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Im dritten und vorerst letzten Teil seiner stillen, friedvollen Meditationen über den menschlichen Körper wundert sich Pater Michael Hass darüber, daß mittlerweile nicht einmal mehr die Unkeuschen wissen, woran sie - bei sich selbst - eigentlich sind. 14.07.2009
Für meine heutigen Worte an die Gemeinde muß ich euch innerlich an einen Ort geleiten, über den man in besserer Gesellschaft nicht gern spricht - aber manchmal sind auch solche Ausflüge notwendig, um die Botschaft zu vermitteln.
Drum, o Gläubige, versetzt euch mit mir in ein typisches Wiener Beisl (die Leser in den Bundesländern sollen jetzt halt an ein Landgasthaus denken), kurz vor oder nach der Sperrstunde. Es herrscht fröhliches, alkoholgeschwängertes Treiben, derbes Gegröle zu unsäglichen Schlagerplatten aus längst verwichenen Jahrzehnten ertönt, und zwischendurch werden lautstark Witze erzählt, bei dem es einem Mann Gottes automatisch die Ohren verschlägt. Irgendwann fordert dann die Natur ihr Recht, und man begibt sich dezent auf die Herrentoilette, meidet die Pissoirs, wie sich das gehört, und schließt sich in einer Kabine ein. Dort, so sollte man annehmen, weiß jeder, was er zu tun hat - doch weit gefehlt: An diesem stillen Örtchen sieht es aus, als wären 30 Matrosen auf Landurlaub gleichzeitig am Werk gewesen, und selbst der feste Pfarrersschuh läuft Gefahr, angesichts dieser Zustände durchlässig zu werden und Harnstein anzusetzen.
Grauslich, ich weiß. Was ich aber damit sagen will - und auch bei meiner Rückkehr in den Gastraum den anderen Herrschaften predigte: Die Leute haben ihre Körper nicht unter Kontrolle und wissen mit den einfachsten Handhabungen nicht umzugehen. Ein fröhlicher kleiner Kerl, der seine 18 Krügeln intus hatte und mich aus irgendeinem Grund (er hat öfters kleine Unfälle) mit einem Sanitätsarzt verwechselte, den er den "Uri Geller der Notfallchirurgie" nannte, starrte mich aus schwimmenden Augen an und versuchte, den Sinn meiner Worte zu begreifen. Nach drei spannenden Minuten gelang es ihm, seine Gesichtszüge verzogen sich zu einer Parodie der Freude, und er verkündete mir und allen anderen, die es nicht hören wollten: „Extremitäten sind nicht alles!"
Ein weises Wort, betrunken ausgesprochen. Und damit sind wir auch endlich beim Thema: Egal, was euch Therapeuten, Nudisten und Gymnastiklehrer einreden wollen, meine Lieben - denkt doch bitte nicht soviel über euren "Köaapa" nach. Der weiß schon von selbst, was er zu tun hat: er findet automatisch die richtige Position auf dem Sofa, begreift wie von selbst, daß er sein Geschäft in die große weiße Porzellanmuschel erledigen soll, und versteht auch instinktiv, wes Geschlechts er ist.
Genau letzteres aber soll ihm heutzutage ausgetrieben werden, und zwar amtlich. "Gender Mainstreaming" heißt das von höchster Stelle verordnete, von verblödeten Wissenschaftlern theoretisch unterfütterte und von den staatstragenden Medien beinhart durchgezogene Schlagwort. Was es bedeutet, traut man sich kaum wiederzugeben, aber bitte: Das biologische Geschlecht, das uns der liebe Herrgott mitgegeben hat, zählt nicht - entscheidend soll vielmehr ein frei erfundenes "soziales" oder "psychologisches" Geschlecht sein. Das ist natürlich nicht nur auf den ersten Blick grober Unfug, sondern auch bei näherem Hinschauen - was wir aber bitte tunlichst vermeiden wollen, weil es gleich gegen mehrere Gebote auf einmal verstößt.
Doch was früher nur Zwittern und jenen armen Kreaturen, die sich im falschen Körper eingesperrt fühlten, ein Problem war, ist jetzt zum kollektiven Irrsinn geworden: Schaffen wir drei, vier, viele Geschlechter, heißt es da (was nicht umsonst an den unseligen Vietnamkrieg erinnert) und: Es gibt nicht nur zwei Arten Sexualität - also Hetero und die biblisch andernorts erwähnte -, sondern unendlich viele. Die neuen Vorbilder sind Transsexuelle, Travestie-Stars und künstlich zusammengeflickte Genitalmonster; die neue Lebenshaltung ist nicht etwa Enthaltsamkeit (was immer noch besser wäre, glauben Sie mir!), sondern sexuelle Unentschlossenheit.
Bei den nach 1968 in der Ideologie-Retorte herangezüchteten Generationen, wo eh keines mehr genau weiß, ob es Manderl oder Weiberl ist, kann sich sowas natürlich nur katastrophal auswirken. Vor allem das Studentenvolk ist dem Terror von ganz oben hilflos ausgesetzt. Da gibt es beispielsweise eine Zeitung von der ÖH der Uni Wien (wußten Sie übrigens, daß man zwar aus der katholischen Kirche problemlos austreten kann, aber als freiheitsliebender Student keinesfalls aus der Österreichischen Hochschülerhaft?), also: eine Zeitung mit dem phantasielosen Namen "Unique", die den Zwangsbeitragszahlern per Zwangsabo zugestellt wird und praktisch in jeder Ausgabe einen Gender-Schwerpunkt hat, wo gern über gleichgeschlechtliche Anliegen, Feminismus und den richtigen Drogenmißbrauch bei positivem AIDS-Befund berichtet wird. Als Geistlicher kann ich derartige Propaganda ohnehin nur generell verdammen; als interessierter Beobachter sehe ich die Folgen des Gender-Wahnsinns, dieser nach der sozialen und intellektuellen Nivellierung endgültigen Gleichmacherei (nicht einmal das Pfuigack gehört noch euch!) auf Schritt und Tritt, wenn ich durch die Stadt gehe.
