Kino_Film-Tips 02/09

Klassenkämpfe & Kapitalverbrechen

Get ready to stumble: Mickey Rourke torkelt in seinen nicht mehr ganz besten Jahren immer noch durch den Ring, Clive Owen mittenhinein in eine Verschwörung und Philip Seymour Hoffman als Priester in eine Hetzkampagne.    11.02.2009

Christoph Prenner

The Wrestler

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"Don´t call it a comeback/I´ve been here for years", könnte man frei nach LL Cool J zum Wiederauftauchen von Mickey Rourke vermerken. Tatsächlich war der ja auch schon in den vergangenen Jahren wieder sehr präsent - in "Spun", "Once Upon A Time In Mexico" oder "Sin City". Trotzdem ist das sich schon im Titel selbsterklärende "The Wrestler" seit langer Zeit die erste richtige Hauptrolle des einst größten männlichen Filmstars. Eine letzte Chance vielleicht, die Rourke mit einem Nachdruck zu nützen weiß, der einen wortwörtlich niederstreckt. Da braucht man sich auch gar nicht besonders auf den allfälligen Parallelen zwischen Filmfigur und Darsteller aufzuhängen - allein die Wucht, mit der Darren Aronofsky hier nach seinem "The Fountain"-Flop sich und seinem Hauptdarsteller ein Monument setzt, sucht dieser Tage im "anspruchsvollen" Hollywood-Kino ihresgleichen. Lesen Sie dazu mehr in den diversen EVOLVER-Geschichten zum Thema.

 

Einschlagswahrscheinlichkeit: 90 %

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The International

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Dafür, daß Clive Owen letztendlich doch nicht der neue Bond wurde, sieht man ihn auffällig oft in Rollen, die jener des Spions Ihrer Majestät verblüffend ähneln - hervorgehoben sei hier etwa der wunderbare Blödsinn "Shoot ´Em Up". Deutlich ernster geht es da schon im heurigen Berlinale-Eröffnungsfilm "The International" zu, wenngleich Owen aber auch hier mehr oder weniger im Alleingang (als Interpol-Agent) rund um den Erdball die fiesen Machenschaften einer Riesenbank - wie zeitgemäß! - aufzudecken trachtet. Tom Tykwer läßt in seiner ersten US-Produktion wieder aufblitzen, warum er zu Deutschlands derzeit besten Filmemachern gezählt wird (über "Das Parfüm" hüllen wir den Mantel des Schweigens): "The International" ist ein in jeglicher Hinsicht ambitionierter Polit-Thriller, der Polit und Thrill nicht gegeneinander ausspielt, sondern schlüssig miteinander potenziert, als ob man die Paranoia-Thriller der Siebziger mit den für das Action-Kino der Nuller-Jahre essentiellen "Bourne"-Filmen kurzgeschlossen hätte. Und das New Yorker Guggenheim Museum wurde auch noch nie so gnadenlos in Schutt und Asche geschossen ...

 

Einschlagswahrscheinlichkeit: 80 %

 

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Frost/Nixon

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Oscar-trächtiges Rededuell, Teil eins: ein vom Wahl-Wiener Peter Morgan fürs Kino adaptiertes Broadway-Stück, das sich eines hierzulande vielleicht nicht mehr ganz so präsenten TV-Ereignisses der siebziger Jahre annimmt - jener Interview-Reihe, die ein eher windiger britischer TV-Moderator mit Richard Nixon nach dessen Rücktritt wegen der Watergate-Affäre führte. In den beiden Hauptrollen herausragend besetzt (mit der Original-Bühnenbesetzung) skizziert "Frost/Nixon" auch die detaillierte Vorarbeit zu den Konfrontationen, die der Ex-Präsident aus einer Geste der Überheblichkeit zuerst leichtfertig annimmt, um sich schließlich doch einige entscheidende Fehler zu erlauben, die sein Bild zumindest in der amerikanischen Öffentlichkeit nachhaltig geprägt haben dürften. Reichhaltiges Schauspielkino, das sicherstellt, daß Ron Howard eben doch noch mehr drauf hat als die Verfilmung von Dan-Brown-Schwarten.

