Kino_Film-Tips April 2014

Der Zug ist abgefahren ...

Für italienische Politiker, das Kartell, Noahs Nachbarn und überhaupt die gesamte Menschheit ist es längst zu spät. Zumindest im Kinomonat April ... dann geht wahrscheinlich alles weiter wie bisher.    03.04.2014

EVOLVER-Redaktion

Noah

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Filmstart: 4. April

 

In den Blödmedien stand zu lesen, daß es in den USA am Beginn des neuen Films von Darren Aaronofsky einen disclaimer gibt, der die vielen religiös Irrsinnigen im Land des Weltbeherrschers davor warnt, daß die sogleich gezeigten Ereignisse nicht genau der Geschichte in der Bibel entsprechen. Das glaubt man sofort. Die ultraorthodoxen Fanatiker in Amerika sind ja auch gegen "Noah", weil der Film angeblich die Evolutionstheorie vertritt, an die sie ja nicht glauben. Den Rest des Publikums hielt das allerdings nicht davon ab, den Streifen gleich einmal auf Platz eins der US-Kinocharts zu befördern.

Und das hat "Noah" auch verdient, weil er halt einer der Filme ist, die man gesehen haben muß. Nicht nur wegen Regisseur Aaronofsky, der als Jude und Atheist trotzdem fand, daß die Geschichte des Mannes mit der Arche eine unglaublich spannende Story ist, die unbedingt auf der Leinwand erzählt gehört. Auch nicht nur wegen der phantastischen Besetzung - von Russell Crowe als Titelheld über Ray Winstone (den britischen Berufsbastard) als Gegenspieler bis hin zur stets wunderbaren Jennifer Connelly, die Noahs Frau gibt und sich wundert, was der Typ mit den vielen Tieren will ... Nein, der wahre Grund ist, daß Aaronofsky schon oft gezeigt hat, daß er a man with a vision ist; man denke nur an "Pi", "Requiem for a Dream" und "The Wrestler". Und daß die Special-Effects-Abteilung nun technisch auch endlich so weit ist, daß der Regisseur diese Vision realisieren kann: einen Endzeit-Katastrophenfilm mit Fantasy-Elementen (die Bibel, wir erinnern uns) und phantastischer Optik.

Übrigens: Ein paar "fortschrittliche" Cineastenkritiker sind auch gegen den Film. Und in etlichen islamischen Ländern wurde er überhaupt gleich verboten. Kann also nur gut sein ... (PH)

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Viva la libertà

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Filmstart: 4. April


Eine Satire auf die politischen Zustände in unserem südlichen Nachbarland? Die müßte sich doch quasi von selbst schreiben bzw. inszenieren - sollte man meinen. Diese Komödie beweist leider das Gegenteil. Schon die Ausgangsposition ist allzu simpel gestrickt: Der ausgebrannte Spitzenpolitiker einer nicht näher bezeichneten italienischen Linkspartei zieht sich ins Privatleben zurück, um seinem äußerlich identischen Zwillingsbruder Platz zu machen. Der ist der liebenswürdig philosophierende Insasse einer psychiatrischen Anstalt und - wer wollte daran zweifeln? - macht seine Sache bald besser als das Original. Mit Aufrufen zur Ehrlichkeit und einem effektvoll zitierten Brecht-Gedicht bringt er seine Partei in den Umfragen rasch auf Favoritenhöhe. Das alles ist so bieder und vorhersehbar erfunden und überdies von Roberto Andòs so behäbig inszeniert, daß es schon der Darstellungskunst des grandiosen Toni Servillo ("La grande bellezza") in der Doppelrolle bedarf, um dem Film wenigstens einiges Interesse zu sichern. Nanni Morettis viel geschmähte Berlusconi-Satire "Il caimano" war da vor acht Jahren schon viel weiter. Italiens Kino ist von seiner Glanzzeit wirklich weit entfernt.  (HL)

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Auge um Auge

(Out of the Furnace)

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Filmstart: 4. April 2014

 

Braddock, diese beschauliche Kleinstadt im ländlichen Pennsylvania, lebte immer vom Stahl und ehrlicher, harter Arbeit. Doch der Niedergang der amerikanischen Schwerindustrie hat auch dort seine Spuren hinterlassen - in den Menschen und in ihren Leben. Als der Irak-Soldat Rodney (Casey Affleck) in seinen Heimatort zurückkehrt, weiß er, daß er nicht wie sein älterer Bruder Russell (Christian Bale) im Stahlwerk schuften will. Er hofft, mit Sport- und Pferdewetten schnell reich zu werden; stattdessen häuft er aber beim örtlichen Buchmacher lediglich immer höhere Schulden an. Um die zu begleichen, läßt er sich schließlich auf einen verhängnisvollen Deal ein. Mit "Auge um Auge" inszenierte "Crazy Heart"-Regisseur Scott Cooper eine dichte, sich nur langsam entwickelnde Familiengeschichte über ein ungleiches Brüderpaar, das trotz aller Unterschiede auf das Engste miteinander verbunden ist. Dabei kann sein Film nicht zuletzt als geradliniger, stilvoll photographierter Provinz-Thriller überzeugen. Hinzu kommt eine großartige Besetzung aus Oscar-Preisträgern und Nominierten, unter denen wieder einmal der völlig in seiner Rolle aufgehende Christian Bale herausragt. Untermalt von einem kargen Soundtrack und alten Pearl-Jam-Songs steuert Coopers aufwühlender Genrezwitter unausweichlich auf seine namensgebende Konklusion zu. (MWe)

