Platten_Prophets vs. Profits: Weapons of HipHop

Weapons of Hip-Hop

HipHop, wie er unterschiedlicher nicht sein könnte: die Wiener Crosscodes wollen wissen, ob sie so gut rappen können wie Joe Rilla. Doch kann der mit Größen wie Nas oder Xzibit mithalten?    08.01.2005

Hip-Hop, bist du bunter Söhne: Da rap(pel)t es ganz schön wild im Karton: Schier aus dem Ei gepellt vermelden Crosscodes aus Wien ihre eigene Geburt. Zusammengestellt wie für den Bravo-Starschnitt lächeln die drei unschuldig vom Cover ihres Debütalbums "The Birth". Die in Wien lebenden Hip-Hopper wurden von Felix Okon (Unique II; "Break My Stride") bei einem Contest entdeckt und sogleich begann man mit musikalischen Geburtsvorbereitungen. Leider läßt das Ergebnis auf eine Frühgeburt schließen, denn die Songs wirken unfertig und nach altbekannten Schema angerührt.

 

Als "Bereit zum Sterben" erklärt sich hingegen Joe Rilla aka der Dicke aus Berlin und findet trotzdem noch Luft dafür, um auf seinem neuesten Silberling "den Möchtegern-Pimps und Teenie-Gangstern" zu erzählen, "worum es geht und immer ging". Der Analphabeten-Mastermind hat aber auf seinem Soloalbum keinen Bock auf einen Richtungswechsel. Sprich, geboten wird "Gangsta Shit" all areas.

Die Sonne geht im Herzen eines jeden HipHoppers auf, wenn er über den Atlantik schaut. Denn aus dem Land jenseits des großen Teiches rollen die neuen Werke von zwei Urgesteinen heran. Wirklich viel zu erzählen hat Nas, der uns mit einem Doppelalbum beglückt. Auf den insgesamt 25 Tracks von "Street´s Disciple" spielt der New Yorker all seine Trümpfe offen aus.

Sein Kollege Xzibit (im Bild) meldet sich mit 16 neuen "Weapons Of Mass Destruction" zurück. Ob ihm dafür Olymp oder eher Hausberg zusteht, das lesen Sie in der Review unten!

 

 

David Meixner

Crosscodes - The Birth

Ø


Pate/Ixthuluh

(Ö/2004)

 

Das Debütalbum der Wiener entpuppt sich als sterile Angelegenheit mit wenig Kraft und Eigenständigkeit. Die Mehrheit der Tracks ersäuft im radiofreundlichen Pop-Dressing, egal ob nun Ragga oder R´n´B draufsteht (in diesem Kontext wirken die Interludes wie ein schlechter Witz). Dabei kann das Trio zwar mit durchaus gefälligem Flow rappen, doch bleiben die Rhymes stets einfach gestrickt und inhaltlich substanzarm. Gelungere Talentproben wie das unterkühlte "Monkey Jam" gibt es wenige, doch trifft die jungspundigen Protagonisten bei so viel Fremdbestimmung (Songwriting, Produktion, PR) nur eine Teilschuld. "The Birth" zerbricht am Spagat zwischen deklarierter Hip-Hop-Authentizität und kommerziellem Ausverkauf neuer Gesichter. Am Schluß bleiben lediglich drei Fragezeichen.

 

Links:

Joe Rilla - Bereit zu Sterben

ØØ 1/2


Jackpott/SPV/emv

(D/4. 11. 2004)

 

"Bereit zu Sterben" öffnet das Nähkästchen eines Kämpfers, der in harten Rhymes vom toughen Leben als Homie erzählt. Doch statt musikalischer Bewegungsfreiheit gibt's die üblichen düsteren Szenarien, dazu schleppende Beats und böses Gangsta-Geflirre. Die Themen, das Vokabular und die Bilder, derer sich Joe Rilla auf den 22 Tracks bedient, wirken leider viel zu oft wie ein Scherenschnitt der amerikanischen Vorbilder. Eines muß man dem Dicken aus Berlin jedoch lassen: Der Mann ist echt, hat Street-Cred und sein Flow stimmt. Auch wenn zwischen Selbstbeweihräucherung, Frust und Wut ein wenig die Perspektive verloren geht, werden Freunde des Genres nicht enttäuscht.

 

Links:

Nas - Street´s Disciple

ØØØØ


Columbia/Sony

(USA/29. 11. 2004)

 

Fleißig, fleißig, Part I:

Na, da hat einer aber artig Hausübung gemacht! Gleich zwei hervorragende Scheibchen kann man sich von Nas´ neuestem Streich abschneiden.

Schon zu Beginn wird klar, daß da jemand geistig frei vom Neptunes- und Timbaland-Sound für eine Rückbesinnung zur alten Schule bereit ist. Langjährige Wegbegleiter und Beat-Tüftler wie L.E.S., Chucky Thompson und Salaam Remi wurden zurück ins Boot geholt und Nas selbst macht das, was er zweifelsohne am besten kann: rappen, rappen und nochmals rappen. Kaum ein anderer kann ihm in Sachen Ausgefuchstheit das Wasser reichen. Inhaltlich nimmt er kein Blatt vor den Mund, selbst wenn es um Afro-Amerikaner geht, auf die die Kritik fällt. "These Are Our Heroes" etwa ist eine bitterböse und bissige Mahnung davor, als erfolgreicher Afro-Amerikaner nicht auf seine Wurzeln zu vergessen.

Stark auch die Idee, innerhalb eines Songs in verschiedene Rollen zu schlüpfen - und das mit Stimm- und Style-Änderung. Schon deshalb sollte man Tracks wie "Sekou Story" und das in vieler Hinsicht großartige "Live Now" gehört haben. Und wer mal den Mississippi-Blues mit dem HipHop so richtig brutal vereint erleben will, der sollte sich "Bridging The Gap" reinziehen.

 

Links:

Xzibit - Weapons of Mass Destruction

ØØØØ


Columbia/Sony

(USA/6. 12. 2004)

 

Fleißig, fleißig, Part II:

Auch Xzibit geht in seinem neuen Wurf keine Experimente ein und entkommt der Zeitgeistfalle. Für "Weapons Of Mass Destruction", das mit einer verdammt gelungenen, weil inhaltlich konträren, Collage aus George-W.-Bush-Äußerungen beginnt, ließ er sich von einer beeindruckenden Riege von Profis unter die Arme greifen. DJ Hi-Tek, Roc Ski, Rockwilder und Khalel sorgen für die Art abwechslungsreicher Beats, die - siehe Nas - trotz Elektronik-Flirt immer noch nach Old School riechen. G-Funk, Lowriders, Funk/Soul ... alles im Topf. Und hat Xzibit einmal diese Unterlage, dann belebt und belegt er die Tracks mit seinem messerscharfen und unachahmlichen Style auf äußerst delikate Weise. Glasklares Highlight des Albums: "Beware Of Us".

 

Links:

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