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Während in England bereits
Schüler mit Atemdetektoren auf ihren "Nikotinmißbrauch" getestet
werden, bereiten die deutschen Sozialversicherungsstellen viel schärfere
Maßnahmen vor. EVOLVER-Reporter Benny
Denes hat sich tief in die Eingeweide der Krankenkassen gewagt.
Gelüftete
Gesellschaft
Henkelmann dreht sich auf dem langen, von Neonröhren beleuchteten Gang zweimal um, als wolle er sicher sein, daß uns niemand folgt. Er kratzt sich am Nacken, scheint nervös und sagt: "Scheißmagen!" Als wir im Aufzug angelangt sind, der vermutlich selbst bei seiner Inbetriebnahme in den siebziger Jahren nicht allzu modern wirkte, drückt er - von einem tiefen Stoßseufzer begleitet - auf "K". Nicht besonders schnell gleiten wir in die Tiefe des Krankenversicherungsbaus, der vorbeifahrenden Autofahrern durch die sozialistisch wirkende Buchstabenkombination G E S U N D H E I T aus Leuchtstofflettern auf dem Dach auffällt. Im Keller angelangt, sind alle Schweißperlen auf der Stirn des etwas molligen Mittvierzigers verschwunden. "Kommen Sie mit!" sagt Henckelmann, weiterhin ohne eine Spur von Lockerheit. Woran er arbeitet, hatte Henckelmann nur am Telefon beschrieben; es klang jedenfalls sehr nach einer Verschwörungstheorie. Er arbeitet in der Abteilung "Kundengesundheit" einer großen deutschen Krankenkasse. Bei dem neuen Programm, das vor allem in diesem Stahlbetonbau in Düsseldorfs Innenstadt entwickelt wird, soll es den Rauchern an den Kragen gehen. "Ans Portemonnaie wollen die uns!" erklärt er und grüßt den Reporter mit einer Zigarette im Mundwinkel. Hier unten treffen sich die verbliebenen Raucher des Gebäudes - laut Henckelmann sind es nicht mehr viele. Als er vor über zwanzig Jahren seine erste Stelle in diesem Gebäude hatte, habe er noch im Büro rauchen dürfen. Seit sein Arbeitgeber jedoch das Programm "ProfitGesund" intern vorbereite, würde Jagd auf die Raucher gemacht. Zuerst innerhalb der Peripherie: "Die Putzen, die Pförtner, das Kantinenpersonal - alle Raucher entlassen!" Henckelmann lacht nach jeder seiner Äußerungen
schnell, geradezu hysterisch. Seine Zigarette hat er verkrampft innerhalb
von zwei Minuten zur Kippe minimiert. Er tut sich schwer damit, etwas über
das Programm seiner Krankenkasse zu erzählen. Es gehe um Beitragssteigerungen
auf ein Vielfaches ihrer jetzigen Höhe, um Zwangsausschlüsse
für Raucher und ähnliches. "Die wollen sogar, daß Raucher
dazu angehalten werden, bestimmte Buttons am Revers zu tragen, hahha."
Er stockt in seinem Abschlußlachen, weil der Fahrstuhl sich wieder
in Bewegung gesetzt hat. Schnell schiebt er unsere Kippen hinter einen
losen Ziegel am Boden des Kellerraums, in dem wir stehen. Der Aufzug hält
tatsächlich auf dieser Etage. Ein paar Schritte sind zu hören,
sie müssen von einer Frau kommen. Henckelmann atmet auf. "Lina!" sagt
er, als erkläre das alles.
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