Kino_Kino-News KW 9/2005

Saufen und verstümmeln

Die Filme der Woche sind geprägt von Alkohol und Grausamkeiten. Nur der große Will Smith und der runde Kevin James haben etwas zu lachen.    04.03.2005

 

Klaus Hübner

The Grudge - Der Fluch

(The Grudge)


USA/Japan 2005

91 Min.

Regie: Takashi Shimizu

Darsteller: Sarah Michelle Gellar, Jason Behr, Bill Pullman u. a.

 

Sarah Michelle Gellar kämpft als Austauschstudentin in Tokyo gegen einen alten japanischen Dämon. Prinzipiell bietet das "The Grudge"-Remake keine schlechten Voraussetzungen, war doch Takashi Shimizu als Regisseur am Werk, von dem schon das japanische Original stammt. Und Buffy-Sarah erweist sich als veritable Scream Queen.

Aber wie schon bei "The Ring" ist es einfach nicht dasselbe: Einem japanischen Horrorfilm verzeiht man vieles, und diese Toleranz trägt entscheidend zum Vergnügen bei. Doch gilt das nicht für US-Verhältnisse, Hollywood-Budget allein ist zuwenig Innovation. Ach ja, "Ringu"-Kinovater Hideo Nakata führt übrigens beim demnächst startenden Hollywood-Sequel "The Ring 2" Regie. Sei ihm gegönnt.

 

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Die Viertelliterklasse


Ö 2005

91 Min.

Regie: Roland Düringer, Florian Kehrer

Darsteller: Roland Düringer, Eva Billisich, Murali Perumal u. a.

 

Roland Düringer spielt sein jüngstes Kabarettprogramm in Eigenregie (und in Co-Regie mit Florian Kehrer) auf Film. Vier Männer unterschiedlichen Schlages berichten von diversen Sauferlebnissen und entblößen Aspekte der österreichischen und menschlichen Seele; manchmal wird’s dabei auch richtig heftig. Düringer spielt die vier Hauptrollen selbst; wie immer ist er streckenweise genial, dann wird wieder mit pubertären Tendenzen geblödelt. Wahrscheinlich spricht er damit wirklich zu seinem gesamten Publikum, das bekannterweise sehr breit gefächert ist.

 

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Hitch – Der Date Doktor

(Hitch)


USA 2005

117 Min.

Regie: Andy Tennant

Darsteller: Will Smith, Eva Mendes, Kevin James u. a.

 

Hitch (Will Smith) ist der Mann, an den sich die Herren der Schöpfung wenden, wenn sie sich in eine Frau verknallt haben, die in einer völlig anderen Liga spielt. Er kennt die besten Kniffe, um wider alle Umstände doch bei der Unerreichbaren zu landen. Sein jüngster Fall ist der fette Albert (Kevin James, kennt man aus "King of Queens"). Albert ist zwar witzig und charmant, aber wiegt doppelt soviel, wie er sollte. Nicht zwingend stehen ausgemergelte Supermodels wie Allegra (Amber Valletta) nur auf ihresgleichen, aber Albert geht zur Sicherheit davon aus. Trotzdem kann er nicht aufhören, an Allegra zu denken und geht im logischen nächsten Schritt bei Hitch zur Schule. Der ist übrigens selbst Single, lernt dann aber die attraktive Reporterin Sara (Eva Mendes) kennen.

Ein witziges Thema, gute Schauspieler mit Witz – aber weil hier wieder alles im harmlosen US-Klamauk ertränkt wird, bleibt nichts über als Schmalz und ein paar Lacher.

 

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Moolaadé


Senegal/Frankreich 2004

120 Min.

Regie: Ousmane Sembène

Darsteller: Fatoumata Coulibaly, Salimata Traoré, Maimouna Helene Diarra u. a.

 

Bei der letzten Viennale war Ousmane Sembène, einem ehemaligen Widerstandskämpfer, der heute Afrikas international erfolgreichster Filmemacher ist, ein Schwerpunkt gewidmet - auch "Moolaadé" war zu sehen. Etwaige Bildungslücken lassen sich jetzt im Kino nachfüllen: Sembène greift in dieser Doku ein in jüngster Zeit immer stärker auch in Europa diskutiertes Thema auf - die Frauenbeschneidung, eine in manchen Teilen Afrikas praktizierte genitale Verstümmelung, bei der die Klitoris entfernt wird, oft im Familienverbund unter skandalösen Hygiene-Bedingungen. Meist sind es die älteren Frauen, die diese Tradition aus- und fortführen.

 

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Whisky


Uruguay 2003

94 Min.

Regie: Juan Pablo Rebella, Pablo Stoll

Darsteller: Andrés Pazos, Mirella Pascual, Jorge Bolani u. a.

 

Auch das ein Film der letzten Viennale: Jacobo ist Sockenfabrikant in Uruguay und seit Jahren einsam und unglücklich. Als sein Bruder Herman zu Besuch kommt, bittet Jacobo seine Langzeit-Vorarbeiterin Marta darum, für die Dauer des brüderlichen Aufenthalts seine Ehefrau zu spielen. Herman ist schließlich der familiäre "Gewinner": Er ist nach Brasilien gegangen, hat sich dort eine solide Existenz aufgebaut, und Jacobo will nicht als Verlierer dastehen. Als Herman das Schein-Ehepaar dann zu einer Tour in die - jetzt ausgestorbenen - Touristenorte an der Küste einlädt, willigt Jacobo ein. Eine schräge Reise steht bevor - mitten ins grausame Herz der Gewöhnlichkeit. Eher langsames Road-Movie.

 

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