Kino_Die Girls von St. Trinian

Anarchy in the UK

Chaos im britischen Mädcheninternat - unorthodoxe Erziehungsmethoden sind dort gang und gäbe. Doch die Schule steht kurz vor dem Bankrott, also hecken die widerspenstigen Gören einen Plan aus, um die Schließung des Instituts in letzter Sekunde zu verhindern.    19.09.2008

St. Trinian´s ist die berühmt-berüchtigte Outlaw-Schule Großbritanniens. Annabelle (Talulah Riley) ist dementsprechend not amused, als ihr Vater Carnaby (Rupert Everett) sie genau dorthin steckt. Schon die Optik des Anwesens erinnert eher an den "Shining"-Drehort als an eine Bildungsinstitution, doch richtig gruselig wird es erst, als sie die Bewohnerinnen kennenlernt. Die wilden Trinians machen ihrer neuen, spießigen Mitschülerin die Hölle heiß und spielen ihr üble Streiche. Von der verrückten Schulleiterin Camilla Fritton (ebenfalls Everett), die zugleich auch ihre Tante ist, kann Annabelle keine Hilfe erwarten. Die kiffende Lady mit Hasenzähnen hat ihre Mädchen weitgehend autonom erzogen - wenn das Wort "Erziehung" in diesem Kontext überhaupt verwendet werden kann. So muß sich Anabelle zwischen Emos, Geeks, Chavettes (Unterschichten-Mädchen in Jogging-Outfits) und Posh Totties (deren liebster Zeitvertreib es ist, sich durch die Royal Family zu schlafen) zurechtfinden. Das Brechen von Regeln gehört für die Trinians zum guten Ton, beim Hockeyspielen schlagen sie den Schiedsrichter bewußtlos, und auf die Frage der Krankenschwester, ob jemand Riechsalz dabei habe, entgegnet eines der Mädchen: "No, but I got poppers." Nachts verwandelt sich die Garage in eine Brennerei, wobei der hundertprozentige Wodka mit Vorsicht genossen werden muß, da er mitunter blind machen kann.

Bei soviel Laissez-faire hat die Schulleiterin Miss Fritton das Finanzielle aus den Augen verloren - und das kommt ihrer alten Flamme, dem Bildungsminister Geoffrey Thwaites (Colin Firth), gerade recht: Er will sich durch die Schließung des Schandflecks in seinem neuen Amt profilieren und damit vertuschen, daß er von einem Fettnäpfchen ins andere tappt. Vier Wochen hat Fritton Zeit, um 500.000 Pfund aufzutreiben und so zu verhindern, daß ihre Schule zusperren muß. Doch die Direktorin bleibt untätig und raucht erstmal einen Joint.

Die Mädchen bekommen Wind davon, daß ihre heile Welt der Anarchie einzustürzen droht - und sie wären keine waschechten Trinians, würden sie nicht etwas dagegen unternehmen. Daß das Geld auf illegalem Wege aufgetrieben werden muß, versteht sich von selbst. Also heckt Schulsprecherin Kelly (Gemma Arterton) einen Plan aus: Sie will das Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" aus der National Gallery stehlen, um es anschließend zu verkaufen. Als Ablenkungsmanöver nehmen die Posh Totties Chloe (Antonia Bernath), Chelsea (Tamsin Egerton) und Peaches (Amara Karan) bei der Fernsehsendung "School Challenge" teil, die im Museum aufgezeichnet wird. Nachdem sie anfangs noch regelbrechend as usual via Knopf im Ohr mit ihren Kolleginnen verbunden sind, um die Antworten zu erschummeln, kommt Thwaites bald dahinter und trennt die Verbindung. So sind die Posh Totties dazu gezwungen, sich von ihrem Dummchen-Image zu emanzipieren und - siehe da - es gelingt ihnen, ihr eigenes Wissen anzuzapfen. Brenzliger wird da schon der Coup, das Gemälde zu stehlen, da der Bildungsminister allmählich den Plan durchschaut ...

Die wild gewordenen Schulmädchen von St. Trinian sind keine neue Erfindung, sondern eine Adaption von Ronald Searles Cartoons aus den 40er Jahren, die in den Fünfzigern und Sechzigern bereits mehrmals verfilmt wurden. Die damaligen Mädchen rebellierten vor allem durch ihre Scheiß-drauf-Mentalität, rattenschwanztragend und rauchend. Da das heute kaum noch schockieren würde, haben die Regisseure fleißig recherchiert und versucht, die verschiedenen Cliquen britischer Teens auf die Leinwand zu bringen. Daß das sehr plakativ passiert ist, ist wahrscheinlich (hoffentlich!) Absicht. Doch die Geschichte vom Schulwettbewerb und der drohenden Schließung ist so fad, daß selbst die durchgeknalltesten Schulmädchen sie nicht aufpeppen können.

Der einzige Lichtblick: Rupert Everett in der Doppelrolle als Vater Carnaby und dessen Schwester, Schulleiterin Camilla Fritton. Man merkt, wieviel Spaß ihm die Transen-Rolle der verrückten Camilla in ihren pinken Trainingsanzügen bereitet hat. Sie ist eine wunderbare Parodie auf die Frau an der Seite von Prince Charles ("Don´t you think I make a remarkable queen?"). Ansonsten stecken viele Jungtalente in den Schuluniformen; unter anderem Gemma Arterton, die nicht nur die sexy Schulsprecherin mit überzogenem Selbstbewußtsein spielt, sondern auch das nächste Bond-Girl. In der kleinen Nebenrolle der PR-Expertin JJ ist "O. C. California"-Starlet Mischa Barton zu sehen. Der Film besticht durch viel britischen Humor und fetzigen Schnitt. Ob sich Zuseher abseits der Altersliga der Protagonistinnen allerdings dafür begeistern werden können, scheint mehr als fraglich.

Bettina Figl

Die Girls von St. Trinian

ØØ

(St. Trinian´s)

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GB 2007
100 Min.

Regie: Oliver Parker, Barnaby Thompson
Darsteller: Rupert Everett, Colin Firth, Lena Headey u. a.

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Kommentare_

anna - 04.10.2008 : 22.20
der film wr ur geil!!!aber die annabell sieht ja mit den locken soooo viel besser aus.

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