PIDAX, das Raritäten-Label
In der Zeit der geschlossenen Lichtspielhäuser haben Heimkinos Hochsaison. Wer sich, wie der Autor, gestreamtem Material prinzipiell verweigert, sucht Zuflucht bei den klassischen Film-Speichermedien DVD und BD. Die Auswahl ist, Netflix & Co. zum Trotz, da mehr als reichlich - und dies nicht nur, was Aktualitäten betrifft, sondern auch und gerade beim Rückgriff auf gut 100 Jahre Laufbildgeschichte.
Gleich mehrere Labels haben sich der Wiederaufbereitung historischen Filmmaterials verschrieben. Marktführer in diesem Segment dürfte Koch Media sein, das immer wieder Genreklassiker (Western, Films noirs etc.) gleich serienweise unters Volk wirft. Am anderen Ende des Spektrums tummeln sich spezialisierte Klein-Labels wie Bildstörung oder die DVD-Editionen diverser Cinematheken. Und dann gibt es noch ein Label, das immer wieder Titel auflegt, an die sich sonst kaum ein Verlag heranwagt – schräges bis schrägstes Material vom Heimatfilm bis zum Horror-Trash, vom C-Western bis zum Fernsehspiel. Es heißt PIDAX.
Gegründet vor nunmehr 13 Jahren von deutschen Film- und Seriensammlern, schaufelt PIDAX mittlerweile Monat für Monat Film- und Fernsehstoff schrillster Sorte in die Regale auch heimischer Mediamärkte. Und es ist immer wieder erstaunlich, welche Schätze da von einem kleinen, aber engagierten Team geborgen und aufbereitet werden: rare Francis-Durbridge-Verfilmungen aus England, deutsche Sechziger-Jahre-Krimis jenseits von Edgar Wallace (Die Nylonschlinge, Der Nebelmörder – schon die Titel machen den Mund wässrig!), kompakte Pakete von Tarzan-Filmen mit Johnny Weissmüller über Lex Barker bis Gordon Scott.
Natürlich ist nicht alles Gold, was da in der DVD-Hülle glänzt. Vieles ist für heutige Sehgewohnheiten nervenraubend langsam inszeniert, etliche Fernsehspiele wären vielleicht besser im Archiv geblieben, und an Extras und Originalsprachen-Versionen wird gern gespart. Aber all das wird wettgemacht durch Entdeckungen, die den Aufwand lohnen: Helmut Käutners ins Absurde lappender Rätselfilm Epilog – Das Geheimnis der Orplid zählt ebenso dazu wie die demnächst erscheinende Peter-Sellers-Rarität Himmlische Freuden – Heavens Above! oder die im deutschen Sprachraum erstmalige Blu-ray-Veröffentlichung der ungekürzten Oliver Twist-Verfilmung von David Lean. Daß PIDAX auch Hörspielschätze aus den diversen Rundfunkarchiven veröffentlicht, sei der Abrundung halber erwähnt.
Das Label gibt übrigens auch Rätsel auf: Wer sich hinter dem auf jeder (!) DVD-Hülle namentlich genannten Hans Schaffner aus Groß-Gerau verbirgt, war trotz Recherche nicht zu eruieren - ist´s ein zweiter Leo Kirch, ist´s ein privater Sammler? Wir werden es nie erfahren.
Konkurrenz ist PIDAX bisher übrigens nur vom ebenfalls deutschen Label FILMJUWELEN erwachsen – aber das wäre eine andere Geschichte. (HL)
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