als "Schlafdoktor" - seinen Patienten das Sterben erleichtert. Aber das Böse schläft natürlich nie.

Eine sektenartige Gemeinschaft namens True Knot zieht durchs Land und quält übersinnlich begabte Kinder zu Tode, um sich dadurch ein längeres Leben zu sichern. (Das Thema verarbeitete King übrigens auf sehr ähnliche Weise in seinem neuen Roman "Das Institut".) Dan Torrance tut sich also mit dem Shining-Girl Abra zusammen, um die Energieparasiten zu bekämpfen. Der Rest ist Stephen King light - alles kommt, wie es kommen muß, aber immerhin besser, als man sich das nach dem Roman erwarten durfte. Wer nicht mit einer qualitativ ebenbürtigen Fortsetzung zu Kubricks "Shining" (den Meister King bekanntlich eh nicht mochte, sondern ihm stattdessen den schrecklichen TV-Zweiteiler vorzog) rechnet, wird von "Doctor Sleep" kaum enttäuscht sein, sondern sich halbwegs unterhalten fühlen.  (ph)

 

 

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