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Während sich die Klassengesellschaft in Mailand mittlerweile sogar in den Sitzbezügen öffentlicher Autobusse manifestiert, hat Wien endlich ein eigenes Vereinslokal für Menschenfeinde bekommen. Benny Denes meldet sich wieder mit neuesten Nachrichten aus aller Welt - und einem möglicherweise lebenswichtigen Aufruf.
 
 
 

Darwinistischer Linienbusverkehr

Nachrichtenwert: 38 %, Zuverlässigkeit: 73 % (gb)

Mailand gilt in Mittel- und Nordeuropa als versnobte Modestadt. Tatsächlich leben dort sehr viele Neureiche und solche, die es gerne werden wollen. Natürlich hat die zweitgrößte Stadt Italiens aber auch "stinknormale" Wohnviertel - Arbeiterbezirke, wie man sie auch aus anderen Städten kennt. So weit, so gut. Nun hat die neue Stadtverwaltung von Mailand mit Hilfe einer neuen Gebührenordnung für die Nutzung der Innenstadt durch PKWs erwirkt, daß immer mehr Einwohner zähneknirschend die Omnibusse der "Azienda Trasporti di Milano" nutzen. Weil sich unter den neuen Kunden aber auch viele Parvenüs und extrem wichtige Leute befinden, mußte die A.T.M. etwas für das Interieur der klapprigen Busse tun. Auf einigen Innenstadtlinien fahren mittlerweile neue Modelle; auf jenen Linien, die von den Randbezirken aus die Stadt durchqueren, wollte man diese jedoch nicht einsetzen. Deswegen haben die betreffenden Fahrzeuge jetzt Polsterrollen zum Wechseln der Sitzbezüge erhalten. Sobald ein Bus die Innenstadt erreicht, drückt dessen Fahrer auf einen Auslöser, und die neuen, schönen Polsterbezüge rollen sich selbständig in Position. "Empörend!" sagt ein Sprecher der sozialistischen Partei. Die A.T.M. überlegt nun, ob sie das Wechselspiel der Polster zugunsten neuer Sitzbezüge beenden wird.
 
 
 

Rückrufaktion!

Nachrichtenwert: 99 %, Zuverlässigkeit: 26 % (erf)

Mehrere Krankenhäuser und Geburtskliniken aus Niederösterreich, dem Burgenland und Teilen Kärntens baten uns um folgenden Aufruf: "Mütter, die in den Jahren 1994 und 1995 in einem der betroffenen Bundesländer ein Kind zur Welt gebracht haben, werden dringend gebeten, sich bei der Klinik zu melden, in der sie ihr Kind entbunden haben. Um Zeit zu sparen, werden die Mütter zusätzlich gebeten, jeweils eine Haarprobe von sich und von ihrem Kind zu nehmen und in einen Plastikbeutel zu stecken. Sollten die Telefonleitungen der Krankenhäuser überlastet sein, sollen die Mütter mit ihrem Kind direkt zur Klinik in die radiologische Abteilung kommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!"
 
 
 

Misanthropenverein in Wien

Nachrichtenwert: 9 %, Zuverlässigkeit: 94 % (tar)

Lebens- und gesellschaftsmüde Wienerinnen und Wiener haben ab August die Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten zu treffen. Initiator Thomas Schödl stellte in der letzten Woche das neue Café Schopenhauer (das nichts mit dem alteingesessenen Kaffeehaus in Wien 18 zu tun hat), ein Vereinslokal im fünften Bezirk, vor. Die anwesende Schar von Lokal- und Boulevardreportern wußte zwar wenig mit der Idee anzufangen; gelungen war die Eröffnung durch den 37jährigen Soziologiestudenten dennoch. Im Schopenhauer kann man angewidert lesen, beispielsweise Machiavellis "Der Fürst", sich den dissonanten Klängen von Mahler-Symphonien und diversen Dark-Wave-Platten hingeben oder ganz bewußt mit keinem der anderen Anwesenden sprechen. "Die Vereinsmitglieder sollen sich vom Wegschauen kennen", sagte Schödl, der selbst auch keine große Lust auf die Anwesenheit der Journalisten hatte und bereits nach zwanzig Minuten zum Abmarsch blies: "Haut jetzt ab, ich kann Euch nicht länger ertragen!" Sehr schön. Wer Genaueres über das Café Schopenhauer und den ersten Wiener Misanthropenverein erfahren möchte, soll sich gefälligst selbst darum kümmern.