Games_Saints Row

Straße der Heiligen

Respekt, Macht und Geld sind alles, was zählt. Nein, hier handelt es sich nicht um ein Spiel zu den bevorstehenden Wahlen, sondern um das neue Werk aus den Volition Studios.    22.09.2006

Nachahmung ist, so hat ein schlauer Mensch einmal festgestellt, die aufrichtigste Form der Schmeichelei. So gesehen darf sich Rockstar Games mächtig geschmeichelt fühlen. Volitions "Saints Row" ist nämlich der wohl eklatanteste Fall von Nachahmung der "GTA"-Serie, der in den vergangenen paar Jahren auf den Markt gekommen ist. Zur Verteidigung muß jedoch gesagt werden, daß das Spiel sicher auch der beste und witzigste "GTA"-Klon ist, der jemals auf den Markt kam.

Die Geschichte von "Saints Row" ist schnell erzählt: Die malerische Stadt Stillwater wird von drei knallharten Gangs regiert, den Vice Kings, den Los Carnales und den Rollerz. Die drei teilen die Stadt und das in ihr zu verdienende Geld brüderlich untereinander auf. Drogenhandel, Prostitution, Autodiebstahl, Versicherungsbetrug, Mord und jede Menge anderer Schandtaten stehen an der Tagesordnung. Mitten in die Idylle platzt nun der Spieler als Mitglied einer kleineren Gang, nämlich der Saints. Er wird mit der ehrenvollen Aufgabe betraut, seine Jungs und Mädels an die Spitze zu führen. Wie in solchen Spielen üblich, heiligt der Zweck die Mittel. Je brutaler, desto besser - und mit Brutalitäten wird in "Saints Row" nicht gespart.

Auf dem Weg zur Spitze wird der erfahrene Gamer sicher das eine oder andere Déjà-vu erleben: einen Typen oder gleich mehrere umlegen, ein Objekt zu einem bestimmten Punkt bringen, innerhalb einer bestimmten Zeit von Punkt A nach Punkt B kommen, mit Mitgliedern einer rivalisierenden Gang den Boden aufwischen, gegnerische Gebiete angreifen und einnehmen - und so weiter und so fort. Neben den Story-Missionen gibt es noch noch jede Menge Nebenaktivitäten wie Drogenhandel, Auftragsmord und den genial witzigen Versicherungsbetrug, bei dem man dafür sorgen muß, so brutal wie möglich über den Haufen gefahren zu werden. Immens spaßig ...

Natürlich bietet "Saints Row" dem Spieler absolute Bewegungsfreiheit. Stillwater ist zwar keine Großstadt, aber um jeden Winkel der Stadt zu erforschen, sollte man sich schon ein paar Stunden nichts anderes vornehmen. Und zu sehen gibt es einiges, da die Macher viel Wert auf kleine Details gelegt haben. Zusätzlich besticht das Spiel durch eine mehr als solide Graphik und einen kernigen Soundtrack.

Es stellt sich jedoch die Frage, warum man "Saints Row" überhaupt spielen sollte, wenn man doch mit "San Andreas" einen nahezu perfekten Vertreter des Genres hat. Genau an diesem Punkt spielt "Saints Row" einen seiner größten Trümpfe aus: Die Entwickler haben sich offenbar lange mit den kleinen Mängeln des Originals beschäftigt und viel Zeit und Mühe in eben diese Features gesteckt. Herausgekommen ist dabei ein Spiel, das in manchen Bereichen die kleinen Schwachstellen des Idols ausbessern konnte. Ein gutes Beispiel dafür ist die Steuerung: "Saints Row" spielt sich um ein gutes Eckchen flüssiger und schneller als sämtliche Teile der "GTA"-Serie, vor allem, wenn man in eine größere Schießerei gerät.

Außerdem bietet das Spiel ein weiteres Feature, auf das man bei den "Grand Theft Auto"-Spielen bislang leider komplett verzichten mußte: den Online-Modus. Zur Auswahl stehen dabei jede Menge Modi, wobei der bei weitem coolste der "Gangsta´s Brawl" (klassisches Deathmatch) ist. Bis zu zwölf Spieler können online gegeneinander antreten, was jede Menge Chaos garantiert.

Fazit: "Saints Row" wird wohl kaum in die Annalen der Konsolenspielgeschichte eingehen - dafür ist das ganze Spiel einfach viel zu sehr geklaut. Es ist auch kein ernsthafter Herausforderer für Rockstar Games und wird wohl bald in Vergessenheit geraten, wenn ein neues "GTA" auf dem Markt erscheint. Bis dahin ist es jedoch eindeutig der beste Genre-Vertreter, macht einen Heidenspaß und kann jedem, der sich für diese Art von Spielen begeistert, nur wärmstens ans Herz gelegt werden.

Benjamin Mann