Games_Black Mirror 2

Spiegelbilder

Die Erwartungen an den Nachfolger des vor fünf Jahren erschienenen, preisgekrönten Point & Click-Adventures "Black Mirror" sind hoch. Ob die Fortsetzung wieder als "Retter des Genres" gelten kann, erfahren Sie im Review unseres EVOLVER-Game-Experten.    23.10.2009

Der Student Darren Michaels verbringt die Sommerferien bei seiner Mutter in der amerikanischen Kleinstadt Biddeford und ist äußerst unglücklich über seinen Ferialjob im dortigen Photostudio. Sein Chef ist ein schmieriger Möchtegernphotograph, der mehr Ahnung von sexueller Belästigung als von guten Bildern hat. Daß er ein Experte im Bereich des schmierigen Flirts ist, stellt er auch - sehr zum Unbehagen Darrens - gleich bei der hübschen jungen Kundin Angelina unter Beweis. Nach einigen Irrungen kommt es, wie es kommen muß, und die beiden verlieben sich ineinander. Was sich jetzt wie das Ende einer RomCom anhört, steht bei "Black Mirror 2", dem Nachfolger des vor fünf Jahren hoch gelobten Adventures, am Anfang einer mysteriösen Geschichte. Von diesem Zeitpunkt an überschlagen sich die Ereignisse nämlich erst, und der junge Darren bereist die Welt; na ja, zumindest sieht er England oder Teile davon, um seiner in Schwierigkeiten geratenen jungen Geliebten zur Seite zu stehen und herauszufinden, was es mit dem Fluch der Gordons auf sich hat.

Zu Beginn des Spiels fallen sofort die überarbeitete Graphik und die ungemein detaillierten Umgebungen auf. Man merkt, daß sich die Entwickler lange Zeit gelassen haben, um das Game technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Erstaunlich ist vor allem, wie gut sich die dreidimensionalen Charaktere in den 2D-Hintergrund einfügen. Auch Schattenwurf und Geräuschkulisse passen dazu und erzeugen eine Atmosphäre, wie man sie selten findet. All das läßt "Black Mirror 2" in der graphischen Oberklasse mitspielen. Selbst die Synchronsprecher verrichten - mit einer Ausnahme - ausgezeichnete Arbeit. Leider ist der Ausreißer ausgerechnet der Mann, der den Protagonisten Darren Michaels vertont hat. Vor allem in aufgewühlten Momenten wirkt der Held oftmals unglaubwürdig, und die ihm in den Mund gelegten Kommentare sind eher nervtötend als unterhaltend. Sieht man einmal davon und von der (rein subjektiven) Antipathie gegenüber dem Helden ab, so hat dtp bei der Lokalisierung wieder einmal auf höchstem Niveau gearbeitet.

Leider kann die Story die ansonsten bemerkenswerte hohe Qualität des Spiels nicht halten. Obwohl der Titel sehr interessant und spannend anfängt, läßt er ab ungefähr der Mitte stark nach. Von da an wird die Geschichte immer vorhersehbarer und erinnert mehr an eine Seifenoper denn an ein Grusel-Adventure. In dieser Hinsicht kann "Black Mirror 2" dem spannungsgeladenen Vorgänger leider nicht das Wasser reichen. Spieler, die den ersten Teil jedoch nicht kennen, werden voll und ganz zufrieden sein. Die Rätsel sind durchwegs logisch aufgebaut und sehr gut ausbalanciert, sodaß sowohl Neulinge als auch Profis ihren Spaß mit dem Titel haben werden. Als praktisch erweist sich in dieser Hinsicht auch die Hotspot-Anzeige, die vor allem in den sehr detaillierten Umgebungen mehr als sinnvoll ist. Sollte einmal ein Rätsel den Spieler vor ein unüberwindbares Hindernis stellen, kann es auf Wunsch auch übersprungen werden. Diese Funktion ist vor allem bei den obligaten Schiebe- und Musikrätseln mehr als begrüßenswert, da sich nicht jeder stundenlang damit beschäftigen will, Quadrate hin- und herzuschieben.

Obwohl die Story von "Black Mirror 2" also leider etwas verpatzt wurde, ist der Titel trotzdem ein empfehlenswerter Vertreter seines Genres und sorgt mit einer durchschnittlichen Spielzeit von ungefähr 15 Stunden für gute Unterhaltung.

Dragan Andjelkovic