Kino_White Noise - Schreie aus dem Jenseits

Rausch schauen

Electronic Voice Phenomena. Schon mal davon gehört? Nein? Ihnen ist doch sicher schon mal beim Sendesuchlauf ihr verstorbener Urgroßvater erschienen? Eben.    24.02.2005

Mittels EVP treten Tote in Kontakt mit den Lebenden. Da es den Jenseitigen seit jeher an Handys mangelt und sms.at noch keinen Server in der Unterwelt hat, greifen Verstorbene gerne auf analoge Kommunikationsmittel zurück. Sie erscheinen bei vorheriger Anrufung auf rauschenden TV-Bildschirmen (Sony Plasma Screens bevorzugt) oder sprechen kurze Statements auf Kassettenrecorder (ebenfalls Sony). Natürlich ist das alles Blödsinn. Und weil es ein solcher ist, glauben ihn Millionen von Menschen (bzw. Amerikaner).

Die Webseite zum Film ist nicht nur schön gemacht, sondern auch inhaltlich recht unterhaltsam - findet man dort neben diversen Trailern zu Thema und Film noch Bezeugungen der dritten Art. Man kann selbst EVPs erstellen und eine Anleitung downloaden wie man semiprofessionell zu einer Plauderei mit seinen verstorbenen Liebsten kommt.

Aber zurück zum Film: Im Mittelpunkt steht der erfolgreiche Architekt Jonathan Rivers (Michael Keaton). Der führt mit seiner Frau Anna (Chandra West) ein vernünftiges Leben in der oberen Mittelschicht Amerikas. Als die Frau eines Tages verschwindet, ist es vorbei mit dem Familienglück. Kurze Zeit später lernt Rivers einen verschrobenen EVP-Experten kennen (Ian McNeice), der ihm weismachen will, mit seiner Frau - die im übrigen verstorben sei - via Kassettenrecorder und VHS in Kontakt zu stehen. Rivers lehnt das Angebot natürlich ab. Erst als sie tatsächlich ermordet aufgefunden wird, tritt er in Kontakt mit dem merkwürdigen Mann und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Er empfängt erste Botschaften seiner toten Frau, wird immer neugieriger und erkennt die Chance, mit dem "Tonbandstimmenphänomen" zu experimentieren. Als auch der EVP-Experte unter rätselhaften Umständen ermordet wird, baut Rivers seine Wohnung in ein elektronisches Labor um und taucht im "Weißen Rauschen" unter. Er empfängt Nachrichten von noch Lebenden, aber Todgeweihten. Besessen davon ihnen zu helfen, macht er dabei aber auch die Tür für höchst ungebetene Gäste auf.

Regisseur Geoffrey Sax umgeht mehrfach und gekonnt bekannte Schockelement-Strukturen, verzichtet auf die klassischen Manuals zur Spannungserzeugung, versteht es dafür mit Licht und Sound den Betrachter unvorbereitet zu erwischen. Diese besten Momente des Films funktionieren aber nur bei einer entsprechenden Beschallung. Ohne DTS und auf einem 54cm-TV ist der Spaß nur ein sehr leiser und halber. Leider wird die Story gegen Ende ein bißchen gar dünn, wodurch der Film an Dichte und Spannung verliert. Trotzdem ist "White Noise" ein kurzweiliger und sehenswerter Genre-Thriller.

Also gehen Sie ihn sich ruhig anschauen. Für einen EVP-Film nicht schlecht.

Walter Reiterer

White Noise - Schreie aus dem Jenseits

ØØØ

(White Noise)


Kanada/USA 2004

101 Min.

dt. Fassung und OF

Regie: Geoffrey Sax

Darsteller: Michael Keaton, Deborah Kara Unger, Chandra West u. a.

 

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