Kino_Der verbotene Schlüssel

Housebound mit Hudson

Goldie Hawns Tochter wandelt als Krankenpflegerin im vodoooverseuchten Lousiana auf den Spuren Mickey Rourkes - und bleibt samt Film im Sumpf stecken.    18.08.2005

Angewidert von der Routine in ihrem Pflegeheim beschließt die junge Krankenpflegerin Caroline (Kate Hudson) die Großstadt New Orleans zu verlassen und einen Job in der Provinz anzunehmen. Provinz heißt in der Gegend: nebelige Sümpfe, verwitterte Herrschaftshäuser, seltsame Riten und geheimnisvolle, blinde, alte, runzelige Mütter von schrankgroßen Tankwarten, die gerne kleine Mädchen erschrecken. Hinter den Tresen beginnt immer Voodoo-Land. Vor der Tür wird nicht gekehrt, da eine Linie roter Sand die Feinde draußen halten soll. Praktisch, so eine Sandbarriere, auch wenn sie nur sehr theoretisch funktioniert.

Der erste Arbeitstag ist für Caroline also alles andere als einfach, zudem sich die Herrin des Hauses, Violet (Gena Rowlands), als gefühlskalte Schreckschraube entpuppt, die gerne ihren Anwalt (Peter Sarsgaard) für sich sprechen läßt. Jener überredet die Pflegerin auch zum Bleiben. Man habe durch den herben Charme des Hausdrachens bereits die letzte Angestellte verloren. Der Pflegefall selbst, Violets Mann Ben (John Hurt), erlitt vor kurzem einen Schlaganfall und sitzt seither paralysiert in seinem Rollstuhl. Kate gelingt es in Folge trotzdem ein normales Arbeitsverhältnis zu etablieren. Doch irgendwas scheint im Haus nicht zu stimmen.

Es gibt keinerlei Spiegel, dafür einen abgeschlossenen Raum am Dachboden, der sich mit Kates Generalschlüssel (dem "Skeleton Key") nicht öffnen läßt. Auch Rollstuhlzombie Ben benimmt sich für einen Schlaganfallpatienten eher ungewöhnlich. Als er eines Nachts erfolglos versucht, über den Balkon abzuhauen (!), knackt Caroline das Schloß zum ominösen Raum, in dem sie Furchtbares befürchtet und auch prompt ekelige Voodoo-Devotionalien entdeckt. Sie stellt Violet zur Rede, die ihr daraufhin die grausliche Vorgeschichte des Hauses erzählt.

 

In jenem lebte vor vielen Jahren Papa Justify. Der Hausdiener war nebenbei noch regionaler Voodoomeister und nahm auf Langspielplatten so manchen "Teufel komm raus"-Hit auf. Bei einer Feier verschwand er mit zwei Kindern und seiner Assistentin Mama Cynthia auf dem Dachboden, um ein bißchen Voodoo zu spielen. Das Zauberduo wurde aber von der Gesellschaft entdeckt und kurzerhand vorm Haus der Selbstjustiz zugeführt. Seither geistern die beiden in Spiegeln durch das Haus (warum auch immer). Deshalb habe man auch alle entfernt. Mehr sei da gar nicht dran. Na, wenn es sonst nichts ist.

Kate weiß nicht so recht, was sie von der Sache halten soll. Ihre Ungläubigkeit und das weiterhin seltsame Verhalten ihres Patienten, der scheinbar von einer unsichtbaren Macht im Haus festgehalten wird, machen sie mißtrauisch. Ihr jugendlicher Forschergeist bringt sie rasch hinter neue Geheimnisse und natürlich in die Geisterbredouille.

Trotz eines rasanten Showdowns und der mittlerweile für "Ich sehe tote Menschen"-Filme üblichen überraschenden Wendung mag der Funke nicht so recht überspringen. Das liegt hauptsächlich am selbst für Gespenstergeschichten hanebüchenen Handlungsverlauf. Was dem Zuschauer als Überraschung dekoriert werden soll, ist durchwegs vorhersehbar. Zu vieles bleibt unerklärt, das Verhalten der Protagonisten ist meist bar jeder Logik und der Plot kein unbekannter. Genrekenner werden hier gar zum Gähnen neigen.

Fazit: ein kleiner Schuß "Angel Heart", ein desolates Geisterhaus und viel Sumpfnebel allein machen noch keinen guten Horrorstreifen. Auch wenn die schauspielerische Leistung teils stimmen mag, bleibt der Film als mittelmässiges Stück Gruselkino in Erinnerung. Im übrigen gibt es keinen verbotenen Schlüssel, aber das hat sich scheinbar zu gut angehört, um es nicht als deutschen Titel zu verwenden.

Walter Reiterer

Der verbotene Schlüssel

ØØ 1/2

(The Skeleton Key)


USA 2005

104 Min.

dt. und eng. OF

Regie: Ian Softley

Darsteller: Kate Hudson, Gena Rowlands, Peter Sarsgaard, John Hurt u. a.

 

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