Kino_Film-Tips Dezember 2015

Keinen Kopf fürs Kino

Kommt Keanu ins Kino, dann bleiben Sie lieber allein zu Haus. Stellen Sie sich dortselbst vor, es herrscht Krieg zwischen den Sternen - und alle gehen hin. Nur Sherlock nicht, der grübelt daheim über alte Fälle nach, träumt von zarten Lesben, Seefahrergeschichten und dem Krampus. Oder auch nicht. Man kommt ja ganz durcheinander im Dezember-Kino ...    09.12.2015

EVOLVER-Redaktion

Krampus

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Filmstart: 3. Dezember 2015

 

Um Gottes willen, jetzt haben wir den Starttermin von "Krampus" verpaßt! Nein, war nur ein Scherz - wenn man diese Horrorkomödie (ein Genre, das bisher nicht viel Gutes hervorgebracht hat) versäumt, ist das wirklich nicht schlimm. Schließlich hat in Zeiten wie diesen ohnehin kaum wer einen Kopf fürs Kino. Und für den Krampus schon gar nicht ... der darf ja in unseren Breiten kaum mehr in den Kindergärten und vor den Wohnungstüren auftauchen, weil sonst die armen Sprößlinge traumatisiert werden könnten. (Daß es die saudummen, übervorsichtigen Eltern sind, die den kleinen "Hab´ sowieso alles schon gesehen"-Smartphone-Junkies die schwersten traumatischen Schäden zufügen, verschweigt die Chronik ja leider meistens.) Der Nikolo hat es ebenfalls nicht leicht, und die Perchten, die durch Alpendörfer rennen, schon gar nicht - auch sie sind von Verboten bedroht, weil Zeitreisende aus dem Mittelalter da sind, die sich dadurch provoziert fühlen könnten. Aber ins Kino gehen und Blut-und-Beuschl-Filme anschauen (wenn die nicht eh schon am Smartphone spielen)!

Aber egal: "Krampus", the movie, ist jedenfalls ein netter kleiner B-Film, in dem eh viel weniger geblutet und gebeuschelt wird, als man annehmen möchte, und wo der Nikolobegleiter - typisch amerikanisch - völlig falsch verstanden wird und zu Weihnachten auftaucht. Als Dämon aus der Hölle, der einer zerstrittenen Vorstadt-Kleinfamilie, bei der noch dazu am frohen Festtag der Strom ausfällt, das Leben noch schwerer macht. Er will alle bestrafen, die seiner Ansicht nach "unartig" waren. Und das ist auch schon die ganze Geschichte. Man kann ruhig abwarten, bis der Streifen (Regie: Michael Dougherty; Schauspielkräfte: Adam Scott, Toni Collette) aufs Handy kommt ...  (ph)

 

Im Herzen der See

(In the Heart of the Sea)

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Filmstart: 4. Dezember 2015

 

Die See rauscht auf, doch das Feuilleton bleibt gelassen. Für den jüngsten Film von Hollywood-Tausendsassa Ron Howard setzte es eher mäßige Kritiken, doch das sollte niemanden abschrecken. He, Leute, das ist wieder ein richtiger und richtig guter altmodischer Abenteuerfilm, wie ihn das auf Nummer sicher gehende US-Filmbusineß schon lange nicht mehr hervorgebracht hat! Es geht gleichsam um die Geschichte hinter "Moby Dick", also um jenes Drama, das sich am 20. November 1820 "im Herzen der See" abgespielt und den Roman inspiriert haben soll: die Versenkung des US-Walfangschiffs "Essex" durch einen riesigen Pottwal. Herman Melville hat daraus sein philosophisches und literarisches Meisterwerk geformt, an das dieser Film natürlich ebenso wenig heranreicht wie sämtliche "echte" Verfilmungen von "Moby Dick", auch die von John Huston. Trotzdem hat Howards Paraphrase alles, was ein solches Meeresabenteuer braucht: stürmischen Seegang, jede Menge Konflikte an Bord, Schiffbruch, Seenot bis zum Kannibalismus etc. pp., alles eingebettet in eine klassische Rückblenden-Dramaturgie und inszeniert in dem lakonischen Realismus, den sonst nur Clint Eastwood beherrscht. In kurzen Zwischenschnitten verdeutlicht Howard, wie es funktioniert, ein Segel zu setzen - und wenn sich ein Schiffsjunge in 3-D ins Innere eines erlegten Wals begibt, dann meint man im Kinosaal den Gestank zu riechen. Die Besetzung ist bis in kleinste Nebenrollen vom Feinsten; kurz: Wer das verpaßt, ist selber schuld.  (HL)

