Gene Simmons - Asshole
ØØ 1/2
Simmons Records/Sanctuary/BMG Ariola
(USA/17. 5. 2004)
Ein Tausendsassa schminkt sich ab - und will demonstrieren, daß er nicht nur etwas vom Busineß versteht, sondern auch von den verschiedenen Musikstilen selbst. 24.06.2004
Gene Simmons dürfte der Öffentlichkeit ja seit den 70er Jahren bestens bekannt sein, als er sogar in der "Bravo" seine überlange Zunge herausstreckte. Das heißt, eigentlich kannte man weniger ihn persönlich als sein Alter ego "The Demon", mit dem er in der Kult-Band Kiss unzählige Erfolge feiern konnte. Nebenbei beglückte er unzählige Frauen, punktete als Busineßman und versuchte sich als Schauspieler sowie Musikproduzent samt eigener Plattenfirma. Leider verlor er dadurch, im Gegensatz zu seinem Partner und Kiss-Direktionskollegen Paul Stanley, jedoch musikalisch einiges an Kreativität und Qualität. Selbst sein Gesang wurde im Laufe der Jahrzehnte alles andere als besser.
Trotzdem präsentiert Simmons nun - mit deutlich weniger Make-up und Kunstblut - endlich sein zweites Soloalbum "Asshole". (Das erste erschien 1978, als alle vier Kiss-Mitglieder am gleichen Tag ihre ersten Solowerke veröffentlichten.) Ob er die Platte der jüngeren Generation zuliebe "Arschloch" genannt hat, kann wohl nur er selbst erklären. Zu den Photos im Booklet paßt der Titel jedenfalls nicht unbedingt, weil Simmons sich darauf schick gekleidet präsentiert und so cool wie möglich zu wirken versucht. Einmal mehr stellt er auch seine Liebe zu Frauen recht plakativ dar, indem er zahlreiche Damen in allen Stellungen um ihn herum posieren läßt. (Vielleicht deswegen das mit dem Arschloch...?)
"Asshole" startet jedenfalls mit dem Rock´n´Roll-Shuffle "Sweet & Dirty Love", der bereits 1977 von Simmons mit dem Titel "Jelly Roll" geschrieben und seither mehrmals überarbeitet wurde. Diesen Song nahm er an nur einem Tag mit Kiss-Drummer Eric Singer und Ex-Gitarrist Bruce Kulick (an der Slide-Guitar) auf. Genau diese Spontaneität ist die ertragreichste Arbeitsweise für ihn: In den Siebzigern entstanden die mit Abstand besten Kiss-Alben, als Gene & Co. dauernd auf Achse waren und nicht viel Zeit zum Nachdenken hatten. Leider bleibt der Opener, der so richtig loslegt, auch der beste Song auf dem Album.
Ganz andere Töne werden etwa mit der Prodigy-Coverversion "Firestarter" angeschlagen, auf der Dave Navarro von Jane´s Addiction den Sechssaiter in die Hand nimmt. Doch weder hat der Song markante Riffs oder schöne Melodien zu bieten, noch paßt dieses NuMetal-Zeug zum Rock´n´Roller Simmons. Den nächsten Track benannte der Küsser nach dem zum Klischee gewordenen George Bush-Zitat "Weapons of Mass Destruction". Der Heavy-Stampfer einnert an die Grunge-Sounds der frühen Neunziger, läßt aber das gewisse Etwas vermissen. Es folgt der Travelling-Wilburys-mäßige Schmachtfetzen "Waiting for the Morning Light", den Gene gemeinsam mit der noch größeren Legende Bob Dylan schrieb. Er wurde nur mit Klavier- und Baß- sowie Drum-Sounds vom Keyboard aufgenommen und plätschert trotz stimmlicher Anstrengungen ohne Höhepunkte dahin. Nina Sigh und Mark Addison von der Band Kitty Gordon verfaßten das anschließende "Beautiful", das eher wie eine Beatles-Nummer klingt und sich mit angenehmen Harmonien ganz gut im Ohr festsetzt. Erst beim rockenden Titel-Song "Asshole" (von der norwegischen Band Shirley Temple) kommen Simmons-Fans endlich wieder auf ihre Kosten.
Spätestens an diesem Punkt merkt man deutlich, daß der Mann seine Marschrichtung vom 78er-Debüt weiter ausreizt. Wie damals verbrät er jede Menge Sounds und Stilelemente, was die Platte immerhin abwechslungsreich macht und jedem Stück eine eigene Charakteristik verleiht.
Mit dem seichten, 1977 entstandenen Song "Now That You´re Gone", auf dem Genes Tochter Sophie und zwei Schulfreundinnen ein wenig mitsingen dürfen, offenbart sich neuerlich die Liebe des Metal-Gottes zu Beatles-Melodien. Das folgende, leicht funkige "Whatever Turns You On" bekam Simmons nach einem Aufruf auf seiner Homepage zugeschickt - dafür darf auch der Komponist Dave Williams samt Band mitspielen, während Genes Freundin Shannon Tweed und deren Mutter die Background-Vocals beisteuern. Nach dem relativ belanglosen und unspektakulären "Dog" wird es mit einer bisher unveröffentlichten Zappa-Nummer, die ironischerweise den Titel "Black Tongue" trägt, wieder interessant: Neben O-Ton-Zitaten sind hier auch Original-Gitarrensoli von Meister Frank eingebaut.
Die Heavy-Nummer "Carnival of Souls" (ursprünglich für die letzte Kiss-Studioscheibe "Psycho Circus" geplant), klingt psychedelisch und ziemlich nervend, zumal hier Richie Kotzen von Poison und Mr. Big die Klampfe würgt. Kontrovers wird es mit "If I Had A Gun": Ähnlich wie bei "Used to Love Her" von Guns N´Roses täuscht hier der schöne Mitsing-Refrain über den schrägen Text hinweg: "If I had a gun, I´d have me some fun, I´d shoot everyone who pisses me off today." Zum Schluß gibt´s dann noch "I Dream A Thousand Dreams", das bis auf den Rhythmus ein wenig an die Schlußnummer des ersten Simmons-Soloalbums erinnert.
Selbst wenn viele Fans die Mehrheit der Songs nicht akzeptieren werden - den Weg in deren CD-Regale wird "Asshole" schon finden. Und Gene wird mit Sicherheit wieder eine Menge Kohle scheffeln - auf die er dermaßen scharf ist, daß selbst im Logo seines Labels das Dollarzeichen abgebildet ist. Viele neue Hörer wird er mit der Platte aber kaum bekommen, denn "Asshole" stellt vor allem eines klar: Kiss hätten ohne den genialen Paul Stanley in musikalischer Hinsicht deutlich weniger Wert gehabt, trotz der Outfits und Show-Einlagen des Entertainers Simmons. Warten wir also auf Pauls Soloalbum, das schon im Herbst erscheinen soll.
Gene Simmons - Asshole
ØØ 1/2
Simmons Records/Sanctuary/BMG Ariola
(USA/17. 5. 2004)
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