Within Temptation - The Silent Force
ØØØØ
Gun/BMG
(NL/15. 11. 2004)
Schon viele Acts sind am "verflixten dritten Album" gescheitert. Dieser, aus Holland, wird damit zumindest nicht wieder in der Versenkung verschwinden. 25.11.2004
Der Re-Release von "Mother Earth" im letzten Jahr war ein Meilenstein in der noch recht kurzen Band-Geschichte von Within Temptation. Die Single-Auskopplung "Ice Queen" verbrachte viel Zeit in den luftigen Höhen verschiedenster europäischer Top-ten-Paraden. Solche Karriere-Kicks waren der Band bis dato nicht fremd - sie durfte beispielsweise bereits zwei Monate nach ihrer Gründung einen lukrativen Plattenvertrag unterschreiben.
Nun schicken sich Within Temptation an, den Erfolg zu bestätigen, und werfen mit "The Silent Force" ein Album auf den Markt, um den vielen Verpflichtungen, die man als Charts-Stürmer nun einmal hat, nachzugehen: Verpflichtungen den Fans, sich selbst, und vor allem der Plattenfirma gegenüber. Eine Möglichkeit wäre, die einstige Hitsingle vielfach zu kopieren und sie als zehn neue Tracks auf einer CD zu verkaufen - siehe Linkin Park. Eine andere Variante ist die der musikalischen Weiterentwicklung. Und dann gibt´s noch eine, die von Plattenfirmen gern forciert wird und mit der man sich hinsichtlich Kommerzdruck und dem Vorwurf musikalischen Stillstands auch recht gut aus der Affäre ziehen kann: Man schraube einfach den nicht-massenkompatiblen Anteil in den Songs noch ein wenig weiter zurück und konzentriere sich mehr auf seine erfolgversprechenden Qualitäten. WT schaffen es, alle diese Möglichkeiten miteinander zu kombinieren.
So erhält der Hörer, wie großteils schon auf "Mother Earth", Melodien, die beinahe Gefahr laufen, in kitschige Tiefen abzugleiten, wenn sie sich nicht so schmeichelhaft in den Gehörgängen festsetzen würden. Der Unterschied zum Vorgänger liegt dabei vorwiegend in der Produktion und in der Ausrichtung.
Obwohl die Orchester- und Chorsektion noch immer mächtig aus den Boxen tönen, erscheint alles nicht mehr ganz so extrem. Stimme und Streicher sind gegenüber den Gitarren in den Vordergrund gerückt, und Sharon den Adel setzt ihr Organ auch nicht mehr so schrill ein (was manche Kenner und Kritiker ermutigen sollte, wieder einmal ein Live-Konzert der Holländer zu besuchen. Die Gefahr eines bleibenden Gehörschadens ist jetzt nicht mehr so hoch wie noch vor einem Jahr). Es finden sich sogar einige ruhige, beinahe an Enya oder Mike Oldfield erinnernde Songs auf "The Silent Force" - insgesamt also weniger Bombast und mehr Mainstream.
Hört man die Platte einige Male, so entpuppt sich diese Herangehensweise als einziger Nachteil an der Sache. Der Gesamteindruck bekommt durch die Anwendung ähnlicher oder gleicher Stilmittel den Geschmack nach Einheitsbrei. Der Hörer registriert dann auch nicht mehr, ob ein neuer Song begonnen hat oder bei welcher Nummer er gerade angelangt ist. Nur selten kommt etwas Dynamik auf und regt die Aufmerksamkeit an, wie es am Beginn von "Stand My Ground", der ersten Single-Auskopplung (auf der Single-Version wurde besagter dynamischer Teil übrigens weggeschnitten), der Fall ist. So kommt es, daß sich eine scheinbar seichte Stimmung durch das Album als Ganzes zieht. Behandelt man die Songs jedoch als einzelne, für sich stehende Kompositionen, so findet man ein paar hörenswerte: das markante "See Who I Am", das opulente "Jillian", das hitverdächtige "Stand My Ground" oder das wunderschön ruhige "Memories".
Freunde des Genres - Metal/Rock mit Frauenstimme und Orchesterbegleitung (bekannte Referenzen sind zum Beispiel Nightwish oder Evanescence) - machen mit dem Kauf von "The Silent Force" ganz bestimmt keinen Fehler. Gespannt darf man jedoch die Reaktionen der Fans der ersten Stunde erwarten: Während einige der Band sicher - wie üblich - Verrat ankreiden werden, können andere hoffentlich die Reife und den Mut, überflüssigen Ballast loszuwerden und auf den Punkt zu kommen, honorieren.
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(NL/15. 11. 2004)
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