Platten_Exilia/Interview

Keine Stereotypen

Harte Musik aus Italien gibt es schon lange. Der Powermetal hat Rhapsody, die Gothic-Metal-Szene Lacuna Coil und nun kommt eine Crossoverband aus dem schönen Mailand.    13.02.2005

Lange hat der Erfolg, so scheint es, nicht auf Exilia warten wollen. Durch MTV bekannt geworden, hagelte es schnell zahlreiche Angebote für Plattenverträge und die Italiener konnten das machen, was sich jeder Musiker wünscht: aussuchen, mit welchem Kontrakt sie am besten leben können. Die drei Männer mit der stimmgewaltigen Frontfrau Masha entschieden sich rasch für GUN Records und veröffentlichten die EP "Underdog" sowie das Debüt-Album "Unleashed".

 

"Das ist nun zwei, drei Jahre her", erzählt Gitarrist Elioalien bei unserem Interview, das kurz vor ihrem Auftritt in der Szene Wien stattfindet und erklärt, wieso ausgerechnet GUN den Zuschlag bekommen hat. "Die meisten Plattenfirmen wollten unseren Stil ändern und ihn in eine kommerzielle Richtung lenken. Wir haben uns dann für GUN entschieden, weil sie unseren Sound respektierten und sich nicht eingemischt haben."

 

ECORDER: Unter den abgelehnten Angeboten war ja auch eines von Sony. Jetzt seid ihr aber erst recht bei der Firma gelandet.

 

Masha: Eigentlich sind wir ja noch immer bei GUN, die über BMG vertrieben werden. Die sind noch ein richtiges Indie-Label, dort sitzen nur zehn Leute, wodurch alles viel persönlicher ist und man seine eigenen Ansprechpartner hat.

 

Elioalien: Außerdem ist GUN ein führendes deutsches Rocklabel mit Bands wie den Guano Apes.

 

ECORDER: Also hat sich für euch durch den Zusammenschluß von Sony und BMG nichts geändert? Es gibt keine Einflußnahme auf die kommende CD?

 

Masha: Nein, aber bis zur nächsten CD dauert es noch etwas. Im Moment sammeln wir Ideen für die neuen Songs, die sich von "Unleashed" unterscheiden sollen. Würden wir das gleiche Album noch einmal aufnehmen, könnten wir gleich mit der Musik aufhören. Dann hat das ganze keinen Sinn. Man muß sich weiterentwickeln. Wir werden versuchen, ein wenig zu experimentieren, aber auch härter zu werden. Momentan touren wir noch, doch gleich danach werden wir mit den Arbeiten für die neue Platte beginnen und hoffen, die Preproduction in den ersten Märztagen zu schaffen.

 

ECORDER: Das neue Material wird also härter? Wollt ihr mehr in Richtung Nu Metal gehen?

 

Masha: Bestimmt nicht. Auch unsere aktuellen Songs sind nicht Nu Metal. Wir haben keine Raps, bei uns gibt es keinen Doppelgesang wie bei Linkin Park. Und wir konzentrieren uns sehr auf die Melodie in unserer Musik. Klar werden wir auch noch mit den Guano Apes verglichen, doch das machen die Journalisten sofort, wenn sie drei Männer und eine singende Frau sehen. Wir sind ein Stück härter als die Guano Apes, nur brauchen manche Leute ihre Schubladen. Wir wollen aber keine Sterotypen erfüllen.

 

ECORDER: Bleibt ihr eigentlich noch immer ruhig, wenn man euch mit dem Guano Apes-Vergleich kommt?

 

Masha: Natürlich, es hat ja keinen Sinn, sich aufzuregen. Außerdem sind die Guano Apes eine gute Band und haben eine Million Platten verkauft. Also ist es nicht so schlecht, wenn man mit ihnen verglichen wird.

 

ECORDER: Kommt wohl auch daher, weil ihr ausgerechnet beim gleichen Label seid.

 

Masha: Das ist möglich.

