Games_Killzone 2

Bring it on!

Vor knapp fünf Jahren versuchte Sony mit dem Vorgänger, "Halo 2" vom Genrethron zu stoßen - und scheiterte. In der zweiten Runde sieht es zumindest nach einem Punktesieg aus. Ob es für ein K. o. reicht, erfahren Sie vom EVOLVER-Game-Experten.    02.03.2009

Im Jahr 2357 fand das goldene Zeitalter von Reichtum und Wohlstand, in dem die Kolonien der Erde lebten, ein jähes Ende, als der Planet Vekta von den Helghast überfallen wurde. Unter der Führung des charismatischen Alleinherrschers Scolar Visari versuchten die gesichtslos-brutalen Eroberer, die Hauptstadt Vektas in Schutt und Asche zu legen. Dieses Vorhaben konnte im letzten Moment von Captain Jan Templar und seiner Einheit verhindert werden. In den folgenden Monaten des Widerstands formierten sich die Helghast neu und begannen einen blutigen Angriffskrieg auf der südlichen Hemisphäre des Planeten.

Als eine Gruppe von Atomwaffenexperten entführt wird, begibt sich Templar hinter die feindlichen Linien, um die Wissenschaftler zu befreien und eine Katastrophe zu verhindern. Die Aktion ist von Erfolg gekrönt - und die Helghast können von Vekta vertrieben werden; allerdings erst, nachdem sie einige Atomsprengköpfe in ihren Besitz gebracht haben. Im Glauben, daß der Feind im vektanischen Konflikt entscheidend geschwächt wurde, bricht die Allianz jetzt selbst zu einer Invasion auf.

Nach einem beeindruckenden Intro, in dem der totalitäre Imperator Visari eine einpeitschende Rede im Goebbels-Stil hält, wird der Spieler schon in die Wirren des Krieges geworfen. Da Jan Templar mittlerweile zum Kommandanten der ISA-Truppen befördert worden ist, schlüpft man in die Haut von Tomas "Sev" Sevchenko und begibt sich auf den Weg in die Kriegszone.

Dort kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Killzone 2" ist der erste Titel, der die technischen Möglichkeiten der Playstation 3 richtig ausreizt. Detaillierte Charaktermodelle, Partikeleffekte, glühende Explosionen, zerstörbare Umgebungen und eine authentische Beleuchtung versetzen den Spieler in eine düstere Welt, die ganz und gar von der Bestie Krieg beherrscht wird. Ein Graphikfeuerwerk, wie es diesem Game abgebrannt wird, hat man so noch nirgends gesehen. Da sind auch kleinere Framerate-Einbrüche beim Zwischenladen oder an Checkpoints durchaus verzeihlich. Gekrönt wird das Spielerlebnis durch einen orchestralen Soundtrack, der in jedem Augenblick zum Spielgeschehen paßt.

Krieg spielen war noch nie so schön - und vor allem so realistisch. Es ist einfach ein Genuß, den Gegnern dabei zuzusehen, wenn sie in Deckung hechten oder auf Dutzende unterschiedliche Arten das Zeitliche segnen. "Killzone 2" ist durch seine exzellente Ragdoll-Physik und die Unmengen Blut sicher kein Titel für Kinder, wird Erwachsenen dafür aber umso mehr Spaß machen.

Da "Killzone 2" relativ spät erschienen ist und offensichtlich die Nummer eins in Sachen Action werden will, wird man das Gefühl nicht los, daß die Entwickler von Guerilla Games viele Anleihen bei bereits erfolgreichen Spielen genommen haben. So erinnern die markigen Sprüche der Protagonisten stark an "Gears of War"; die durchaus gute Freund-Feind-KI sowie die Intensität der Kämpfe wecken Reminiszenzen an "Halo". Das tut dem Spielspaß aber keinen Abbruch - und "KZ 2" versteht es, aus diesem Mix eine ganz eigene Atmosphäre zu zaubern.

Das Hauptaugenmerk des Titels liegt aber eindeutig auf dem Mehrspielermodus; die Einzelspielerkampagne, für die es leider keinen Coop-Modus gibt, ist nämlich nach spätestens zehn Stunden beendet. Doch das Angebot für bis zu 32 Spieler mit verschiedenen Team-Spielvarianten hat es in sich. Sechs Klassen stehen zur Auswahl - allerdings erst nach einigen Spielstunden, da man anfangs sozusagen an der Oberfläche kratzt und jedes Multiplayer-Spielelement erst freischalten muß. Das hat den Vorteil, daß Neulinge nicht überfordert sind und sich langsam an das Gemeinschaftserlebnis herantasten können. Weiters bietet der Titel die Möglichkeit, ohne Unterbrechung mehrere Spielrunden mit unterschiedlichen Regeln sowie Zielen zu absolvieren, was in dieser Art und Weise noch in keinem anderen Game möglich war. Natürlich werden auch zahlreiche Community-Features angeboten, durch die sich der Spieler noch schneller auf Helghast heimisch fühlt.

"Killzone 2" schwächelt zwar bei der Story, und auch die Einzelspielerkampagne zählt nicht unbedingt zu den längsten - doch all das macht der brillante Mehrspielermodus wieder wett, weil man locker einige Wochen lang mit ihm beschäftigt ist. Für PS3-Besitzer ist das Spiel ein Pflichtkauf, bei dem man einiges für sein Geld geboten bekommt. Alles in allem reicht es zwar nicht für einen klaren K.-o.-Sieg, da "Halo" mit dem Master Chief einfach den besseren Protagonisten hat; aber der Sieger nach Punkten steht klar fest: "Killzone 2".

Dragan Andjelkovic