Kino_Kino-News KW 31/2004

Nix zu lachen

Die Vielfilmer Joel und Ethan Coen mit einer Auftragsarbeit, Francis Veber will´s nochmal wissen, und der schreckliche Veit klotzt wieder mit einfältigem Hippie-Kitsch.    29.07.2004

 

Klaus Hübner

Ladykillers

(The Ladykillers)


USA 2004

104 Min.

Regie: Ethan Coen

Darsteller: Tom Hanks, Irma P. Hall, Marlon Wayans u. a.

 

Der alte britische Film mit Alec Guiness hält heute nicht mehr - er wäre, umgemünzt aufs Österreichische, ein Fall fürs Bellaria-Kino. Die Neuverfilmung ist ein typisches Coen-Werk, wenn auch nicht auf ihrem eigenen Mist gewachsen, sondern (erstmals in der Coen-Geschichte) von einem Hollywood-Producer ausgeheckt: Man muß mit dem passenden Fuß aufgestanden sein, um ihn zu mögen. Die Story vom Gentleman-Gauner (Hanks), der sich und seine Komplizentruppe (u. a. Marlon Wayans) als Retro-Kapelle bei einer alten Lady einmietet, um einen Tunnel zu einem Casinoschiff zu graben, ist simpler, geradliniger Komödienstoff. Die Details weichen bei den Coens wie immer vom Gewohnten ab. Alles ist sorgfältig photographiert, solide und stilsicher ausgeführt, aber es hat eben jenen überindividuellen Touch der Coens, der manchmal aufgeht, manchmal nicht – das geht soweit, daß man ein und denselben Coen-Film beim ersten Ansehen hassen kann, um sich dann beim zweiten Mal köstlich zu amüsieren und nicht mehr zu verstehen, warum einen das vorher so angekotzt hat. In Summe ist "Ladykillers" ein Sommerlochfüller, der dahinplätschert wie eine flache Sinuskurve. Perfektes Sonntagnachmittagsprogramm.

 

Links:

Ruby & Quentin - Der Killer und die Klette

(Tais-toi)


F 2003

85 Min.

Regie: Francis Veber

Darsteller: Gérard Depardieu, Jean Reno, André Dussollier u. a.

 

Ein patscherter Kleinganove (Deparadieu) trifft auf einen schweigsamen Profiverbrecher (Reno) - und verliebt sich, im familiären Sinn: Er will für sich und seinen neuen besten Freund ein besseres Leben aufbauen. Daraus entstehen vorprogrammierte Slapstick-Wirren, die Regisseur Veber schon einmal mit deutlich besserem Rhythmus und Struktur exerziert hat: Filme wie "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh" sind humorige Kindheitserinnerungen, die nunmehr aufgewärmt werden und nicht mehr ganz so gut wirken wie damals. Recht amüsant, wortwitzreich, ziemlich belanglos. Veber filmt seit 1969 nahezu ununterbrochen, aber einen eigenen Regiestil entwickelte er nie; seine Filme haben immer dieselbe mittelmäßige Masche.

 

Links:

Tor zum Himmel


D 2003

90 Min.

Regie: Veit Helmer

Darsteller: Valeri Nikolayev, Masumi Makhija, Miki Manojlovic u. a.

 

Ausländische Mitbürger arbeiten am Flughafen, und der Geruch der großen, weiten Welt löst in ihnen allerlei Träume aus. Eine Inderin will Stewardess werden und schleicht sich nachts zwecks Rollenspiel in Flugzeuge. Ein Russe, ein Asiate, ein Afrikaner ... haben wir noch was vergessen? .... sie alle träumen sich in Phantasiewelten, während sie ihre trockenen Hilfsdienste verrichten. Und Veit Helmer läßt sich um keine Tagtraumvisualisierung lumpen. Operettenhaft und naiv inszeniert er seine Phantasieergüsse, kindlich überromantisiert, künstlich, niemals ernsthaft surrealistisch, immer irgendwie übertrieben und unterm Strich doof. Der Mann machte den Film "Tuvalu" - und "Tor zum Himmel" ist um keinen Deut besser. Daran ändert die Drehbuchvorlage von Kusturica-Leibautor Gordan Mihic nichts. Der Film hat keine erkennbare Struktur, ist über weite Strecken zäh und langweilig. Gutmenschen-Hippie-Kitsch, realitätsfremd verklärt. Spätestens nach durchsessener Halbzeit erreicht man einen Zustand, der mit dem Warten auf einen verspäteten Abflug vergleichbar ist, und wünscht sich einen massiven Airport-Terroranschlag mit Bomben, Granaten und Maschinenpistolen herbei, bei dem die WEGA alles niedermetzelt.

 

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