 

ECORDER: Hat noch nie jemand andere Künstler aus eurer Musik herausgehört? Manchmal denkt man an Led Zeppelin, dann an Slipknot oder an Clawfinger – die auch wiederum bei GUN sind.

 

Masha: Led Zeppelin? Mit ihnen verglichen zu werden ist eine Ehre! Das sind Giganten der Geschichte! Von Slipknot bin ich großer Fan und Clawfinger kennen wir natürlich, nicht nur wegen dem gleichen Label.

 

ECORDER: Wie auch die Gunao Apes.

 

Masha: Sandra ist eine großartige Sängerin, aber wir sind komplett anders als sie. Die Zeit wird es auch allen anderen zeigen, daß es so ist.

 

Viel Zeit ihren Kritikern den Unterschied aufzuzeigen, hatten Exilia noch nicht. Seit der Veröffentlichung der Debüt-CD sind die drei Mailänder um ihre charismatische Frontfrau stets am Touren – entweder alleine oder mit Bands wie In Extremo oder Oomph! Zuletzt konnte die Dame mit den blonden Dreadlocks vor Tausenden Menschen als Support von Rammstein überzeugen.

 

"Es ist viel schöner, in kleinen Clubs vor zwei- oder vierhundert Leuten zu spielen", winkt Masha ab, wenn sie an die Tour mit Rammstein denkt. "In einer riesigen Arena, wo Tausende auf den Hauptact warten, ist das Geschehen unpersönlich. Dazu kommen die Absperrungen zwischen Bühne und Publikum. Da kommt man sich so weit weg vor. In Clubs ist es viel schöner: man kann fast jedem Gast in die Augen schauen und das macht einen Auftritt familiärer, es ist einfach wärmer und gemütlicher."

 

ECORDER: Nach eurer Tour kommt die Arbeit an der CD. Wie entsteht die Musik?

 

Masha: Manches schreibe ich auf der Gitarre, dann treffen wir uns und bauen auf dem Material auf. Oder die Jungs jammen und es kommt dabei etwas Gutes heraus. Im Endeffekt ist die Musik das Resultat eines jeden von uns.

 

ECORDER: Und die Lyrics?

 

Masha: Ich gestehe! Die gehen ganz allein auf meine Kappe.

 

ECORDER: So schlecht sind sie ja auch nicht! Was inspiriert Dich?

 

Masha: Das übliche. Die Umgebung, Gedanken, persönliche Erlebnisse. Wenn Du auf der Bühne bist, dann kannst Du nur Deine eigene Erfahrung glaubhaft herüberbringen. Wenn ich in einem Song schreie, dann kommt das nur dann authentisch rüber, wenn ich voll und ganz hinter dem stehe, was ich da singe!

 

ECORDER: Okay, kommen wir zum Schluß. Auf eurer Website habe ich unter den Links eine Vielzahl von solchen gefunden, die zu Tierschutzseiten führen.

 

Masha: Es ist ein Graus, wie Tiere heute behandelt werden. Und wieso? Die Kosmetik-Industrie etwa macht es, damit irgendwelche Frauen eine neue Creme oder Lippenstift bekommen. Dann werden Hunden die Stimmbänder durchschnitten, damit sie nicht mehr heulen können. Mittlerweile gibt es drei Vegetarier in unserer Band – das hat alles mit mir angefangen.

Aber es geht nicht nur um die Tiere, genauso um Kinder. Wir sind gegen alle Ungerechtigkeiten gegenüber jenen Lebewesen, die sich selbst nicht schützen können!

 

Ob die Liebe zu den Tieren in die Texte des neuen Albums einfließen wird, kann man also nicht ausschließen. Bis dahin bereisen Exilia die Clubs und stellen ihre Musik live vor. Stets mit dabei ist ihr Hund, ein kleiner Yorkshire-Terrier, auf den sie besonders acht geben müssen. Damit niemand das winzige Ding übersieht.

Milan Knezevic

Exilia


aktuelles Album: "Unleashed" (G.U.N. Records/BMG)

 

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