Die vergenderte Jugend zeichnet sich A. durch bucklige Körperhaltung, eingefallene Brustkörbe und eine Tendenz zu X-Beinen aus (man darf ja auf keinen Fall über andere hinausragen oder gar das präsentieren, was man da unten hat), trägt B. das Haar entweder halblang und fettig oder im ungezieferverdächtigen Dreadlocks-Wust, scheut C. auch vor den dümmsten Bartmoden nicht zurück (das gilt übrigens auch für jene Wesen, die man vor der Gender-Reform noch "Frauen" genannt hätte, weil die jetzt ja alle Frida Kahlo als haariges Vorbild haben), zieht D. stets die Mundwinkel nach unten, um besser mit schnarrender Stimme und in monotonem Tonfall demonstrieren zu können, daß sie das alles eigentlich auch ganz schön schlecht gelaunt macht, und führt schließlich E. eine Mode spazieren, die die Caritas nicht einmal der Dritten Welt zumuten möchte und stattdessen zur Weiterverwertung einschlägigen Boutiquen überantwortet. Womit wir bei Punkt F wie "Fazit" wären: Die armen Kinder haben keinen Stil, weil sie auch kein Geschlecht mehr haben dürfen. Für einen "Jooob" im Callcenter brauchen sie das ja auch gar nicht mehr, da genügt der vom Fernsehen angelernte Piefke-Akzent.
Wahrlich, ich sage euch: Es mag nicht immer so sein, daß in einem gesunden Körper ein gesunder Geist steckt - wie jeder weiß, der je ein Fitneßstudio besuchte -, aber es ist ganz sicher so, daß in einem niedergegenderten Körper kein froher Geist steckt. Deswegen müssen wir uns die Lebensfreude ja auch importieren; aber das ist wiederum eine ganz andere Geschichte.
PS der EVOLVER-Redaktion: Pater Michael Hass wird am 16. Juli live aus seinen Predigten vortragen und sich dabei von wunderbaren Tastenklängen seines Ordinarius und Musikmeisters Roland Guggenbichler begleiten lassen.
Ort: Pathologisch-anatomisches Bundesmuseum in Wien; Beginnzeit: 19 Uhr; Eintritt: 6 Euro
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Narrenturm-Sommerprogramms Tower of Power 2009, wo Sie auch Eintrittskarten reservieren können.
Gehen Sie hin, auf daß der Zorn Gottes nicht über Sie komme!
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Wahrscheinlich haben Sie, lieber Leser, geduldig auf diese Kolumne gewartet - und das muß man Ihnen auch hoch anrechnen. Andererseits: Was blieb Ihnen anderes übrig? Daß man durch übertriebenes Warten aber keineswegs in den Himmel kommt, sondern bestenfalls später dran, wird selbst dem Frömmsten irgendwann klar. Darum predigt Pater Michael Hass Ihnen heute, warum es manchmal schneller gehen sollte.
Wo ein Piefke ist, wachsen fünfe zu, sagt ein Sprichwort. Selbst der Pater erfährt täglich zu seinem Leidwesen (und dem der Gemeinde), daß das stimmt - und das Nachbarland nicht nur Protestanten und Protestierer zu uns schickt. Im Beichtstuhl gibt er den Bundesdeutschen gern ein paar Vaterunser mehr auf, wegen Sprachschändung. Und in seiner aktuellen Predigt hat er sich sogar zu einem offenen Brief an den Verfasser des letztjährigen deutschen Polit-Bestsellers hinreißen lassen ...
Alles dreht sich um Geld, auch das kirchliche Leben. Leider. Doch deshalb soll sich der Gläubige noch lange nicht den Gesetzen des Casinokapitalismus unterwerfen und es den Börsen-Gangstern nachtun wollen. Genau dazu scheinen ihn die Finanzinstitute aber zwingen zu wollen - mit Geldspielautomaten, die er wohl oder übel bedienen muß, um Pfuinanzielles zu erledigen. Der Pater rät ab, weil auch er weiß: Die Bank gewinnt immer!
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen, und plötzlich war es Winter. Und wieder hatte niemand damit gerechnet, daß der Herr Schnee schicken würde. Die weiße Pracht sorgte - wenigstens bis zum Ausrücken der Räumbrigaden - für Ruhe auf den Straßen, Stürze auf den Gehsteigen und zeitweilige Kollektivamnesie. Pater Michael Hass hat dabei zugesehen und der Natur gedankt.
Er begann seinen Dienst am Christenvolke im benachbarten Blog "ZiB21", bevor er aus Gewissensgründen zum EVOLVER wechselte. Bei uns läßt er jetzt gelegentlich wortgewaltige Predigten los - und der Vollständigkeit halber wiederholen wir jetzt die ersten sechs seiner sonntäglichen Episteln auf unseren Seiten. Am Samstag. Als (einstweilen) letzte Episode lesen Sie die vom 4. April 2009.
Er begann seinen Dienst am Christenvolke im benachbarten Blog "ZiB21", bevor er aus Gewissensgründen zum EVOLVER wechselte. Bei uns läßt er jetzt gelegentlich wortgewaltige Predigten los - und der Vollständigkeit halber wiederholen wir jetzt die ersten sechs seiner sonntäglichen Episteln auf unseren Seiten. Am Samstag. Diesmal gibt’s die Episode vom 28. März 2009.
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