Black Dahlia
ØØØØ 1/2
(The Black Dahlia)
USA 2006
121 Min.
dt. und engl. OF
Regie: Brian De Palma
Darsteller: Josh Hartnett, Scarlett Johansson, Aaron Eckhart u. a.
Vier Jahre nach "Femme Fatale" huldigt Brian De Palma erneut dem Film Noir und läßt das Los Angeles der 40er Jahre in neuem Glanz erstrahlen. 06.10.2006
Der brutale Mord an Hollywood-Starlet Elizabeth "Betty Ann" Short sorgte 1947 für ein nicht enden wollendes Schlagzeilengewitter in der Regenbogenpresse. Als "Schwarze Dahlie" gelangte die Ermordete, die sich gern schwarz gekleidet und Blüten ins Haar gesteckt hatte, posthum zu zweifelhaftem Ruhm.
Das bis heute nicht aufgeklärte Verbrechen faszinierte auch Kultautor James Ellroy ("L. A. Confidential"), der Bettys Schicksal 1987 in seinem Roman "The Black Dahlia" verarbeitete. Eine Verfilmung des Bestsellers ließ fast 20 Jahre auf sich warten. Jetzt liegt das bildgewaltige Werk endlich vor - und erntete nach seiner Uraufführung bei den Filmfestspielen von Venedig erst einmal haufenweise Kritik. Zu blutleer und seelenlos sei De Palmas Film, erstarre in perfekter Form und stelle den Inhalt hinten an.
Dabei ist schon die Einstellung, mit der die Entdeckung von Bettys Leiche eingeleitet wird, ein Geniestreich an Eleganz und für sich allein den Kinobesuch wert. Während zwei Polizisten vor einem Haus in ihrem Wagen warten, wird in einer ausgedehnten Kamerafahrt über das Hausdach hinweg der Fund durch eine Passantin kurz angedeutet, dann jedoch gleitet die Kamera in aller Ruhe zurück zu den beiden Cops, die gleich darauf in eine wilde Schießerei verwickelt werden. Erst nach erfolgreichem Ende der Konfrontation widmet sich die Handlung wieder dem Leichenfund.
Diese Strategie dient keineswegs einfach nur stilistischem Selbstzweck, sondern erfüllt auch im Rahmen der Dramaturgie absolut ihren Sinn. Wie sich später herausstellen wird, gibt es selbstverständlich einen Zusammenhang zwischen Bettys Schicksal und der Schießerei. Wir befinden uns nun einmal in James Ellroys Los Angeles der 40er Jahre - und damit mitten in einem Sumpf aus Größenwahn und Korruption.
Im Zentrum der Handlung stehen besagte zwei Polizisten, Bucky (Josh Hartnett) und Lee (Aaron Eckhart), die den Mord aufklären sollen. Zwar sind sie durchaus hartgesottene Kerle, doch der Fall bringt beide aus dem Gleichgewicht. Lee verbeißt sich dermaßen in die Ermittlungen, daß er die Beziehung zu seiner Freundin Kay (Scarlett Johansson) vernachlässigt, wohingegen Bucky immer größere Faszination für die Figur der Betty Short (Mia Kirshner) selbst entwickelt. Immer wieder schaut er sich Schwarzweiß-Probeaufnahmen von ihr an, in denen sie sich vergeblich um Filmrollen bewirbt. Schließlich läßt er sich sogar auf ein Verhältnis mit der geheimnisvollen Madeleine Linscott (Hilary Swank) ein, einer Tochter aus gutem Hause, die der Ermordeten erstaunlich ähnlich sieht und mit ihr eine kurze Affäre hatte. Alles Zufall? Wohl kaum.
Je mehr sich die beiden Cops in den Fall stürzen, desto undurchsichtiger und verstrickter wird die Geschichte. Bald fällt es dem Zuschauer ebenso wie Bucky schwer, die vielen verwickelten Handlungsstränge zu erfassen, die sich im Minutentakt potenzieren. Zumal das Doppelgängermotiv, bei De Palma oft anzutreffen, hier auf mehreren Ebenen eingesetzt wird. Insgesamt entsteht das Bild einer verderbten, sterilen Welt, in der die Protagonisten heillos überfordert sind und sich eher willenlos treiben lassen als versuchen, aktiv ins Geschehen einzugreifen. Während die angeblichen Hauptfiguren also in der Tat kaum Format entwickeln und eher wie Schlafwandler umhertaumeln, ist der Schauplatz selbst, das lasterhafte L. A. voller düsterer Straßen, Zigarettenrauch und Nachtklubs, der eigentliche Hauptdarsteller in diesem abgründigen Noir-Thriller. Und der erstrahlt mit Hilfe opulenter Ausstattung in einem unvergeßlich dunkel-flirrenden Glanz.
Einen einzigen Gegenpol zu dem geisterhaften Treiben gibt es allerdings. Nur eine Figur wirkt überaus lebendig und aktiv, und dies ist ironischerweise die Ermordete, Betty Short. In den Probeaufnahmen, in denen sie verzweifelt mit allen Mitteln um noch die kleinste Rolle kämpft, hinterläßt sie einen so anrührenden und gleichzeitig so vitalen Eindruck, daß sie bei all ihren demütigenden Handlungen zutiefst menschlich erscheint. Von seelenlos kann hier beim besten Willen keine Rede sein. So ist festzuhalten, daß De Palma mit seinem Film der "Schwarzen Dahlie" tatsächlich ein Denkmal gesetzt hat. Und zwar nicht der verstümmelten Leiche, sondern dem hoffnungsvollen, wenn auch zum Scheitern verurteilten Starlet ...
Black Dahlia
ØØØØ 1/2
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