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Sabotage

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Filmstart: 11. April

 

Wir mögen Arnold Schwarzenegger. Und deswegen freuen wir uns auch, daß er die grausliche Politik hinter sich gelassen hat (in Kalifornien ist jetzt Jerry Brown Gouverneur - und über den sangen die Dead Kennedys schon vor vielen Jahren: "Zen fascists will control you, 100 % natural, you will jog for the master race, and always wear the happy face") und durch die Schwängerung einer Hausangestellten auch den Klauen des Kennedy-Clans entkommen ist. Jetzt kann er endlich wieder Action-Filme drehen, am besten gleich solche wie in den 80er Jahren, als er mit Filmen wie "Der City-Hai" und "Das Phantom-Kommando" begeisterte. Gut, Arnold geht auf die siebzig zu, aber was er immer noch draufhat, davon können viele Jüngere nur träumen. Und der Durchbruch ins "seriöse" Fach (den er eh nie wollte) wird ihm wahrscheinlich nie gelingen ...

Daher tut Schwarzenegger unter der Regie von David ("End of Watch") Ayer das, was er am besten kann: Er gibt einen harten Hund, der eine Truppe von Elite-Agenten der DEA (das ist der Verein, der den idiotischen "war against drugs" für amerikanische Politiker ausfechten darf, damit sie sich weiter von Rauschgiftgroßhändlern mit Unmengen Dollars bestechen lassen können) anführt. Die Agenten beschlagnahmen bei einer erfolgreichen Razzia gegen das mexikanische Kartell ordentlich Geld und bringen 10 Millionen für sich selbst auf die Seite. Doch dann fliegt der Schwindel auf, die Beamten werden suspendiert – und das Kartell nimmt Rache. Dummerweise nicht nur an Schwarzeneggers Kollegen, sondern auch an seiner Familie. Und sowas ist ein Todesurteil, wie jeder Freund des gepflegten Aktionsstreifens weiß.

Weiter so, Arnie, wir sind bei dir! (PH)

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Snowpiercer

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Filmstart: 25. April

 

Nichts für ungut, Hollywood, aber was futuristische Endzeit-Thriller angeht, kannst du von Südkorea noch einiges lernen. In der atemberaubenden Comic-Verfilmung "Snowpiercer" rast der letzte Zug der Menschheit durch eine lebensfeindlich vergletscherte Welt; an Bord ein Querschnitt durch sämtliche sozialen Schichten, vom unterdrückten Proletariat in den hinteren Waggons bis zu dekadenten Genießern in den vorderen Luxuswagen, Obstplantagen und Saunaräume inklusive. Als sich die Unterdrückten zur Revolte entschließen und gegen den wütenden Widerstand bewaffneter Zugpolizisten nach vorne durchkämpfen, kommen die Verhältnisse ins Rutschen - mit für alle Beteiligten unerwarteten Ergebnissen. Schwer zu sagen, was man da zuerst rühmen soll: die Intelligenz, mit der die absurde Ausgangsposition im Lauf der Handlung plausibel erklärt wird; die Mischung aus bösem Witz und State-of-the-Art-Action, mit der der koreanische Regisseur Bong Joon-ho ("The Host", "Mother") sein Publikum bei der Stange hält; die bis in kleinste Chargen prominente Besetzung (Chris Evans, John Hurt, Ed Harris!, Tilda Swinton mit dicker Brille und Horror-Frisur!!), die mit furioser Lust bei der Sache ist; oder die Ambivalenz zwischen "Realismus" und Parabel, die das filmische Ergebnis charakterisiert. Daß US-Producer Harvey Weinstein den Film ursprünglich zu komplex für das Mainstream-Publikum fand und ihn radikal kürzen wollte, spricht Bände über den heutigen (Zu-)Stand der Filmindustrie.

