Platten_Moongarden - Round Midnight

The City Never Sleeps

Flackernde Neonlichter, Sauerstoffilter, vollbesetzte U-Bahnen, sprechende Gehsteige ... klingt nicht nach Sommerlaune, aber auch nicht nach einer CD aus Italien.    06.07.2004

Schon das Cover von Moongardens "Round Midnight" nimmt thematisch Bezug zum Verlorensein: Eine Japanerin steht, eine kleine Tragtasche in der Hand, in einer in grünes Neonlicht (Fuji läßt grüßen!) getauchten Halle - hinter ihr, zu Dutzenden, Münzfernsprecher. Die Frau blickt in die Ferne, als erwarte sie jemanden. Vielleicht ist es die Wartehalle eines Flughafens ... Die Szene erinnert jedenfalls an das verlassene Tokio aus Kyoshi Kurosawas Film "Pulse"; ein passendes Cover für die etwas trostlose Grundstimmung von "Round Midnight".

Immerhin hat der Schweizer Progressive-Rock-Label-Zwerg Galileo Records gut daran getan, Moongarden in die Riege seiner Bands (Simon Says, Forgotten Suns) aufzunehmen, um sein Spektrum zu erweitern. "Round Midnight" bietet atmosphärischen Rock mit Songs jenseits der Drei-Minuten-Marke, aber entgegen vieler Kritikermeinungen sicherlich keinen Progressiv-Metal. Die Tatsachen, daß es ein Grundthema gibt, einige Songpassagen im 5/4-Takt tänzeln oder die Soli ausgedehnter und länger als üblich sind, machen noch lange kein Genrealbum aus. Galileo zieht sich in dieser Hinsicht mit der Bezeichnung "Neo-Prog" diplomatisch aus der Affäre.

Mit "Round Midnight" beginnt auch das Album - und das nicht schlecht. Musikalisch scheinen die Italiener am ehesten an Porcupine Tree, Pink Floyd, Marillion oder Tony Banks orientiert. Besonders beachtenswert ist der Refrain mit seinen unerwarteten Akkordwechseln. Hier kommt auch Luca Palleschis eigenwillig-charakteristisches Organ besonders gut zum Ausdruck.

Viele der nachfolgenden Songs stehen angesichts des gelungenen Openers in dessen Schatten. "Learning to Live Under the Ground" fängt brachial an und macht dann einen Rückzieher, während Cristiano Roversi aus seinem Keyboard Sound-Flächen herbeizaubert, die bei Palleschis apokalyptischen Erzählungen einfach nur einlullen.

"Round Midnight" ist die gültige Talentprobe einer Band, die uns hoffentlich noch mit ausgefeilteren und vielfältigeren Songs ihr wahres Potential offenbaren wird - solchen wie "Wounded" und "Lucifero" auf dem vorliegenden Album.

 

David Meixner

Moongarden - Round Midnight

ØØ 1/2


Galileo Records (I/7. 6. 2004)

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