Games_Tom Clancy´s Ghost Recon 2

Die Scheidung der Geister

Ding Chavez & Co. sind wieder da - diesmal aber nicht auf dem PC, sondern für die Konsolen. Ob Langzeit-Fans der Serie sich darüber wirklich freuen werden?    16.12.2004

Eines gleich vorweg: Finger weg von der PS2-Version! Welche Laus den Entwicklern hier auch über die Leber gelaufen ist, die "Ghost Recon 2"-Fassung für Sonys Konsole ist eine einzige Frechheit. Aber dazu später mehr.

Daß mit dem Namen Tom Clancy versehene Spiele für gnadenlosen Realismus und taktischen Tiefgang stehen, ist weithin bekannt. "One shot, one kill" ist das allgemein bekannte Motto dieser Serie. Daß dies auf Konsolen (dank der schwerfälligen Controller-Steuerung) ohne horrenden Frustfaktor nur schwer umsetzbar ist, ist auch nichts Neues. Doch Ubisoft hat mit "Rainbow Six 3" bereits bewiesen, daß eine Mischung aus adäquatem Schwierigkeitsgrad und realistischem Kampf durchaus möglich ist.

Der neueste Ableger hat jedoch kaum noch etwas mit besagtem Motto gemeinsam. Ein Dutzend eingesteckte Treffer ohne Ableben sprechen eine deutliche Sprache. Statt der üblichen First-Person-Ansicht haben die Entwickler die Third-Person-Ansicht favorisiert; warum, wissen nur sie selbst. Dadurch verliert das Game einen Großteil des von Fans geliebten Realismus und spielt sich eher wie die "Conflict"-Reihe. Das ist zwar eine Frage des Geschmacks, doch Langzeit-Fans der Serie werden sich wohl vor den Kopf gestoßen fühlen.

Graphisch kann sich das Spiel zwar sehen lassen, Schönheitspreis gibt´s aber definitiv keinen - zumindest für die PS2-Version. Die Xbox-Fassung hingegen glänzt mit hochauflösenden Texturen und wunderbaren Lichteffekten - da macht sich das Verfallsdatum der PS2 mehr als deutlich bemerkbar. Das Storyboard ist zwar schon ausgelutscht wie ein jahrzehntealter Schnuller, muß aber noch einmal herhalten: Ein Nordkoreanischer General hat wieder einmal Expansionsambitionen. Als hätten wir dieses Szenario nicht schon zur Genüge bei anderen Ubisoft-Spielen (Sam Fisher läßt grüßen) gehabt ... Andererseits ist die Handlung aber sowieso völlig unwichtig, da sich die Missionen allesamt sehr abwechslungsreich spielen. Vom Eskortieren eines südkoreanischen Grenadiers, der eine Panzerkolonne aufs Korn nimmt, über die Einnahme und Verteidigung eines Flughafens bis hin zu Dschungelkämpfen ist wieder alles an Bord, was sich waschechte Shooter-Fans wünschen.

 

Die Künstliche Intelligenz ist etwas schizophren, nämlich abhängig von der Konsole. Auf der Xbox reagieren die Gegner auf die Taktik des Spielers, umkurven einen und ziehen sich bei zu starkem Beschuß zurück. Auf der PS2 sind die Gegner bloß Schießbudenfiguren, die nach Rambo-Manier blöd in der Gegend herumstehen und aus allen Rohren feuern. Dasselbe Schema gilt für die eigenen Truppen.

Auf der Konsole mit dem grünen X suchen die Kameraden selbstständig Deckung, geben Feuerschutz und setzen den Gegner mittels Handgranaten unter Druck. Bei der PS2-Version sind die eigenen Truppen zumindest brauchbar, wenn auch nicht wirklich so, wie man sich das von Kameraden einer Elitetruppe erwarten würde. Sie ziehen zwar das Feuer auf sich, treffen aber in den seltensten Fällen und setzen auch keine schweren Waffen ein. "Selbst ist der Mann", heißt es hier, was den Schwierigkeitsgrad selbstverständlich enorm erhöht, vom Frustfaktor ganz zu schweigen. Gleich geblieben ist die etwas nervende Unmöglichkeit, während der Missionen zu speichern. Diese sind zwar alle nach gut fünf bis zehn Minuten beendet; trotzdem passiert es des öfteren, daß man kurz vor Ende das Gras aus der Nähe betrachten und die Mission von vorne beginnen muß. Es muß ja nicht gleich eine Quick-Save-Funktion sein, doch ein paar Speicherpunkte täten dem Spielfluß sicher keinen Abbruch.

Der Multiplayer-Modus ist erneut Schauplatz einer Zweiklassengesellschaft: Auf der Xbox gibt es die Möglichkeit, die Kampagne offline (Splint-Screen) oder online (über Xbox-Live) zu spielen, zudem ist der Service von Microsofts Online-Dienst vorbildlich. Bei der PS2 gibt es keine Split-Screen-Variante, und der Online-Modus wird durch grauenhafte Lags und Verbindungsabbrüche gedämpft.

Kurz und schmerzlos: Wer Fan der Serie ist und beide Konsolen zu Hause herumstehen hat, braucht nicht lange zu überlegen und nimmt die "grüne" Version. Wer nur die PS2 sein eigen nennt, ist eine arme Sau, sollte einen weiten Bogen um das Spiel machen und wartet lieber gespannt auf die PC-Version von "Ghost Recon 2" …

Christian Krenn

Tom Clancy´s Ghost Recon 2


BEWERTUNG: ØØ (PS2)/ØØØØ (Xbox)

(Red Storm Entertainment/Ubisoft)

erhältlich für Xbox/PS2

 

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