Games_F.E.A.R. 2: Project Origin

Lange Haare - keine Angst

Vor vier Jahren brachte das Entwicklerstudio Monolith den gruseligen Vorgänger auf den Markt - und bescherte damit Jugendschützern Magengeschwüre und Spielern spannende Stunden. Nach zwei wenig erfolgreichen Add-ons wollen die Macher an den damaligen Erfolg anknüpfen.    16.03.2009

Die Story von "F.E.A.R. 2: Project Origin" setzt kurz vor dem Ende des ersten Teils an und läßt den Spieler die letzte halbe Stunde von "F.E.A.R" aus einer anderen Perspektive erleben. Diesmal schlüpft man in die Haut eines Delta-Force-Soldaten namens Michael Becket, der mit der Aufgabe betraut wird, die Präsidentin der Armacham Technology Corporation festzusetzen. Schließlich hat die Dame die Erschaffung des kannibalistischen und mit mysteriösen Fähigkeiten ausgestatteten Bösewichts aus dem Vorgänger - Paxton Fettel - zu verantworten. Doch bevor man Hand an die Wirtschaftstreibende legen kann, fliegt das ganze Gebäude in die Luft - und der Protagonist landet auf einem Operationstisch.

Nach einigen beunruhigenden Cutscenes entkommt man aus dem Krankenhaus, das aus "Silent Hill" stammen könnte, und ist fortan mit einer Bullet-time-Fähigkeit gesegnet, die man im Verlauf des Spieles auch dringend benötigt. Fortan jagt der Spieler nämlich dem unheimlichen Mädchen Alma (in Nippon-Gruseltradition mit langen, ins Gesicht fallenden Haaren) in apokalyptisch wirkenden Szenarien nach, erledigt Unmengen von feindlichen Armacham-Soldaten und wird Zeuge, wie die meisten der eigenen Squad-Mitglieder grausame Tode sterben. Warum all das passiert, das wird allerdings nur unzureichend erklärt - außer man macht sich die Mühe und sucht nach willkürlich verstreuten Dokumenten, die mehr Licht in die Angelegenheit bringen. Diese Art der Motivation geht einem jedoch nach spätestens zwei Spielstunden gehörig auf die Nerven, da man in den einzelnen Abschnitten unnötig viel Zeit dafür aufwenden muß, nach besagten Textnachrichten Ausschau zu halten. Wer keinen Wert darauf legt, etwas über die Hintergründe von "Project Origin" zu erfahren, kann sich diese Detektivarbeit aber auch sparen.

 

Das Original-"F.E.A.R." beanspruchte noch gehörig das Nervenkostüm des Spielers, da die eingebauten Schockeffekte immer wieder für kleine Herzinfarkte sorgten. Doch statt subtiler Lichteffekte und gruseliger Schattenspiele setzen die Entwickler beim Nachfolger auf kübelweise Blut und herumfliegende Innereien. Sogar der recht guten Musikuntermalung gelingt es nicht, auch nur ein einziges Nackenhärchen aufzustellen. Der Grund für die Angstlosigkeit liegt einfach im fürchterlich schlechten Timing: Wenn die schaurige Musik schon sekundenlang vor dem Schockeffekt aus den Boxen stöhnt, erschreckt einen auch die herabfallende Leiche nicht mehr wirklich.

Wer sich also ein Horrorspiel in Ego-Shooter-Manier erwartet, wird eine herbe Enttäuschung erleben. Sieht man sich das Game aber unter umgekehrten Vorzeichen an - nämlich als Ego-Shooter mit leichten Horrorelementen -, könnte man angenehm überrascht werden. Der Shooter-Teil von "F.E.A.R. 2" ist seinem Vorgänger nämlich um Längen überlegen. Das Spiel steuert sich ausgesprochen gut und auch die schon im Vorgänger exzellente KI wurde noch verbessert. Diese beiden Elemente sorgen für ein außerordentlich gutes Ego-Shooter-Erlebnis und intensive Kämpfe, die dem Spieler auch ein gerüttelt Maß an taktischem Vorgehen abverlangen, was ja in diesem Genre nicht unbedingt alltäglich ist. "Project Origin" erreicht zwar nicht die taktische Qualität eines "Rainbow Six", ist aber auch weit entfernt von der Hauruck-Mentalität von "Gears of War".

Schade nur, daß die gelungene Ragdoll-Physik aus dem Vorgänger aufgrund der weltweiten Jugendschützer-Hexenjagd auf sogenannte Killerspiele entschärft wurde. Wenn das schon bei der ungeschnittenen UK-Version auffällt, dann kann sich wohl jeder ausmalen, wie die deutsche FSK-Fassung ausgefallen ist.

Ebenfalls enttäuschend kommt der Multiplayer-Part daher, der offenbar nach dem Motto "Wir müssen halt einen machen" entstanden ist. Lediglich sechs Maps stehen Online-begeisterten Spielern zur Verfügung; die vorhandenen Spielmodi hat man schon dutzendfach anderswo gesehen.

"F.E.A.R. 2" ist somit ein - im Vergleich zum Vorgänger - erschreckend schlechtes Horrorspiel, dafür aber ein umso besserer Ego-Shooter für Einzelspieler. Wer keinen großen Wert auf Multiplayer-Schlachten legt und sich für ein atmosphärisches Gruselerlebnis lieber an "Silent Hill" & Co. wendet, macht hier nichts falsch.

Dragan Andjelkovic

F.E.A.R. 2: Project Origin

ØØØØ

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(Monolith/Warner Interactive)

 

erhältlich für: Xbox 360, Playstation 3, PC

 

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