Platten_The Charlatans - Up at the Lake

Farewell to Wonderland

Totgesagte leben länger! Selbst treueste Fans kamen wegen ihrer Lieblinge schon früher schwer ins Grübeln - aber jetzt kann Entwarnung gegeben werden.    31.07.2004

O Zeichen, o Wunder!

Die Charlatans besinnen sich auf alte Werte und sind mit "Up at the Lake" und voller Kraft zurückgekehrt. Das dynamische, intelligent arrangierte "Feel the Pressure", eines der Highlights des aktuellen Albums, trägt unverkennbar die Handschrift der Chemical Brothers, die neben James Spencer und Ken Nelson für die richtige Abmischung der Plaatte sorgten.

Mit traumwandlerischer Sicherheit bedienen sich die fünf Scharlatane rund um Frontman Tim Burgess gut bekannter Akkorde, verpacken die allerdings derart gekonnt in ihr eigenes urtümliches Sound-Gewand, daß man den Vorwurf des Plagiats nur sehr ungern erheben möchte. Darum sei ganz leise angemerkt: "As I Watch In Disbelief" leiht sich die ersten beiden Akkorde (und teilweise die Gesangsmelodie) aus dem alten Ozzy-Song "Changes" (ist aber viel positiver - und rockt!).

Die Charlatans sparen auf ihrem neuen Werk glücklicherweise den Falsettgesang und flockigen Pop, Marke "Wonderland", weitgehend ein. Nur "Bona Fide Treasure" zeigt noch Anleihen an diesen Stil und klingt nach den Small Faces. Diese Selbstkasteiung ermöglicht es der Band, ihre wahren Stärken zu zeigen - verflixt eingängige Refrains etwa oder großartige Melodiebögen wie in "Dead Love". Das wunderschöne "Cry Yourself to Sleep" hat einen samtig-weichen mehrstimmigen Gesang; daneben gibt es zarte Ian-Brownsche-Einsprengsel à la Manchester.

Vor allem aber bietet "Up at the Lake" starke Songs, die neu und trotzdem angenehm vertraut wirken. Die Charlatans lassen auf ihrer neuen Platte keinen Durchhänger an den Start. Wer den Schwingungen der Rave-Zeiten anno Madchester und sattem Brit-Rock/Pop nur im Geringsten nachtrauert oder sich von dem hart Ersparten ein Album ohne Lückenfüller kaufen will, wird von dieser CD sicher nicht enttäuscht sein! Es ist ein gutes Gefühl, die fünf Scharlatane zurück zu wissen.

David Meixner