Platten_Headbanger´s Corner: InsideOut-Special
Logical Prog-ression
Alle aus einem Stall: Arena, Umphrey´s McGee, Spock´s Beard und RPWL zeigen, in welchen Variationen Progressive-Rock heute lebt - oder es zumindest versucht.
19.02.2005
Wir befinden uns im InsideOut, einem Reservat mit vielen Tieren der Prog-Spezies. Viele bunte Vertreter tummeln sich da, etwa Enchant, Threshold oder die mächtigen Pain Of Salvation.
Diesmal hat ein weißbärtiger Herr, der mit uns in diesem Reservat auf Safari gehen wird, es auf Arena, Umphrey´s McGee, Spock´s Beard (siehe Bild links) und RPWL abgesehen. Es ist Sir David Attenborough, der uns erklären möchte, was die Besonderheiten der vier Prog-Vertreter sind.
Also - Sir Attenborough ist begeistert, denn vier neue Alben sind Anlaß für die anstehende Safari. Und siehe da, wie sich bald zeigt, wollen einige Exemplare schnurstracks in andere Richtungen ausbrechen und enge Grenzen niedertrampeln.
Können wir das zulassen? Klar können wir. Und wir sollten auf jeden Fall mit unseren Feldstechern der Staubwolke nachspähen.
David Meixner
Arena - Pepper´s Ghost
ØØØØØ
InsideOut/SPV/emv
(GB/17. 1. 2005)
Rule Britannia! Angesiedelt in 19. Jahrhundert, zwischen Jahrmärkten, Schaubuden, Scharlatanen und Wahnsinn verläßt mit "Pepper´s Ghost" wieder mal ein wahres Flaggschiff von einem Konzeptalbum die Londoner Docks. In bester britischer Familientradition treffen auf den sieben Tracks Spielfreude, technisches Können, Pomp und reichlich Atmosphäre aufeinander. Bei diesen fünf erlesenen Ingredienzien auch kein Wunder: Clive "Pendragon" Nolan (der mit den Keyboards tanzt), Rob Sowden (mit seiner starken und doch elastischen und wandlungsfähigen Stimme), John Mitchell (Gitarrenzauberer, der auf "Pepper´s Ghost" etwas härter in die Saiten greift), Ian Salmon (Basso continuo) und schließlich Mick Pointer (solider und variantenreicher Trommelwirbler).
"Smoke and Mirrors", "The Eyes Of Lara Moon", "Purgatory Road", "The Shattered Room" – das Album scheint vor tollen Tracks zu bersten. Kurzum: Wer auf Prog-Rock steht und dieses Album ausläßt, sollte bald mal wieder beichten gehen.
Links:
Umphrey´s McGee - Anchor Drops
ØØØØ 1/2
InsideOut/SPV/emv
(USA/21. 02. 2005)
Auf David Attenboroughs Stirn zeigen sich erstmals Sorgenfalten: Viel bockiger als "Pepper´s Ghost" verhält sich schon unsere zweite Spezies. Eines aber wird auch dem Sir schnell klar: Die US-Band um Joel Cummins (key, voc), Brendan Bayliss (guit, voc), Ryan Stasik (bass), Andy Farag (perc), Jake Cinninger (guit, synth, voc) und Kris Myers (dr, voc) schert sich einen feuchten Dreck darum, in welche Verlegenheit sie so manchen Rezensenten angesichts ihres genreverachtenden Stil-Mixes bringen könnten. Die Schublädchen im Kopf kommen während der 14 Tracks ganz schön ins Klappern; Assoziationen seien hier, dem Leser zuliebe, dennoch genannt: Zappa-Phish-intelligente und unterhaltsame Texte, Jazz-Funk-Country-Jam, dazu wunderbar unberechenbar und technisch teuflisch gut. Ähem.
Ihr Prog-Rock-Puristen - schnäuzt euch die gerümpften Nasen und leiht "Anchor Drops" mal eure Ohren. Und bevor man hier einzelne Tracks als Köder aufzählt, sei dringend empfohlen, sich heldenhaft in dieses Album zu schmeißen. Wie damals zum ersten Mal vom Fünf-Meter-Brett.
"Wer wagt gewinnt!" frohlockt der etwas verwirrte, aber glückliche Rezensent.
"Hat das Darwin gesagt?" fragt ein erstaunter Sir David Attenborough.
Links:
Spock´s Beard - Octane
ØØ 1/2
InsideOut/SPV/emv
(USA/31. 01. 2005)
Nach dem Abgang von Neal Morse hatten die vier verbleibenden Maestri nicht lange herumgefackelt, sondern mit "Feel Euphoria" schmerzlichen Trennungsgefühlen eine deutliche Absage erteilt.
Der Drummer Nick D´Virgilio rückte ans Mikro und los ging es: Flotter, direkter und weniger missionarisch als noch mit altem Frontmann. Keyboarder Ryo Okumoto bewies auf einem eigenen Album eindrucksvoll seine Tasten- und Songwritingkunst.
Als Band verlagert sich der musikalische Schwerkpunkt von Spock´s Beard aber offensichtlich weg vom Prog- hin zum Hardrock, mit eingestreuten, kuschelweichen Singer/Songwriter-Stücken.
"Octane" krankt allerdings an einem: Ein wenig zu selbstgefällig wirken die zwölf Songs, die hierfür eingespielt worden waren. Gelungenen Stücken wie "She Is Everything" fehlt oft der letzte Schliff oder innovative Ideen. Bei musikalischen Kalibern wie D´Virgilio und Co. hätte man auf mehr hoffen dürfen. Denn die momentane Marschrichtung könnte in Belanglosigkeit und Platzverweis münden.
"Zoogehege", grummelt Mr. Attenborough.
Links:
Kommentare_