 

Einschlagswahrscheinlichkeit: 80 %

 

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Glaubensfrage

(Doubt)

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Oscar-trächtiges Rededuell, Teil zwei: ebenfalls basierend auf einem Broadway-Stück, aber in diesem Fall ein schauspielerisches Duell zwischen Philip Seymour Hoffman und Meryl Streep - wobei zweitere als Ordensschwester ersterem als Priester das Leben schwer macht. Der Geistliche wird beschuldigt, eine etwas zu "intime" Beziehung mit einem Ordensschüler zu haben - freilich ohne jeden Beweis für die Anklage. Es ist dem von Buchautor John Patrick Shanley selbst umgesetzten Film, dessen Titel mit "Zweifel" (weil es um den von hinten bis vorne geht) übrigens besser übersetzt wäre, hoch anzurechnen, daß er zu keiner Minute eindeutig für eine der beiden Figuren Position bezieht und so den Zuseher in einer seltsamen (moralischen?) Ambivalenz zurückläßt, die man so im gegenwärtigen Hollywood-Kino nicht oft erlebt. Auch hier natürlich: reichhaltiges Schauspielkino, wenngleich auch etwas zu sehr dem Theater-Original (Dynamik entsteht rein aus den Dialogen) verhaftet.

 

Einschlagswahrscheinlichkeit: 75 %

 

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Freitag der 13.

(Friday the 13th)

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Auch das gibt es: Filme, die anscheinend einzig und allein aus dem Grund gefertigt werden, daß man sie an "originellen" Startterminen plazieren kann - zuletzt etwa im Falle von "Omen 666", der halbgaren "Omen"-Neuverfilmung, die einzig dafür geschaffen wurde, am 6. 6. 2006 ins Kino zu kommen. Einem ähnlichen Plan dürfte auch das Remake von "Freitag der 13." entsprungen sein, das notabene an eben jenem im Februar 2009 startet. Erwarten sollte man sich nicht nur angesichts des dürftigen Trailers und der Tatsache, daß der Streifen vorab der Presse nicht gezeigt wurde (etwas, das sonst nicht einmal bei Uwe-Boll-Filmen der Fall ist), wenig: In Szene gesetzt wurde das Remake ausgerechnet vom exildeutschen Videoclip-Macher Marcus Nispel, der auch schon die Neuauflage des "Texas Chainsaw Massacre" furchtbar vergeigt hat.

 

Einschlagswahrscheinlichkeit: 45 %

 

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Was sonst noch anläuft


Man On Wire

Doku-Rekonstruktion eines wahren Drahtseilaktes: Wie es dazu kam, daß ein wagemutiger Franzose 1974 zwischen den beiden Türmen des World Trade Center hin und her balancierte - ganze 30 Minuten, auf einem schmalen Seil, ohne Netz, doppelten Boden und behördliche Genehmigung. Auch der Zuschauer braucht für diesen atemberaubenden Balanceakt Nerven wie Drahtseile.

 

Underworld - Aufstand der Lykaner (Underworld: Rise Of The Lycans)

Vampire sind derzeit wieder schwer in filmischer Mode (von Teenie-Schmarren wie "Twilight" aufwärts). Was läge also näher, als das "Underworld"-Franchise noch einmal anzuwerfen? Was läge aber ferner, als dies ohne Stammregisseur und bisherige Hauptheldin zu tun? Gut möglich, daß man zu dem Thema bei "True Blood" oder "Let The Right One In" mittlerweile spannendere Aufarbeitungen findet.

 

96 Hours (Taken)

Liam Neeson im Dirty-Harry-Modus? Man hat sich schon besser amüsiert - selbst in der 17. Staffel von "24".

 

Milk

Wahrscheinlich der Oscar-Hauptkonkurrent für Mickey Rourke: Sean Penn als schwuler "Vorzeigepolitiker" Harvey Milk. Hat durch Gus Van Sant (Regie) und Harris Savides (Kamera) sicher was für sich - aber Penn hat eh schon einen Oscar für "Mystic River" kassiert. Wer wird denn so unbescheiden sein?

 

Der Ja-Sager (Yes Man)

Jim Carrey in einer High-Concept-Komödie? Nein, sowas gab es noch nie ... oder? Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Filmbesprechung.

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