Editorial_23. 1. 2006

Wo Geld ist ...

Die massenmedialen Wichtigmacher haben sich auf die "Klimt-Affäre" eingeschossen. Und wir fragen uns: Was gehen diese langweiligen Millionärs-Spielchen eigentlich uns an?    03.02.2006

Liebe EVOLVER-Leser und -innen!

 

Die Republik Österreich wurde kürzlich dazu verurteilt, ein paar im Fahrwasser des Nazi-Unwesens von Amts wegen gestohlene Gemälde von Gustav Klimt an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Zur gleichen Zeit scharrt ein mit österreichischem Steuergeld produzierter Klimt-Kinofilm in den Startlöchern. Wollen wir einen Blick auf die Details werfen?

Von mancher Seite wird die Verpflichtung zur Rückgabe der Bilder bedauert. Das kann man durchaus verstehen. Wenn zum Beispiel ein EU-Mitbürger aus Polen in Wien einen Mercedes stiehlt, an der Grenze damit erwischt wird und den Wagen wieder hergeben muß, wird er das auch bedauern. Das Unrechtsbewußtsein ist dem Verbrechertum bekanntlich fremd. Auf der anderen Seite stehen die Besitzer der Bilder. Ehemaliges Wiener Großbürgertum, heißt es in der Tageszeitung "Der Standard" - das klingt nach Leuten, die für viel zu viel Privatbesitz viel zu wenig gearbeitet haben. Von den Nazis zur Emigration gezwungen, heißt es weiter. Das wiederum rechtfertigt vieles. Die Nachkommen dieser Nazi-Opfer leben in New York und bekommen nun ein paar Gemälde in die Hand, von denen bloß eines angeblich über 100 Millionen Euro wert ist. Das sei ihnen gegönnt: Jeder Mensch braucht schließlich ein Dach über dem Kopf und ein warmes Essen auf dem Tisch.

Aber eine Frage bleibt offen: Was soll an diesem angehiaselten Leinwandfetzen so wertvoll sein? Sofern man sich nicht von gewissen analen Charakterzügen dazu gezwungen fühlt, mit einer Lupe in bröseligen Farbklümpchen herumzustochern, ist man mit einer Schmuckfarben-Replikation von Klimts "Adele" viel besser beraten: sie ist sauberer, weniger empfindlich und bleibt ohne besondere Pflege viel länger schön. Klimts Bilder sind längst mit hochauflösenden digitalen Bildaufnahmeverfahren für die Nachwelt erfaßt, in einer Qualität, die Klimts Vorstellungskraft um Gigabytes überstiegen hätte; man kann heute innerhalb eines Tages 100.000 Adeles herstellen, die dem Original in nichts nachstehen. Also ist die ganze Sache doch nur ein Possenstück der Reichen. Jener Reichen, die dann die arbeitende Bevölkerung belästigen, indem sie über die in ihrem Besitz befindlichen Massenmedien genauso wertlose wie ärgerliche Junk-Food-News über beispielsweise diese Klimt-Affäre verbreiten, um damit wichtige Neuigkeiten zu verschleiern. Das ist die einzige wirkliche Frechheit.

Der EVOLVER erspart Ihnen diesen Ärger. Bei uns finden Sie nur Berichte über Dinge, die entweder Ihre Freizeit bereichern oder zumindest lustig und unterhaltsam geschrieben sind.

 

In diesem Sinne:

 

Viel Spaß beim Lesen wünscht

 

Klaus Hübner

(EVOLVER-Herausgeber und -Chef-Ikonoklast)

Klaus Hübner

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