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INHALTSVERZEICHNIS...










MUTTERFUNK
Was ist ihnen lieber? 

AD/CH 2001

Label/Vertrieb:
Ernste Töne

Wertung:
øøø

 

 
 
 
 

Wenn man der Jugend "ernste Musik" nahebringen will, sollte man das anders angehen als die Sound-Beamten von Mutterfunk. Ihr Ansatz ist ähnlich dem der Neuen Rechtschreibung ("Wir wissen, was gut für euch ist") und dürfte ebenso unbeliebt bleiben. Benny Denes war bei der Albumpräsentätion.
 
 
 
 

Mutterfunk
Didaktische Katastrophe
 

Das hat es wohl auch noch nicht oft gegeben: ein Pressetermin zum Album-Release - und wer empfängt die Journalisten? Ein "Musikpädagoge", wie sich der Mann mit dem grauen Jackett und dem schwarzen Hemd nennt, eine Oboistin, die "aber gar nicht auf dem Album mitgespielt" hat, und ein Vertreter der Plattenfirma, die eigentlich keine ist.

Es geht um einen Longplayer namens "Mutterfunk" (sprich: Muttafank). Initiiert wurde dieser von "Freunden gutgemachter Musik", wie sich die Macher selbst bezeichnen. Man kämpfe "gegen den Verfall der musikalischen Ernsthaftigkeit", sagt Reinhard Hofer bereitwillig in alle ausgestreckten Mikrophone. Er ist der Ansicht, diese bedrohliche Tendenz solle gebremst werden - und als Musiklehrer eines Basler Gymnasiums hatte er eine gute Idee. "Die musikalische Domestizierung fängt schon früh an", erklärt Hofer und hält dabei ostentativ die Titelseite eines Teenie-Magazins hoch, auf der sich ein albernes Foto der No Angels befindet.

Roddy Herxheimer, Vertreter des Plattenfirmenkonsortiums "Ernste Töne", stimmt ihm zu. "Heutzutage kauft sich doch niemand mehr freiwillig Jazz, Funk und Blues-Alben; zumindest niemand, der unter vierzig ist und/oder bisweilen fernsieht." Mutterfunk sollen dieser Entwicklung Einhalt gebieten. Auf dem Album befinden sich 21 Stücke, die speziell für die Ohren zehn- bis vierzehnjähriger Rezipienten geschaffen worden sind. Damit versuchen die Macher des Projekts, "eine Sensibilität für Moll-Pentatoniken und Shuffles" zu erreichen. Dieses Ziel lassen sie sich auch etwas kosten. Denn "Mutterfunk" wird es nicht im Plattenladen nebenan zu kaufen geben ("jedenfalls vorerst nicht"), die CD soll vielmehr an diversen Schulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz an die Zielgruppe verteilt werden.

Die Stücke auf "Mutterfunk" sind durchaus groovig und enthalten deutsch- und englischsprachige Gesangspartien. Sie wurden von diversen Studiomusikern eingezimmert und erinnern stellenweise an Kinderlieder wie "Le coq è mort..." oder "Shalom chaverim". Zum Ende der Präsentation wird der anwesenden Journalistenzunft auch klar, warum die Oboistin mit von der Partie ist. Sie spielt nacheinander die gleichen Töne im Stile aktueller Chart-Acts, im Stile eines John Lee Hooker und auf eine klassische Weise. "Was ist Ihnen lieber?" fragt sie, als sie ihre Darbietung beendet hat. Gute Frage.

ALBUM-REVIEW

Musikunterricht auf CD - eigentlich keine schlechte Idee. Leider hatten die Macher des Non-profit-Projekts nicht diesen Spruch auf Lager, als es um die Vermarktung der 21 Tracks zum besseren Verstehen und Hören von ernster Musik ging. Überhaupt vermißt man die Inspiration; das Ganze wirkt sehr altbacken. Vielleicht sollte man auch weiterhin jedem erlauben, das zu hören, was er gern mag. Was das Anstimmen von "Hey Jude" oder "Eleanor Rigby" gemeinsam mit 25 Klassenkameraden nicht erreichen kann, das wird dieses eher anstrengende Album erst recht nicht schaffen. Auch wenn es kostenlos ist...
 

Benny Denes