Games_Sudeki

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Rollenspielfreunde haben es auf der Xbox nicht leicht. Bis auf "KotoR" herrscht hier vollkommene Leere; wer kein "Star Wars"-Fan ist, schaut da komplett durch die Finger. Bis jetzt.    08.09.2004

Wenn es auf der Xbox ein Genre gibt, das dringenden Entwicklungsbedarf hat, dann sind das Rollenspiele. "Sudeki" sollte laut Vorankündigung mit seiner Mischung aus westlichem Action-RPG und klassischen Japano-Anime-Stil einen frischen Wind in die gähnende Leere bringen. Der Hype um das Spiel war - einmal mehr - heftig wie selten zuvor.

Doch wie so oft folgt auf große Erwartungen erst einmal Ernüchterung. Das RPG-Game, auf dem die Hoffnungen aller Xbox-Rollenspielfans liegen, schafft es zu Beginn nämlich ganz und gar nicht (trotz eines recht interessanten Intros), den Spieler in seinen Bann zu ziehen; die ersten Stunden ziehen sich wie zäher Kaugummi in die Länge. Auch das anfangs schwache Leveldesign strapaziert die Nerven (in den ersten zwei Stunden läuft man gezählte viermal den gleichen Weg auf und ab), von der Sprachausgabe ganz zu schweigen. Denn die ist in der für diese Rezension herangezogenen deutschen Version einfach nur grauenhaft und mit Sicherheit der Punkt, der geneigten Rollenspielern sofort aufstoßen wird. Die Synchronsprecher agieren mit völlig monotoner Stimme, und die dürftigen Dialoge tragen ihr übriges zum müden Gesamtbild bei. Daß darunter auch die Story deutlich leidet und somit kein Funke Atmosphäre aufkommen will, versteht sich von selbst. Eine englische Importversion wird Interessenten unbedingt angeraten.

Woran´s es dann leider auch hapert, das ist eine starke Charakterzeichnung. Mit Wehmut blickt man über den Xbox-Tellerrand auf ein "Final Fantasy X" für die PS2, wo die Hauptdarsteller unglaublichen Tiefgang bieten und einem im Laufe des Spieles richtig ans Herz wachsen. Das kann man hier wahrlich nicht behaupten, da die Figuren in "Sudeki" so gut wie austauschbar sind.

Zurück zur Story: Dreh- und Angelpunkt eines Rollenspiels ist neben der Interaktion mit den Charakteren eine packende und/oder innovative Hintergrundgeschichte. Auch hier braucht "Sudeki" eine ganze Weile, um sich zu entfalten, kann dann aber ab etwa der Hälfte des Spiels voll überzeugen. Und das ist das Faszinierende an dem Titel: Von da an kann das Spiel auch in den anderen Bereichen nämlich richtig begeistern. Das Leveldesign wird zunehmend besser und bietet abwechslungsreiche Umgebungen. Je weiter die Charakterentwicklung voranschreitet, desto bessere und vor allem schönere Zauber und Combos werden verfügbar, die einen mit ihrer Farbenpracht regelrecht erschlagen. Das Kampfgeschehen läuft dabei stets in Echtzeit ab, kann aber durch Tastendruck in eine Art Slow-Motion gebremst werden, wodurch genug Zeit bleibt, Heiltränke einzunehmen oder einen Zauberspruch auszuwählen. Interessant ist dabei, daß man die zwei Nahkampfcharaktere aus der Third-Person-Ansicht steuert, während die Fernkämpfer die Ego-Perspektive bevorzugen.

In Anbetracht der Tatsache, daß man immer nur in die Haut eines Charakters schlüpfen kann und der Rest computergesteuert wird, wobei es im hektischen Kampftreiben nicht ganz einfach ist, kühlen Kopf zu behalten, Monster zu metzeln und gleichzeitig die Gesundheitsanzeige aller vier Schützlinge im Auge zu behalten, ist es sehr schade, daß keinerlei Multiplayer-Funktion implementiert wurde.

 

"Sudeki" macht es einem wahrlich nicht leicht. Zeitweise ist man dazu geneigt, dem Spiel die volle Punktzahl zu geben - vor allem dann, wenn es bei den Kämpfen so richtig heißt hergeht und einem die Graphikpracht nur so ins Auge sticht. An anderen Stellen möchte man die Entwickler mit furchtbaren Voodoo-Flüchen belegen. Das Spiel ist ohne Frage eine Gratwanderung. Wirklich große Schnitzer gibt es keine, dafür glänzt "Sudeki" aber auch auf keinem Gebiet (mit Ausnahme der Optik).

Als Rollenspiel-Erstlingswerk ist der britischen Spielefirma Climax (die bisher vorwiegend Rennspiele programmierte) "Sudeki" alles in allem - und mit einem zugedrückten Auge - ganz gut gelungen. Da die zweite große RGP-Hoffnung "Fable" wieder einmal um ein halbes Jahr verschoben wurde, müssen Rollenspiel-Fans hier wohl oder übel zugreifen, wenn auch stets der schale Nachgeschmack bleibt, daß mehr daraus hätte werden können. Und von einem "Final Fantasy" auf der Xbox zu sprechen, wäre mehr als nur vermessen. Das gute (und das ist der Unterschied zu Hollywood-Filmen) ist, daß in der Spieleindustrie Fortsetzungen zumeist besser sind als die Originale. Und da Climax bereits die Arbeit an einem Nachfolger bestätigt hat, bleibt die Hoffnung auf ein besseres Wiedersehen - möglicherweise sogar schon auf dem Nachfolgemodell der Xbox, das Gerüchten zufolge schon 2005 erscheinen soll.

Christian Krenn

Sudeki

ØØØ 1/2


(Climax/Microsoft)

erhältlich für Xbox

 

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