Platten_Gregorian - The Dark Side

Sängerknaben einmal anders

CDs voller Coverversionen garantieren nicht gerade für guten Geschmack. Bringt man jedoch eigenen Witz (siehe JBO) oder einen speziellen Stil (siehe unten) ein, steigen die Chancen.    09.11.2004

Gregorianische Choräle: einstimmige, liturgische Gesänge ohne Halbtöne, also nur aus sieben Tönen bestehend; frühmittelalterliche Form der geistlichen Musik, benannt nach Papst Gregor I. (590-604), der die mündlich überlieferten Melodien gesammelt haben soll. 1903 wurde die heute verbindliche Fassung der Choräle von Papst Pius X. (1905-1923) in der "Editio Vaticana" festgelegt.

Nicht ganz so trocken wie diese lexikalische Definition ist das, was die Hamburger Produzenten Frank Peterson, Carsten Heusman, Jan-Eric Kohrs und Michael Soltau mit Gregorian schaffen. Bereits für die zuvor vier erschienenen Alben "Masters of Chant I - IV" nahmen sie moderne Popsongs, strichen die Halbtöne und versahen die Melodien mit gregorianischen Gesängen. Das Ergebnis waren keine reinen Gesangsalben, sondern durch die Einbeziehung von Klavier, Gitarre, Streichern und Drums eher ein Crossover von ein bißchen Frühmittelalter und viel Moderne. Damit trafen sie sowohl ins Herz der Esoteriker als auch jenes der dunklen Gesellen. Beweis: Goldregen für die Platten.

Da die bisherigen Veröffentlichungen ohnehin mystisch angehaucht waren, lag nichts näher, als fürs fünfte Gregorian-Albums düstere Originale herzunehmen. Der erste Track der "Special Rock Edition" fährt auch gleich mit einem Highlight auf: "Ave Satani" aus dem Film "Das Omen" wird gänsehautfördernd aufbereitet. Da schleicht sich die kleine Schwester bestimmt gleich aus dem Zimmer. "Hurt" von Nine Inch Nails wie auch Evanescences "My Immortal" bauen hauptsächlich auf Klavierbegleitung auf. "The Four Horsemen" von Aphrodite´s Child beginnt ganz artig mit unheimlichem Pferdegewieher und einem Mönchssolo, bis die Percussion und der restliche Chor einsetzen: Wiener Sängerknaben einmal anders. Auf "Unbeliever" folgt eines der Highlights der Rock-Edition von "The Dark Side": Der Song "More" der Sisters Of Mercy wird hier einer meisterlichen Neuinterpretation unterzogen, mit bombastischen Streichereinsätzen, Gitarren und (eigentlich eine Zumutung, aber darüber wollen wir hinwegsehen) der mitreißenden Stimme von Annette Stangenberg.

Zwar muß man auf der "Special Rock Edition" auf Rammsteins "Engel", Alanis Morissette, den Song "The End" von den Doors oder The Rasmus verzichten, dafür liefern Gregorian "Nothing Else Matters" von Metallica - damit auch diese Four Horsemen wissen, wie man den Song richtig umarrangiert.

Alles in allem eine CD für Rocker, Rollenspieler und "Herr der Ringe"-Fans, Düster-Metaller, Goths, Esoteriker und - natürlich - Metallica selbst.

Milan Knezevic

Gregorian - The Dark Side (Special Rock Edition)

ØØØ


edel/emv

(D/25. 10. 2004)

 

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