 

Star Wars VII - Das Erwachen der Macht

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Filmstart: 17. Dezember 2015

 

J. J. Abrams, Regisseur und älter gewordenes Wunderkind, sagte vor kurzem in einem Interview, daß echte "Star Wars"-Fans von seiner Inszenierung des siebenten Teils der Sternensaga eventuell enttäuscht sein könnten. Weil: "Wie kann etwas solchen Erwartungen gerecht werden? Nichts kann an die Magie eines George Lucas heranreichen."

Schlechte Aussichten also? Aber nein - eher schon ein Fall falscher Bescheidenheit. Erstens ist Abrams ja sowieso der Fanboy par excellence, der auch schon das "Star Trek"-Franchise halbwegs erfolgreich wiederbelebt hat (geschickter Schachzug übrigens, über ihn diese einst verfeindeten Lager zusammenzubringen), und zweitens: Wer die "Star Wars"-Machwerke 4-6 - also laut Chronologie 1-3, aber ist ja auch wurscht - überstanden hat, der kann nicht mehr richtig enttäuscht werden.

Daher also jetzt Nr. 7 des wahrscheinlich erfolgreichsten Science-Fiction-Epos aller Zeiten, des Weltraummärchens, das ganze Generationen in seinen Bann gezogen hat ... und dem andere Generationen eher achselzuckend gegenüberstehen. Die Vorberichterstattung war umfassend, die Trailer wurden von Fantastilliarden Lebewesen im galaxisweiten Internet bestaunt, die alten Stars dürfen auch wieder dabei sein, während neue Schauspieler die Geldmaschine neu beleben (mit vielen neuen Romanen, Comics etc. - wobei die neue continuity viel vom älteren Merchandise "ungültig" macht). Und erst die Handlung! Wie bitte, die Handlung? Sprechen wir hier nicht von "Star Wars"? Ah ja, genau: Rebellen gegen das böse System. Die sieben Zwerge gegen den bösen Zauberer, in einer Galaxis, weit weit weg ... usw. usf. Die Show geht weiter.  (ph)

 

Carol

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Filmstart: 18. Dezember 2015

 

Die Liebesgeschichte zwischen einer kleinen Warenhausverkäuferin und einer eleganten, unglücklich verheirateten Frau schien Anfang der 50er Jahre so skandalträchtig, daß die später berühmte Thriller-Autorin Patricia Highsmith sie zunächst nur unter Pseudonym veröffentlichte. Ein Skandal ist derlei heute natürlich nicht mehr, und so konzentriert sich Melo-Spezialist Todd Haynes klugerweise ganz darauf, die lesbische Love-Story in ihrer Handlungszeit zu verorten. In zarten Pastelltönen gleiten da chromblitzende Straßenkreuzer vorüber, die Farben der Kostüme sind ebenso gedämpft wie der Ton der Dialoge, und noch die wenigen Spannungselemente, die das Buch bereitgehalten hätte - das Liebespaar wird von einem Privatdetektiv verfolgt - dimmt Haynes zum Kammerspiel herunter. Das mag man, wie das Premierenpublikum der heurigen "Viennale"-Eröffnung, eher langweilig finden, darf es aber auch durchaus als Musterbeispiel einer gelungenen Literaturverfilmung rühmen. Ein schöner Coup gelingt Haynes ganz zum Schluß: Da zeigt er eine Szene gleich zweimal, einmal "von außen" und dann im Wissen um die wahre Geschichte hinter dem banalen Vorgang. Das hat schon David Lean in seinem grandiosen Melodram "Brief Encounter" vorgeführt, und es funktioniert noch immer. Es geht um nichts anderes als um einen stummen Blickwechsel. Er wird zwei Schicksale für immer verändern.  (HL)

