Kino_Blade Trinity

Fuckin´ Dracula

Schon der zweite Teil der Marvel-Adaption glänzte durch Anspruchslosigkeit, "Trinity" setzt der cineastischen Sinnlosigkeit aber definitiv die Krone auf.    20.01.2005

In einer abgelegenen Wüstenregion (das Böse kommt bekanntlich ja aus dem nahen Osten) erwecken die Vampiroberen den Urvater ihrer Gattung zu neuem Leben. Man höre und staune: es ist Dracula selbst! Der böse Vlad Draculea (Dominic Purcell) ist ab nun nicht mehr Rumäne, sondern Syrier! (Diese rückschrittlichen Transsylvanier brauchen wahrscheinlich noch ein paar Jährchen, um nicht auffindbare Massenvernichtungswaffen herzustellen). Originellerweise hört der blutsaugende junge Mann jetzt auch auf den Namen Drake - und dank einiger Modifikationen an seinem Immunsystem hat er auch kein Problem mehr mit dem Tageslicht.

Das macht die Angelegenheit für Blade (Wesley Snipes) nicht einfacher, der sich natürlich sofort aufmacht, dem neuen Antagonisten einen Pflock zwischen die Rippen zu treiben - noch dazu, wo die fiesen Blutsauger eine Verleumdungskampagne gegen ihn lancieren und er als Mörder vom FBI gesucht wird. Harte Zeiten - auch für Vampirjäger.

Scheinbar verloren zwischen Konspiration und traurigem Drehbuch verbündet sich Blade in der Folge mit einer Gruppe von Rookie-Vampirjägern, angeführt von der Tochter seines Mentors Whistler (Kris Kristofferson), der blassen Abigail (Jessica Biel). Da von vornherein klar ist, daß Blades Papa ein größeres Moped als der Papa vom Dracula hat, bewegt den Zuschauer gegen Ende nur mehr die Frage, wie die von der blinden Wissenschaftlerin im Team angestrebte "Endlösung der Vampirfrage" (Zitat), wohl im Detail aussehen mag. Nur so viel sei verraten: Zyklon B ist nicht im Spiel. Hätte aber im Falle auch nicht mehr gewundert ...

 

105 Minuten sieht und staunt der geneigte Kinobesucher über eine Aneinanderreihung mittelklassiger Martial-Arts-Action-Einlagen, unterbrochen von Handlungssträngen, die der Bezeichnung "Strang" spotten. Der Zuschauer wird von einem blutigen Tatort zum nächsten geführt. Das Warum und Wieso bleibt zumeist unbeantwortet. Der Ästhetik langbeiniger und fleischgieriger Vampirluder folgend, finden wir uns in einem windelweichen Macho-Striptease einer zweitklassigen Hollywood-Blutbank wieder, gespickt mit sehr harten Mannsbildern mit noch härterem Umgangston. "Fuck you! Dickhead!" scheint auch schon fast alles zu sein, was es darin zu sagen gibt. Doch sogar der weibliche Ausziehakt gerät zu einer anschaulichen Katastrophe, führt ihn doch Ober-Vamp Parker Posey durch; das Spiel der Dame hat leider weniger Sex wie die gebrauchte Zahnbürste eines Bluters.

Betrachtet man die ein oder andere nette Idee des Streifens (Die Fabrik für vakuumverpackte humane Blutkonserven gibt zumindest optisch einiges her), ist es beinahe schade, daß Goyer aus seinen Phantasien keine Filme machen kann. Und warum ein Mann, der immerhin am Drehbuch zu "Dark City" mitgeschrieben hat, sich durchgehend einer todlangweiligen Gossensprache bedient und in dieser genüßlich hängen bleibt, wird er sich hoffentlich eines Tages selbst noch fragen.

Wie auch immer, der Streifen wird nicht nur im PISA-geplagten Österreich eine riesige Fangemeinde finden. Es scheppert, es knallt, es kracht, es wird gerauft, gerangelt, getreten und ganz, ganz wenig geredet. Vor allem nichts, was man nicht verstehen könnte. Ein Film für jedermann sozusagen. Daß das Scheppern, Knallen, Krachen, Raufen, Rangeln, Treten und Reden jeweils von der allerbilligsten Sorte ist, wird kaum stören bis gar nicht auffallen. Anspruch gilt in der Masse schon lange nicht mehr als Qualitätskriterium, Anspruchslosigkeit hingegen wird auch in seiner naivsten Form seine Anhänger finden. So soll es auch sein.

Ohne Aufzahlung wird die tägliche "Fick dich"-Dosis auf das Zwanzigfache von der eines Simmeringer Schulhofs raufgepusht. Da zahlen sich die acht Euro aber dann wirklich aus! Also Kinder - geht’s ins Kino - es gibt was Krasses zu sehen. Der alte Dracula hat jetzt ein Sixpack und geht samstags in die Nachtschicht!

Walter Reiterer

Blade Trinity

Ø 1/2


USA 2004

105 Min.

dt. Fassung und OF

Regie: David S. Goyer

Darsteller: Wesley Snipes, Kris Kristofferson, Ryan Reynolds u. a.

 

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