Platten_Annett Louisan - Bohème

Aus dem Tagebuch

Fast alle Lieder beginnen mit einem Artikel. Das ist aber nicht das einzig Bemerkenswerte an dieser CD. Ein paar weitere Überraschungen bietet das Debüt auch noch.    19.12.2004

Jo mei, wie liab! Das kleine Dingelchen schaut aus wie die Baby Spice, nur mit weniger Babyspeck. Allerdings: Baby Spice macht heute einen auf laszive Sexbombe, Annett Louisan voll auf unschuldiges blondes Mädchen (mit einem Hauch Erotik). So etwas verkauft sich aber auch verdammt gut, wozu natürlich auch ihre blauen Kulleräuglein im Video zu "Das Spiel", das in Dauerrotation einige Musikkanäle belegt, ordentlich beitragen.

Seine Momente hat Annett Louisans Debüt "Bohème" sehr wohl. Die Songs gehen in ihrer großmütigen Offenheit herrlich unspektakulär unter die Haut, die spärliche Instrumentierung ist unaufdringlich und läßt Annetts kindlicher Stimme stets den Platz in der ersten Reihe. Irgendwann gewöhnt man sich an ihr Organ, denn die in ihm mitschwingende Naivität gibt den Stücken die notwendige Ehrlichkeit, damit sie überhaupt funktionieren. Leichtfüßig tänzelt die Sängerin zwischen leicht jazzigen Chansons und kuschelweichem Pop.

Ihre Lieder hat sie natürlich nicht selbst geschrieben - das wäre auch zu schön, um wahr zu sein. Aber mit Frank Ramond fand sie den idealen Co-Texter, der für einige verdammt gute Reime zuständig ist. In "Die Katze" etwa heißt es "Sie spielt mit der Beute, zieht nie mit der Meute, sie kuscht nicht, sie zählt deine Mäuse, sie mordet sie leise und gründlich." Da steckt die Rhythmik schon allein in der Lyrik! Sowas hat man in deutscher Sprache in letzter Zeit nur selten gehört - und bei den germanischen Pseudo-Rappern noch seltener.

Annett Louisan jedenfalls spannt mit ihrem Debüt den Bogen zwischen dem klassischen, emotionalen Soul und der heutigen Weltmusik. Nicht schlecht.

Milan Knezevic

Annett Louisan - Bohème

ØØØ 1/2


105 Music/Sony

(D/25. 10. 2004)

 

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