Platten_Megadeth - The System Has Failed

Going solo

Der Bandleader, Songwriter, Sänger und Gitarrist einer der intelligentesten Metal-Bands der Welt faßt sich ein Herz und liefert den trauernden Fans im Alleingang neues Material.    16.09.2004

Rotschopf Dave Mustaine kehrt aus dem selbstauferlegten Ruhestand zurück, kramt aus einem Repertoire von (so steht es geschrieben) etwa 150 archivierten Überbleibseln die passenden hervor, schart mangels Entgegenkommen der restlichen drei Viertel des legendären 90er-Line-ups einfach zwei Session-Musiker um sich und verwirklicht seine Song-Ideen. Als Draufgabe holt er sich noch einen Mitstreiter aus den Anfangszeiten, um Gitarrensoli einzuspielen - und fertig ist "The System Has Failed", das zehnte amtliche Studioalbum von Megadeth.

Die Richtung, die Mustaine dabei einschlägt, wird bereits in der ersten Spielminute klar. In "Blackmail the Universe" greift er auf altbekannte Trademarks zurück und spielt in die Musik gesprochene "Nachrichten-Headlines" über fiktive politische Ereignisse ein. Das durfte schon in den 80ern nicht fehlen. Der zweite Track und die gleichzeitig erste Single-Auskopplung "Die Dead Enough" ist ein Ohrwurm erster Güte, der aus der erfolgreichen "Countdown to Extinction"-Zeit stammen könnte.

Überhaupt erinnert "The System Has Failed" - musikalisch und textlich - auffallend an die früheren Werke von Megadeth. Das gesamte aktuelle Material ist mit allem, was von "Killing Is My Business …" bis "Countdown to Extinction" produziert wurde, kompatibel; darüber täuschen auch die dezent eingesetzten Keyboard-Streicher nicht hinweg. Offenbar will man selbst den letzten Skeptiker überzeugen, daß der in den Neunzigern eingeschlagene Weg in Richtung Industrial/Alternative nicht noch einmal begangen wird. Außerdem offenbart sich die Erkenntnis, welch großen Einfluß Chris Poland auf den Megadeth-Sound der ersten Stunde hatte, denn mit seinen markanten Solo-Licks drückt er der aktuellen Platte den selben Sound-Stempel auf, der auch auf den ersten beiden Deth-Alben "Killing Is My Business …" und "Peace Sells ..." präsent ist.

Eine klare Antwort auf die Frage, ob das mit eher belanglosem 08/15-Metal bestückte Vorgängeralbum "The World Needs A Hero" ein einmaliger Ausrutscher war, gibt Mustaine mit der neuen Platte nicht. Denn "The System Has Failed" ist zwar kein kreatives Armutszeugnis, aber auch keine reguläre Studioveröffentlichung, da es ja eine Sammlung archivierter und ausrangierter Deth-Songs darstellt. Doch nach dem sukzessiven qualitativen und kommerziellen Absturz bis zum Split im Jahr 2002 durfte man durchaus Schlimmeres erwarten - und besonders Megadeth-Fans der 80er-Ära werden ihre helle Freude mit dem Comeback-Album haben. Mainstream- und Modern-Metal-Anhänger haben es bei diesem Album jedoch eher schwer. Ein wenig Eingewöhnungszeit sollte man ihm jedenfalls zugestehen, zumindest so lange, bis man sich an den eigenwilligen Gesangsstil von Dave Mustaine gewöhnt hat.

 

Michael Widholm

Megadeth - The System Has Failed

ØØØ


Sanctuary

(USA/ 13. 9. 2004)

 

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