Platten_Samael - Reign of Light

Im Kanton nichts Neues

Nach 5 Jahren Funkstille melden sich die Schweizer Space-Metaller zurück und schleudern der Musikwelt ihre altbewährte Eigenständigkeit ins Gesicht.    13.11.2004

Als Grund für die lange Wartezeit auf neues Material seit dem Release des Samael-Meisterwerks "Eternal" werden Meinungsverschiedenheiten mit dem Label angeführt. Besagte Scheibe hatte den damals eingeschlagenen Kurs in Richtung post-elektronischen, experimentellen Metal bestätigt und jenen Stil, der 1996 auf "Passage" das erste Mal zum Einsatz gekommen war, geradezu perfektioniert. Mit Spannung wurde deshalb ein Nachfolgealbum erwartet, und die Fan-Schar durfte sich zu Recht fragen, wie sich die Schweizer um Mastermind Xy angesichts des bis dato immer wieder vollzogenen musikalischen Reifeprozesses zwischen ihren bisherigen Veröffentlichungen diesmal weiterentwickelt haben würde.

Und siehe da: Samael scheinen ihren Stil gefunden zu haben, denn das, was auf "Eternal" kreiert wurde, kommt auf "Reign of Light" in unwesentlich abgeänderter Version wieder zur Anwendung. Natürlich gibt es, dezent versteckt, subtile Neuerungen wie facettenreichere (künstliche) Instrumentierung, rhythmischere Gesangslinien oder weibliche Hintergrund-Vocals. Die gravierendsten Neuerungen sind aber die vom Kreator- und Waltari-Klampfer eingespielten Sitarklänge und der vermehrte Gebrauch orientalischer Melodieabläufe.

 

Doch der Gesamteindruck bleibt: Die Songs hätten größtenteils ohne weiteres auch auf den Vorgänger gepaßt. Auch Sound-technisch blieb alles beim alten - Frontman Vorph läßt seine Stimme verzerren und bis zur Unendlichkeit doppeln, Gitarren ordnen sich der Elektronik unter oder sind in wenigen kurzen Momenten bestenfalls gleichgestellt (Ausnahmen wie der Titel-Track "Reign of Light" bestätigen jedoch die Regel), die programmierten Drums grooven meist im Midtempo, und die kurzen, stakkatoartigen Basedrum-Stafetten dürfen ebenfalls nicht fehlen.

Doch auch Altbewährtes kann überzeugend sein, wenn es so perfekt und eigenständig eingesetzt wird wie von Samael. Der treibende Groove des Openers "Moongate" geht bereits beim ersten Durchlauf ins Blut. Andere Anspieltips, die dem Hörer eventuell ein wenig Geduld abverlangen könnten, sind beispielsweise das ein wenig an The Kovenant erinnernde "Inch´ Allah", das atmosphärische "On Earth", der Titel-Track, das sehr orientalische "Heliopolis" und die eher untypisch ruhigen Songs "Further" und "Door of Celestial Peace".

Bleibt die Frage, die jeder Fan für sich selbst entscheiden muß: Überwiegt die Enttäuschung angesichts der kaum vorhandenen Weiterentwicklung, die man nach fünf Jahren Pause doch erwarten hätte dürfen, oder die Erleichterung, endlich wieder neues, eigenständiges, unvergleichliches Liedgut der Schweizer Ausnahmekünstler zu hören zu bekommen?

Michael Widholm

Samael - Reign of Light

ØØØ 1/2


Regain/Galactical

(CH/25. 10. 2004)

 

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