Metro 2033
ØØØØ
(4A Games/THQ)
Das Genre der 3D-Shooter ist keines, das für Ideenreichtum bekannt ist. Der auf einem russischen Roman basierende Titel "Metro 2033" geht daher einen anderen Weg und setzt vor allem auf eine stimmungsvolle Kulisse. 06.04.2010
Moskau. Nach einem nicht näher beschriebenen Atomschlag ist die Erde verseucht und leer, die wenigen Überlebenden kämpfen gegen mutierte Monster, gegen andere Menschen und gegen den Hunger ... oh Mann, das ist eigentlich so abgedroschen, daß man durchs Stroh hindurchschauen kann.
Mit dieser Story wäre "Metro 2033" ein B-Dutzendtitel von der Sonderangebotspalette, gäbe es da nicht ein paar Extras. Zum Beispiel haben sich die Überlebenden in der Moskauer Metro eingerichtet, wo Sie als Spieler durch enge Behausungen und dreckige Nachtlager wandern, durch überraschend bevölkerte Bars und belebte Basare - und natürlich durch alle Arten von Schächten, in denen die üblichen Schießereien (und gelegentlich auch mal Schleichereien) im Vordergrund stehen.
Graphisch spielt das meist in der Oberliga; Rauchschwaden, Licht- und Schattenspiele lassen kaum Wünsche offen. Und auch die Inszenierung stimmt. Hier feilschen Händler, Wachen pöbeln, Besoffene geben an, Kinder betteln. In welchem anderen Game sitzen Sie schon in einer Spielszene und machen eigentlich nichts anderes als reden und Wodka trinken? Auch das Abenteuer, sich vor einer Mission nochmal ein paar schöne Augenblicke bei einer Prostituierten (der einzigen sprechenden Frau in diesem Spiel, im dem das schwache Geschlecht meist schweigend in Kochtöpfen rührt) zu gönnen, würde man in einem US-Spiel wohl eher nicht finden.
Natürlich nervt auch einiges an diesem Abenteuer. Zum Beispiel die schlechte Bewaffnung - die ist natürlich dem schlechten Zustand der postnuklearen Welt geschuldet, in der "echte" Munition so wertvoll ist, daß sie als Zahlungsmittel gilt, um sich die deutlich weniger präzise Munition der Waffenbastler aus der Metro kaufen zu können, ebenso die wichtigen Atemfilter. Außenmissionen an der Oberfläche lassen sich nämlich nur mit Gasmaske spielen - jeder Filter hält eine Viertelstunde, aber schon nach zehn Minuten ist die Maske von innen so beschlagen, daß man sie (dabei hörbar stark schnaufend) verflucht; wer je in einer Armee war, weiß, daß da was Wahres dran ist.
Nicht nur in diesem starken Realismus erinnert "Metro 2033" an die Spiele der "S.T.A.L.K.E.R."-Serie, wo man schon mal eine Viertelstunde durch Sonnenuntergang und Regenschauer latschen mußte, um sein Ziel zu erreichen. Das alles sind nicht wirklich Schwachpunkte, sondern Spielparameter - aber man sollte wissen, worauf man sich einläßt, da glattrasierte Ballerspiele eindeutig anders aussehen. Wer aber bereit ist, sich auf die eigenwillige Spielrealität einzulassen, wird sich daran gewöhnen, sein Scharfschützengewehr vor Gebrauch aufzupumpen und die Lampe per Hand-Dynamo regelmäßig aufzuladen.
Echte Kritikpunkte gibt es aber auch. Die deutsche Synchronisation ist maximal ebenso passabel wie die englische; wer sich einen Spaß machen will, sollte russisch mit deutschen Untertiteln probieren (verliert dann aber den Charme des Gesprächsgewimmels bei den bevölkerungsreichen Szenen im Untergrund). Die gesprochenen Intros sind weitgehend ohne Sinn und Stimmung; da haben Spiele wie "Max Payne" einfach andere Standards gesetzt. Auch ist die Zahl der Gegnervarianten arg begrenzt, was aber der 700 Seiten dicken Buchvorlage geschuldet sein mag, in der deutlich mehr geredet und getrunken, dafür weniger geschossen wird. Zugleich sind gerade massive Attacken durch Monster nur schwer auf Anhieb zu bewältigen und müssen oft mehrmals angegangen werden. Dank fairer Speicherpunkte ist das aber auszuhalten.
Freiräume sind ein knappes Gut: "Metro 2033" präsentiert sich im wahrsten Sinne des Wortes als "Schlauch-Shooter", in dem Sie sich durch das wundervoll trostlose Ambiente der Tunnels von vorne nach hinten kämpfen. Wer sich damit zu sehr beeilt, ist nach zehn Stunden durch - hier hätte man sich mehr Moskau und mehr Metro gewünscht. Weiters zu bemäkeln: Steam, ergo auch Aktivierung via Internet; nach der Installation werden erst einmal mehrere hundert MB Updates gesaugt. (Wer Startprobleme hat, sollte neu starten und dann die aktuellsten Graphiktreiber installieren.)
Fazit: Wer Phantasie-Blaster und Mega-Explosionen erwartet, wird sich hier möglicherweise eher langweilen. Wer jedoch in einem Shooter auch ruhige Passagen schätzt, erlebt mit "Metro 2033" ein wunderbar stimmungsvolles Abenteuer in einer trostlos armen, aber reich gestalteten Welt, in Teilen fast so schaurig wie "Dead Space", optisch und klanglich meist gut und stellenweise sogar genial.
Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.
Einsames Aufräumen ist das gemeinschaftliche Feiern unserer Zeit. Entsprechend miste auch ich ununterbrochen aus - Medien zum Beispiel, weil die sowieso verzichtbar sind. Vor allem Bücher werden völlig überschätzt.
Einige wenige Wohlgesonnene, es werden wöchentlich weniger, warten seit gefühlten Äonen auf diese neue Kolumne - und dabei wird es auch bleiben, und ich rate sowieso ab.
Immer wieder ist von junger Literatur die Rede, und wenn davon die Rede ist, dann nicht von uns. Und das ist nur einer der vielen Vorteile des Alters, über die unser gealterter Star-Kolumnist Sie heute informieren wird.
Wenn Sie nicht wissen, was "Social Media" oder "K2-18b" sind, dann können Sie eigentlich gleich aufhören zu lesen. Aber auch sonst raten wir wie immer von der Lektüre dieser irrelevanten Kolumne ab, in der es zwar heute mal um was geht, aber um nichts Wichtiges.
Immer wieder fallen uns Sprachzombies mit halbverrotteten Phrasen an. Zumindest dieser einen sollten wir einen Headshot verpassen.
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