 

Mr. Holmes

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Filmstart: 25. Dezember 2015

 

Ebenfalls aus der Zeit genommen - was gar nichts Schlechtes ist, wie man immer öfter feststellen muß - ist "Mr. Holmes", in dem Ian "Gandalf-Magneto" McKellen den alternden Meisterdetektiv gibt, der mit 93 Jahren in seinem Landhaus in Sussex dem Ende entgegendämmert, mehr und mehr von seinen erstaunlichen kognitiven Gaben in Stich gelassen wird und Bienen züchtet. Dr. Watson hat er auch nicht mehr, der ist längst aus seinem Leben verschwunden, und über all das, was in Büchern und Filmen von ihm berichtet wird, kann Sherlock nur den Kopf schütteln. Doch es gibt einen jahrzehntealten Fall, der ihn nicht losläßt; einen Fall, der natürlich mit einer wunderschönen Frau zu tun hatte ... und dieses Rätsel will Mr. Holmes nun lösen, obwohl das schwindende Gedächtnis es seinen deduktiven Fähigkeiten nicht leichter macht. Als McKellen das letzte Mal mit Regisseur Bill Condon zusammenarbeitete, entstand dabei der großartige Film "Gods and Monsters" - auch diesmal darf man also mit inszenatorischer und schauspielerischer Qualität rechnen. Action-Fans schauen sich halt stattdessen was anderes an.  (ph)

 

Knock Knock

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Filmstart: 31. Dezember 2015

 

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle ein paar Worte über Eli Roth zu verlieren: Eli Roth ist ein Unglück. Normalerweise sollte man Menschen ja nicht nach ihren Freunden beurteilen, aber in diesem Fall ist es gerechtfertigt - Roth ist nämlich sehr gut mit Tintin Quarantino befreundet, und das sagt schon sehr viel über seinen filmischen Geschmack und seine Fähigkeiten aus. Die liegen nämlich beide so um die Null-Prozent-Grenze. Eli durfte im dummen Machwerk "Inglourious Basterds" seines plagiatorisch hochaktiven Haberers mitwirken, legte mit "Hostel" einst einen halbwegs brauchbaren Horrorstreifen vor ("Hostel 2" war besser, saudeppert ist die ganze Serie trotzdem) und lebt seither von seinem Ruf, wie weiland Clive Barker, von dem auch nichts mehr Gutes zu erwarten ist.

Genau diese Erwartung erfüllt Eli Roth dann auch mit seinem neuen Streifen "Knock Knock", der zu Silvester startet, damit Kinobesuchern gleich auch das neue Jahr versaut wird. Der Plot ist purer Illustriertenstoff: Mr. Ahnungslos-"Bitte, in welchem Film spiele ich gerade mit und warum schau´ ich immer gleich verwirrt drein?"-Keanu-Reeves gibt den Architekten und Familienvater (Möchten Sie in einem Haus wohnen, das Keanu entworfen hat? Hätten Sie Keanu gern als Familienmitglied? Denken Sie darüber einmal nach!), der am Wochenende durcharbeiten muß und die Sippschaft daher alleine an den Strand schickt. Doch ein Sturm kommt auf - welch Wahnsinnsidee! -, es läutet an der Tür, zwei durchnäßte Gören stehen draußen und verführen den hilfsbereiten Keanu (Kämen Sie jemals auf die Idee ... nein, lassen wir das). ABER so geht´s natürlich nicht, gell? Und schon erweisen sich die beiden Weibsen als Terrorbambis, die dem armen Schauspieler, der sich sowieso nicht auskennt, das Leben zur Hölle machen. Zur Hölle - wie denn? Naja, weil er halt in einem Eli-Roth-Film mitspielen muß; sogar ein Keanu Reeves begreift irgendwann, daß das eine schlechte Idee ist.

Schließen Sie Ihr Jahr positiver ab. Zum Beispiel mit einem Selbstmordversuch. Alles besser als Eli Roth.  (ph)

 

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