Maria, ihm schmeckt´s nicht!
ØØØ 1/2
D/I 2009
96 Min.
Regie: Neele Leana Vollmar
Darsteller: Christian Ulmen, Mina Tander, Lino Banfi u. a.
In der süditalienischen Provinz begegnet Christian Ulmens verweichlichter Bräutigam mediterraner Gastfreundschaft und einer Familie im permanenten Ausnahmezustand. Die Verfilmung von Jan Weilers Bestseller ist leichtes Sommerkino und Culture-Clash-Komödie zugleich. 05.08.2009
Der Italiener: familia, amore, mangiare. So würde ein Büro-Philosoph wie Bernd Stromberg vermutlich den Italiener und dessen Einstellung zum "la dolce vita" mit wenigen Worten beschreiben. Und obwohl sich diese zugegeben verkürzte Sichtweise zunächst stark nach einer Aneinanderreihung bekannter Urlaubsklischees anhört, läßt sich doch viel Wahres in ihr entdecken. Sogar sehr viel. Diese Erfahrung mußte nicht nur der deutsche Schriftsteller Jan Weiler machen, dessen familiärer Erfahrungsbericht unter dem Titel "Maria, ihm schmeckt´s nicht!" monatelang in den Bestellerlisten zu finden war - auch der Autor dieser Zeilen kann aus eigener Anschauung und guten Gewissens behaupten: Bernd Stromberg hat Recht!
Für Weilers Alter ego Jan (Christian Ulmen) ist Sara (Mina Tander) die Liebe seines Lebens. Klar, daß da das Thema Hochzeit irgendwann zur Sprache kommt. Jan möchte eine Feier im kleinen Kreis. Kirchlich heiraten kommt für ihn nicht in Frage, das Ereignis soll möglichst frei von jedwedem Hochzeitskitsch sein. Doch Jan hat die Rechnung ohne seinen zukünftigen Schwiegervater gemacht. Antonio (Lino Banfi) ist nicht nur ein stolzer Italiener, der bevorzugt vom heimischen Wohnzimmersessel aus regiert, sondern weiß auch schon ganz genau, wie die Hochzeit seiner einzigen Tochter im Detail ablaufen soll. Selbstverständlich wird kirchlich geheiratet, selbstverständlich ist dazu die gesamte Familie eingeladen – und die ist bisweilen größer, als man denkt –, und selbstverständlich findet die Trauung in Italien statt! Wo denn sonst?
Italien ist ja schön und gut, im Fall von Jan und Sara bedeutet das allerdings nicht Rom, Venedig oder die Toskana: Antonios Italien trägt den Namen Campobello. Dahinter verbirgt sich ein kleiner, sehr verschlafener Ort im Süden des Landes, an den sich Touristen höchstens alle zehn Jahre einmal verirren und wo jeder jeden kennt (und mit ihm auch verwandt zu sein scheint). Auch wenn Antonios Familie die Verwandten aus Deutschland nicht bereits sehnsüchtig erwartet hätte, der blasse "tedesco" wäre dort vermutlich auch ansonsten nicht lange unentdeckt geblieben. Der resoluten Art seiner zukünftigen italienischen Verwandtschaft hat Jan indes nur wenig entgegenzusetzen. Bereits mit der Ankunft beginnt für ihn eine mehr als turbulente Woche, die Jan schon bald an seinen Heiratsplänen zweifeln läßt.
Daß die Zusammenführung zweier Kulturkreise nicht immer reibungslos vonstatten geht, ist sicherlich keine Erkenntnis, mit der Weiler Anspruch auf einen Originalitätspreis erheben kann. In einzelnen Episoden nähert er sich vielmehr länderübergreifenden Vorurteilen, Klischees und Mißverständnissen, die er größtenteils ganz bewußt als Tatsachen enttarnt. Vermutlich wird ihm niemand glauben, daß so jemand wie Antonio mit seinen durch und durch italienischen Gesten, seiner Artikulation und seinen seltsamen Ansichten tatsächlich existiert. Auch ich hätte gedacht, daß Weiler maßlos übertreibt. Dann jedoch lernte ich "meine" Sara kennen und wurde prompt eines Besseren belehrt.
Im Gegensatz zur episodenhaften Vorlage wandelt der Film wiederum recht geradlinig auf den Spuren einer turbulenten Culture-Clash-Komödie, die glücklicherweise mehr auf charmante Gags und liebevolle Beobachtungen bestimmter Eigenarten als auf allzu platte Schenkelklopfer setzt. Viele Situationen wie das erste Abendessen im Campobello oder der einer Völkerwanderung ähnliche Familienausflug an den Strand spielen dann auch genüßlich mit deutsch-italienischen Differenzen. Dabei muß sich niemand, sei er nun Deutscher oder Italiener, wirklich angegriffen fühlen. Letztlich versteckt sich hinter all dem Unverständnis über Antonio und dessen Sippe ohnehin eine ehrliche Bewunderung für einen Lebenslauf, der so manche Entbehrung und Demütigung aushalten mußte. Daß Antonios Gastarbeiterschicksal nur als verblaßte Randnotiz im allgemeinen Hochzeitstrubel vorkommt, mag man Weiler und seinem Mitautor Daniel Speck einerseits als Oberflächlichkeit auslegen; andererseits liegt der Fokus der Geschichte erkennbar auf Jan und seinem Versuch, sich in einer für ihn gänzlich fremden Welt nach Möglichkeit zurechtzufinden.
Christian Ulmen war nach Weilers Bekunden von Anfang an seine Wunschbesetzung. In der Tat kann man sich bereits nach wenigen Szenen keinen anderen Schauspieler in der Rolle des fremdelnden, heillos überforderten Schwiegersohns vorstellen. Ulmen bringt etwas Unbeholfenes mit, das für Jan so charakteristisch ist wie für dessen Schwiegervater in spe das Tragen eines weißen Feinripp-Unterhemds. Grundsätzlich sollte Ulmens Wandlungsfähigkeit nach mehreren Filmprojekten und seinem inzwischen ins Netz abgewanderten Comedy-Format längst unbestritten sein. Ein echter Coup gelang den Produzenten jedoch mit der Verpflichtung von Italiens Nationalhelden Lino Banfi. Der 72jährige Komödien-Star gestikuliert sich auf unnachahmliche Weise durch den gesamten Film. Sein südländisches Temperament und Einfühlungsvermögen sind die versteckten Spezialeffekte dieses über weite Strecken äußerst kurzweiligen Italien-Trips, der uns und Jan beweist, daß letztlich alle Wege nach Campobello führen. Flucht zwecklos.
Maria, ihm schmeckt´s nicht!
ØØØ 1/2
D/I 2009
96 Min.
Regie: Neele Leana Vollmar
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Danke für die Empfehlung!