"Snowpiercer" ist jedenfalls mit Sicherheit der originellste Science-Fiction-Film seit "12 Monkeys", wenn nicht seit "Brazil". (HL)

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Transcendence

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Filmstart: 25. April 2014

 

Alles andere als unwahrscheinlich, daß er sich da für seinen ersten eigenen Film doch einiges abgeschaut hat, dieser Wally Pfister - besonders freilich von seinem Langzeitkollaborateur Christopher Nolan, dessen nahezu komplette Filmographie von "Memento" bis zur "Batman"/"Dark Knight"-Trilogie er als DOP/Kameramann in meist meisterlichen Bildern festgehalten hat. Sein Regiedebüt "Transcendence", in dem ein genialer Wissenschafter (Johnny Depp) nach seinem Ableben mit einem Superrechner kurzgeschlossen wird, atmet jedenfalls eindeutig den Geist von Nolans Gscheiterl-Science-Fiction-Elaborat "Inception" - und, so fair muß man sein, auch ein wenig jenen von Stephen Kings "Rasenmähermann". Falls das Leinwandexperiment dennoch fehlschlagen sollte, bleibt als Trostpflaster (neben der vermuteten cinematographischen Brillianz) zumindest die Erkenntnis, daß Johnny Depp abseits seines gemeinhin via Autopilot runtergespielten Zausel-Freaks auch immer noch andere Rollen draufhaben könnte, wenn er denn wollte. (CP)

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Außerdem im Lichtspieltheater


Wer gerne wieder einmal einen Walkabout durchs australische Outback unternehmen will, begleitet am besten Mia Wasikowska in John Currans Spuren. Wem die Wartezeit auf den nächsten Eintrag zu "The Hunger Games" noch zu lange dauert, der sollte sich lieber Veronica Roths Romanvorlage zu Neil "The Illusionist" Burgers Divergent gönnen, anstatt seine Zeit mit der Verfilmung zu verplempern. Was das Reboot-Sequel The Amazing Spider-Man 2 - Rise of Electro zu bieten hat, erfahren wir in Kürze. Und warum Background-Sängerinnen und -sänger meist voller Freude im Schatten bleiben, erzählen sie uns in 20 Feet from Stardom.

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Filmreihe Alejandro Jodorowsky

Filmcasino, Wien, 6. bis 20. April


Alejandro Jodorowsky galt als Verherrlicher körperlicher Gewalt und war das Liebkind von John Lennon. Er ist überzeugter Eso-Freak und spricht auch jene an, die bei Wörtern wie "Wellness" oder "Castaneda" Ganzkörpersausen kriegen. Er macht Fantasy und punktet bei denen, die Elfen und Trolle am liebsten auf den Mond schießen möchten. Lesen Sie Thomas Fröhlichs EVOLVER-Beitrag "Guns´n´Roses" und stellen Sie sich damit auf die Jodorowsky-Retrospektive im Wiener Filmcasino ein.

 

So., 6. 4., 13 Uhr: Fando y Lis

So., 13. 4., 13 Uhr: El Topo

So., 20. 4., 13 Uhr: Montana Sacra

 

Sollten Sie es terminlich einfach nicht schaffen, empfehlen wir Ihnen an dieser Stelle die Jodorowsky-Collection (DVD und Blu-ray) aus dem Hause Bildstörung.

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Kommentare_

HL - 07.04.2014 : 16.37
Ein paar Differenzierungen darf auch ein „fortschrittlicher Cineastenkritiker“ (gibt’s auch rückschrittliche?) vornehmen. Natürlich hat „Noah“ seine Momente, Darren Aaronofsky ist schließlich kein flacher Kopf. Vor allem die Unbekümmertheit, mit der der Regisseur von „Black Swan“ auch hier wieder alle Grenzen des Kitsches und des so genannten „guten Geschmacks“ überschreitet, ringt Respekt ab. Da genügt es nicht, wenn sich zum Happy End die neue Menschheits-Urfamilie in einem grünenden Tal gruppiert, da folgt dann noch ein Schwenk in den Himmel, in dem sich konzentrische Kreise in allen Regenbogenfarben bilden, so viel Effekt muss sein! A propos Effekte: Die sind für einen Blockbuster des Jahres 2014 eher mäßig geraten, vor allem das (hier natürlich prominent auftretende) Wasser schaut immer wieder aus wie aus dem Computer und nicht wie aus der Regenwolke. Mein Haupteinwand ist indes dramaturgischer Natur: Der Film verschenkt das einzige Suspense-Motiv, das die alt bekannte Story hergibt, nämlich: Schafft es Noah, seine Arche rechtzeitig vor der Flutwelle fertig zu bauen? Das wird hier nicht einmal thematisiert, stattdessen helfen dem guten Mann seine (lachhaft designten) Steinmonster beim Holzhacken und hastsusnichtgesehen ist das Riesenschiff auch schon fertig. Unverständlich und unverzeihlich. Auf der Habenseite ist immerhin Russel Crowe zu verbuchen, der den Titelhelden mit jener dumpf brütenden Aggression ausstattet, die schon seinem „Gladiator“ zu faszinierendem Leinwandleben verholfen hatte. Der Rest des Ensembles kann da nicht mithalten, vor allem Anthony Hopkins ist als Methusalem krass unterfordert. In Summe ein Bibelschinken mit unbestreitbar originellem Look, aber auch ebenso unbestreitbaren Schwächen. (HL)

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