Surf - Teen Planet
ØØØ
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(D/15. 11. 2004)
Wer singt schon über party- und liebesbedürftige Yetis, sich nicht öffnende Fallschirme in Kasachstan oder einen Bus voller australischer Jungfern? Diese verrückte Band hier tut es. 13.11.2004
Surfen - das kann man sowohl auf dem Wasser als auch zu Hause mit dem Computer (jetzt nicht auf das Kasterl stellen, bitteschön). Jeder kennt Nada Surf oder hat zumindest einmal von ihnen gehört. Oder die Surf-Musik. So weit, so gut. Nur sind jene Surf, um die es hier geht, zwei Brüder, die als Trio reinen Electro-Pop machen, der großteils auf Gitarren gespielt wird.
Klingt seltsam? Dann ist zumindest das erreicht, was Surf wollen: neugierig machen auf das, was sie aufgenommen haben. Und damit nicht genug - der Titel-Track der Platte stammt von Disco-Star Patrick Cowley, der 1983 an AIDS verstarb, bevor er seine Theorien über das Abkommen zwischen Außerirdischen und Machtinhabern unserer Erde (USA = United Space Agreement) beweisen konnte.
Nun kennen wir in etwa auch die Marschrichtung, in welche die Platte geht: 80er-Sound, der auf einem Planeten spielt, auf dem nichts so ist, wie es scheint. Doch bevor man sich vor den Fernseher setzt und sich selbst davon überzeugen kann, daß die Welt tatsächlich nicht so ist, wie sie zu sein vorgibt, sollte lieber die "Teen Planet"-CD in die Musikanlage geschoben werden. Schießlich ist auch Surfs Marschrichtung zu den Eighties-Klängen nicht ganz richtig, da sie mit Track zwei schon "Hate to Say I Told You" spielen, eine Coverversion von The Hives, ordentlich durch den Elektrowolf gedreht; und "Temporary Secretary" ist ein Song, der aus Paul McCartneys Feder floß.
Davor und danach können wir jede Menge Eigenkompositionen genießen. Als Opener erklingt etwa "I´m A Boy", das durch seine unaufdringliche Naivität an Blur und ihr "Girls And Boys" erinnert. "I Fall" ist Kuschel-Pop pur, zuckersüß und einfach schön; außerdem verleitet es das Gehirn zum Abschalten, und es ist uns egal, ob das Lied tatsächlich von einem kasachischen Fallschirmspringer handelt, dessen Schirm sich nicht öffnet. Schön klebrig ist die Musik allemal und bleibt dadurch im Gehör picken.
Leider können Surf das hohe Niveau nicht über die ganze Albumlänge hinweg halten. Dafür belohnen sie unsere Geduld immer wieder mit Höhepunkten ihrer Musik, die auf Gitarren eingespielt und durch die Elektronik verfremdet wurde. Und all das ist versammelt auf einer CD, die der Soundtrack zu so manchem Buch von Douglas Coupland sein könnte.
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